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# taz.de -- Bundesregierung riskiert Handelskrieg: Sonnenbrand im Ministernacken
> Beim Staatsbesuch will Peter Altmaier Chinas Solarsubventionen
> anprangern. Europas Unternehmen werfen dem Land Dumping vor – mit
> schwachen Argumenten.
Bild: Im Osten geht die Sonne auf: Bauarbeiten an einem Photovoltaikkraftwek in…
BERLIN taz | Kaum 100 Tage im Amt, hat Bundesumweltminister Peter Altmaier
(CDU) bei der Energiewende schon zu Hause kein leichtes Spiel – und in
China erst recht nicht. Bei seiner ersten Teilnahme an den
deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen im Tross von Bundeskanzlerin
Angela Merkel am Donnerstag in Peking sitzt ihm nun eine neue Lobby im
Nacken: die der europäischen Solarindustrie.
Noch rechtzeitig vor Altmaiers China-Besuch haben Ende Juli 20 europäische
Solarhersteller unter Federführung von Deutschlands größtem Hersteller
Solarword die Initiative „EU ProSun“ gegründet. Diese Initiative hat sich
zur Aufgabe gemacht, gegen angebliches chinesisches Preisdumping bei
Photovoltaikprodukten vorzugehen.
„Europa hat eine starke Solarindustrie (…), sie wird aber im eigenen Markt
geschlagen durch illegales Preisdumping Chinas“, beklagt Milan Nitzschke,
Vorsitzender von EU ProSun. Die Preise für Solarstrommodule aus China lägen
inzwischen weit unter den Herstellungskosten. Umweltminister Altmaier
versprach, dass er die bei der EU-Kommission eingereichte Dumping-Klage
„konkret ansprechen“ werde.
Auch er kritisiert, chinesische Firmen hätten „praktisch unbegrenzt Zugang
zu günstigem Kapital“ und damit einen unfairen Wettbewerbsvorteil. Doch
argumentativ dürfte es für Altmaier nicht leicht werden. Denn so eindeutig
ist das angebliche Dumping der Chinesen nicht. Der angeblich unbegrenzte
Zugang zu günstigem Kapital konnte bis heute nicht nachgewiesen werden und
ist lokal wohl auch sehr unterschiedlich.
## Weltweit fallende Preise
Zudem gehen angesichts der weltweit fallenden Preise auch viele chinesische
Firmen derzeit pleite. Das wiederum hängt mit der deutschen Solarförderung
zusammen. Deutschland war jahrelang weltweit der wichtigste Markt für die
Solarindustrie – wegen der staatlichen Förderung. Die wurde nun massiv
gekürzt.
Damit bricht nun allen Solarherstellern der bislang wichtigste Markt weg.
Kein anderes Land ist bislang in Deutschlands Fußstapfen getreten. Auch in
China macht Solarstrom bislang nur einen sehr geringen Anteil des
Strommixes aus. Genau um den Aufbau einer eigenen Stromgewinnung aus
Solarenergie bemüht sich die chinesische Regierung derzeit aber und
investiert Milliarden in neue Anlagen.
Wegen der Überkapazitäten bei den heimischen Herstellern dürften
chinesische Firmen den Vorzug bei der Auftragsvergabe erhalten. Dieses
Recht steht jedoch jeder Regierung zu. China weist denn auch die Vorwürfe
zurück und warnt, Schutzzölle für europäische Firmen könnten zu einem
Handelskrieg führen.
## „Kontraproduktive“ Strafzölle
Aber auch in Deutschland stehen Hersteller einer EU-Klage skeptisch
gegenüber. „Wir sind für einen offenen und auf Wachstum ausgerichteten
Welthandel, in dem sich die besten Produkte und Lösungen durchsetzen
sollen“, kritisiert Bosch-Solar-Chef Holger von Hebel.
Strafzölle seien mit Blick auf dieses Ziel „kontraproduktiv“. „Einen
solaren Handelskrieg mit China anzuzetteln lenkt von hausgemachten
Problemen ab und mobilisiert protektionistische Vorurteile“, kritisiert der
Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer und verweist darauf, dass
europäische Firmen auch dann mitverdienen, wenn die Solarpanels aus China
geliefert werden. Er beruft sich auf eine Studie des europäischen
Solarverbands EPIA, der zufolge der europäische Anteil der Wertschöpfung
bei der Installation von Solaranlagen bei über 70 Prozent liegt.
29 Aug 2012
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
China
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