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# taz.de -- Halbnackt im Ferrari durch Peking: Spitzenkader degradiert
> Ein Unfall mit einem Luxusauto führt zur Degradierung eines hohen
> Politikers. Gefahren ist sein Sohn. Der Versuch, den Vorfall zu
> vertuschen, misslang.
Bild: Ling Jihua (vorne), dessen Sohn verunglückt ist.
BERLIN taz | Chinas mächtige KP wird kurz vor ihrem Parteitag im Herbst
erneut von einem Skandal erschüttert: Am Montag berichtete die im autonomen
Hongkong erscheinende South China Morning Post, dass die am Wochenende
bekannt gegebene Degradierung des Spitzenkaders Ling Jihua auf den
tödlichen Unfall seines Sohnes mit einem schwarzen Ferrari zurückgeht.
Laut Post war der Kadersohn Ling Gu am 18. März in Peking mit dem
Hunderttausende Euro teuren Wagen mit überhöhter Geschwindigkeit auf der
vierten Ringstraße gegen eine Brücke gekracht. Das Blatt beruft sich dabei
auf ungenannte Partei- und Medienkreise.
Aus dem Wrack des Zweisitzers, von dem am nächsten Tag die Abendzeitung ein
Foto zeigte, barg die Polizei laut dem Bericht eine halb nackte männliche
Leiche sowie zwei schwer verletzte Studentinnen, von denen eine nackt und
die andere halb bekleidet war. Sie wurden in ein Militärkrankenhaus
gebracht, das normalerweise hohen Kadern dient.
Kurz darauf wurden alle Medien und Mikroblogs zensiert, die den Unfall
thematisierten. Das Foto verschwand ebenso, wie auch das Wort „Ferrari“
nicht mehr genannt werden durfte, was damals selbst das KP-Blatt Global
Times erzürnte.
## Vertuschungsversuche
Zu dem Unfall war es nur wenige Tage nach der heiklen Entmachtung des
ehrgeizigen Politikers Bo Xilai gekommen. Bo war beim jährlichen
Volkskongress geschasst worden, nachdem zuvor sein Stellvertreter in ein
US-Konsulat geflohen war und – wie später bekannt wurde – wohl die
Ermordung eines Briten durch Bos Ehefrau ausgeplaudert hatte. Sie wurde im
August zu einer suspendierten Todesstrafe verurteilt. Bos Schicksal ist
offen.
Wer in den letzten fünf Monaten über den Ferrari-Unfall recherchieren
wollte, stieß auf Schweigen. Laut der Post soll der Name des Fahrers auf
dem Totenschein mit Jia angegeben worden sein.
Das nährte Spekulationen, der Sohn des Politikers Jia Qinglin, ein
Vertrauter des früheren Partei- und Staatschefs Jiang Zemin, könnte der
Raser gewesen sein. Jia beschwerte sich deshalb bei Jiang, der noch
Einfluss in der Partei hat.
## Munition im Machtkampf
Jiang gab jetzt wohl die Identität des Fahrers preis und schadete damit
dessen Vater Ling Jihua. Der ist ein enger Vertrauter des bald aus dem Amt
scheidenden Partei- und Staatschefs Hu Jintao.
Ling leitete bisher das Generalbüro der KP und koordinierte damit die
Spitzenkader. Er galt als Kandidat für das Politbüro. Daraus wird jetzt
nichts mehr.
Und auch Hu wird durch Lings Degradierung weniger Einfluss behalten, als er
erhofft haben dürfte. Ling wurde durch einen Vertrauten Xi Jinpings
ersetzt, des künftigen Parteichefs.
Weiterhin gibt es keine offizielle Erklärung zum Unfall wie zu Lings
Degradierung. Auch bleibt offen, wie der noch junge Sohn eines
Spitzenkaders, der offiziell um die eintausend Euro verdient, so ein teures
Auto fahren konnte.
4 Sep 2012
## AUTOREN
Sven Hansen
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