# taz.de -- Einschränkungen für externe Entwickler: Twitter macht die Schotte… | |
> Bisher war Twitter vor allem ein Netzknotenpunkt, der seine Nutzer mit | |
> anderen Diensten verband. Das soll sich jetzt ändern – im Interesse der | |
> Werbekunden. | |
Bild: Facebook, Google, Twitter: Alle wollen an die Werbekunden. | |
Twitter ist mehr als nur ein Kurznachrichtendienst. Die Plattform fungiert | |
derzeit als unabhängiger Mittler zwischen konkurrierenden Welten wie Google | |
und Facebook. | |
Der Dienst wurde in den letzten Jahren als ultimative Mitteilungs-Plattform | |
ausgebaut: Hier kann der Nutzer nicht nur veröffentlichen, was einem gerade | |
in den Sinn kommt – viele andere Dienste wie zum Beispiel Foursquare oder | |
Instagram bieten die Möglichkeit, Bilder oder Geodaten direkt an den | |
Twitter-Account zu senden. Erweiterungen finden heraus, wer im gleichen Zug | |
sitzt oder schicken die Tweets gleichzeitig an andere Dienste wie Facebook. | |
Möglich macht es die Programmierschnittstelle (API), die Twitter seit | |
Beginn pflegt. Der Nutzer kann Fremdentwicklern Zugriff auf seine Daten | |
geben, um damit Funktionen nachzurüsten, die Twitter selbst nicht | |
bereitstellt. So hat sich in den letzten sechs Jahren ein ganzes [1][Biotop | |
an Diensten] und Programmen gebildet, die auf Twitter zugreifen – von | |
alternativen Twitter-Programmen für jede Computer- und Handyplattform bis | |
hin zu Backup-Diensten, die es dem Nutzer ermöglichen jeden Tweet der | |
vergangenen Jahre herunterzuladen. Bewertungsdienste wie [2][Klout] messen | |
genau, mit wie vielen Menschen man auf Twitter verbunden ist und wie oft | |
man zitiert wird. | |
Doch die Fremdentwickler müssen sich auf Einschränkungen gefasst machen. | |
Ende letzter Woche [3][kündigte Twitter] erhebliche Einschränkungen an. So | |
können Entwickler nur noch über einen speziellen | |
Authentifizierungsmechanismus Zugriff bekommen – selbst öffentliche | |
Informationen können nur noch registrierte Entwickler auslesen. | |
## 60 API-Zugriffe pro Stunde | |
Dazu wird die Anzahl der Datenabfragen empfindlich eingeschränkt: Von 350 | |
API-Zugriffen pro Stunde auf nur noch 60. Für viele Entwickler ist das ein | |
Schlag vor den Kopf. Kann ein Twitter-Client bestenfalls einmal pro Minute | |
überprüfen, ob bestimmte Nachrichten für den Nutzer bereitstehen, geht das | |
Gefühl der Echtzeit-Kommunikation verloren. | |
„Wir haben die Entwickler vor mittlerweile fast 18 Monaten darauf | |
hingewiesen, dass sie keine Anwendungen erstellen sollen, die die | |
Funktionen des normalen Twitter-Clients nachbilden sollen“, schreibt | |
Twitter-Manager Michael Sippey im Unternehmensblog. | |
Wer den Ruf nicht gehört hat, muss ab 2013 eben draußen bleiben oder auf | |
andere Weise eine Einigung mit dem Unternehmen erreichen. Die Motivation | |
scheint klar: Twitter will mit Werbung Geld verdienen. Rufen die Nutzer | |
ihre Nachrichten aber mit Fremd-Programmen ab, kann Twitter seinen | |
Werbekunden nicht garantieren, dass ihre Botschaften tatsächlich beim | |
Nutzer ankommen. | |
Anderen Diensten gibt Twitter keine Bedenkzeit. Der | |
Micro-Blogging-Plattform Tumblr drehte Twitter schon am Mittwoch den | |
Datenhahn ab. Bisher konnten Neu-Mitglieder bei der Anmeldung automatisch | |
abgleichen, welche ihrer Twitter-Bekanntschaften ebenfalls auf Tumblr | |
eingeloggt sind. Doch diesen Zugriff auf das Twitter-Adressbuch hat Twitter | |
nun kurzerhand abgestellt. „Besonders weil wir die Plattform in der | |
Vergangenheit nach Kräften unterstützt haben, finden wir dieses Vorgehen | |
empörend“, erklärt ein Unternehmenssprecher [4][gegenüber Techcrunch]. | |
## Tumblr als Konkurrent | |
Doch statt einer Quelle für Hunderten Millionen von Tweets sah Twitter in | |
Tumblr wohl vor allem einen Konkurrenten, dessen Nutzern man keinen | |
Gefallen tun will. Statt als Plattformbetreiber, der seinen Nutzern | |
bestimmte Funktionen wie den maschinenlesbaren Adressbuchzugang | |
bereitstellt, geriert sich Twitter nun als Marktteilnehmer, der seine | |
eigenen Nutzer und ihre Verbindungen als Betriebskapital einsetzt. | |
Bereits im vergangenen Monat hat Twitter den Adressbuchzugang für die von | |
Facebook aufgekaufte Bilderbörse Instagram gekappt. Twitter selbst will zur | |
ultimativen Bilderbörse werden, und nicht nur Nutzer zu anderen Diensten | |
schicken. Neue Multimedia-Funktionen ermöglichten dem Unternehmen auch | |
einen lukrativen Deal zur Vermarktung der Olympischen Spiele in London. | |
Eine weitere Einnahmequelle für Twitter sind Analysedienste, mit denen | |
Unternehmen genau die Popularität ihrer Marken und Werbekampagnen verfolgen | |
können sollen. | |
Taten sich datenschutzfreundlichere Twitter-Konkurrenten wie [5][Identi.ca] | |
in der Vergangenheit schwer, gegen die übermächtige Plattform Land zu | |
gewinnen, so könnte nun ein Exodus der Entwickler anderen Plattformen zu | |
Gute kommen. So konnte die neue Plattform [6][App.Net aus dem Stand 800000 | |
Dollar] einsammeln, um einen neuen Dienst zu starten, der nicht die | |
gleichen Fehler machen will wie Twitter oder Facebook. Statt mit Werbung | |
will sich App.Net gleich von Beginn an aus Mitgliedsbeiträgen finanzieren – | |
spätere Überraschungen sollen damit vermieden werden. | |
24 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Twitter_services_and_applications | |
[2] /Online-Tool-Klout/!92345/ | |
[3] https://dev.twitter.com/blog/changes-coming-to-twitter-api | |
[4] http://techcrunch.com/2012/08/22/twitter-tumblr/ | |
[5] http://www.identi.ca/ | |
[6] /Appnet-sammelt-800000-Dollar/!99604/ | |
## AUTOREN | |
Torsten Kleinz | |
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