# taz.de -- Gefechtsübungszentrum bei Magdeburg: Schnöggersburg unter Beschuss | |
> Die Bundeswehr baut die „Kampfstadt“ Schnöggersburg, um den Häuserkampf | |
> zu trainieren. Die Linkspartei glaubt, dort werde der „Einsatz im Inland“ | |
> geübt. | |
Bild: Klopf klopf: Die Bundeswehr übt den Häuserkampf. | |
BERLIN taz | Einzigartig soll Schnöggersburg werden. Wenn die Stadt in | |
Sachsen-Anhalt 2016 fertig ist, wird sie nicht nur über Hochhäuser, | |
Einfamilienhäuser und eine Armensiedlung verfügen. Es werden sogar ein | |
Bahnhof und ein Flughafen errichtet, zu denen eine neue Autobahn führt. | |
Auch ein Flussbett wird ausgehoben – man will auf alles vorbereitet sein, | |
wenn die Angreifer kommen. | |
Wohnen wird in Schnöggersburg aber niemand. Denn die „Kampfstadt“ liegt im | |
Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in der Colbitz-Letzlinger Heide und wird eigens | |
für militärische Trainings errichtet. 25.000 Soldatinnen und Soldaten | |
sollen dort ab 2016 den Häuserkampf proben. Jetzt, im September 2012, | |
beginnt die Bundeswehr mit dem Bau. 100 Millionen Euro kostet das Projekt. | |
Die Bundeswehr, argwöhnt die Linkspartei, übe in Schnöggersburg schon für | |
„den Einsatz im Inland“; schließlich entspreche ein Ort wie dieser „kein… | |
der bisherigen Einsatzgebiete“, meint die Abgeordnete Inge Höger. Die | |
abrüstungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion hat deshalb eine | |
Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. | |
In der Antwort, die der taz vorliegt, verweist Thomas Kossendey, | |
Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, auf die | |
Aufgaben der Bundeswehr. Zu denen zähle neben der Landesverteidigung auch | |
der Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Daraus leite sich „die | |
Notwendigkeit eines breiten Fähigkeitsspektrums mit Durchsetzungsfähigkeit | |
im gesamten Aufgaben- und Intensitätsspektrum ab. Dies schließt auch den | |
Kampf in urbanen Räumen ein.“ | |
Die Heide nördlich von Magdeburg steht schon seit den Dreißigerjahren unter | |
Beschuss. Bis 1945 diente das Areal als Schießplatz, danach ballerte dort | |
die Sowjetarmee. Nach 1990 formierte sich Protest gegen die militärische | |
Nutzung, schließlich bezieht die Landeshauptstadt ihr Grundwasser von dort. | |
## Protestcamp geplant | |
Im Jahr 1997 wurde der „Heidekompromiss“ geschlossen: die südliche Hälfte | |
sollte zivil genutzt werden. 2004 wurde die Vereinbarung von der neuen | |
schwarz-gelben Landesregierung gebrochen, das Gebiet wird seither komplett | |
für Kriegsübungen genutzt. Bundeswehr- und KFOR-Soldaten absolvieren dort | |
Trainings, bevor sie zu Auslandseinsätzen geschickt werden. | |
Allein im letzten Jahr nahmen 12.750 Männer und Frauen an Übungen teil. Nun | |
soll zur dort bereits existierenden Stadtkulisse „Schnöggersburg“ | |
hinzukommen. In seiner Antwort an die Linkspartei räumt der Staatssekretär | |
ein, dass ab 2016 eine „übungsverlaufsabhängige Verlagerung der | |
Luftraumnutzung“ erwartet wird. Die Planungen sehen zusätzlich zu den | |
Panzern und Hubschraubern Landungen und Starts von | |
Transall-Transportmaschinen vor, später auch des Airbus 400. | |
Für nächste Woche ruft das Aktionsbündnis [1][warstartsherecamp.org] zu | |
einem Protestcamp auf. Am 15. September will man das GÜZ Altmark „entern, | |
lahmlegen, umgestalten“. Doch noch fehlt es an einem Platz für das Camp. | |
Die Stadt Gardelegen, zu der Letzlingen gehört, hat den Organisatoren | |
Plätze in einem zwanzig Kilometer entfernten Industriegebiet angeboten. | |
Für kommenden Montag haben die Anmelder deshalb eine Dauermahnwache auf dem | |
Gardelegener Marktplatz angekündigt. Damit wolle man, so die Sprecherin zur | |
taz, „den politischen Druck auf die städtischen Entscheidungsträger | |
erhöhen, uns endlich einen akzeptablen Campplatz in Letzlingen zu | |
genehmigen“. | |
6 Sep 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://warstartsherecamp.org | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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Antimilitarismus | |
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