| # taz.de -- Mordserie der NSU: Der brave Soldat Mundlos | |
| > Uwe Mundlos, Mitglied der NSU, fiel in seiner Zeit bei der Bundeswehr | |
| > mehrfach als Neonazi auf. Befördert wurde er trotzdem. | |
| Bild: Uwe Mundlos 1996 in Erfurt. | |
| BERLIN/HAMBURG taz | Knapp ein halbes Jahr war Uwe Mundlos bei der | |
| Bundeswehr, als die Polizei ihn festnahm. Mit zwei Freunden war er am 13. | |
| August 1994 in Chemnitz einer Polizeistreife aufgefallen. Die Beamten | |
| fanden bei ihm unter anderem vier Visitenkarten, auf denen Adolf Hitler | |
| abgebildet war. | |
| Auch ein Bild von Rudolf Heß hatte Mundlos dabei, somit bestand der | |
| „Verdacht einer Straftat im Zusammenhang mit dem Todestag von Rudolph Heß“. | |
| Bis zum 15. August war Mundlos in Gewahrsam. Bei einer Durchsuchung der | |
| elterlichen Wohnung in Jena stellte die Polizei „Flugblätter der NPD sowie | |
| 15 Musikkassetten mit rechtsextremem Gedankengut“ sicher. Das geht aus | |
| Ermittlungsunterlagen hervor, die der taz vorliegen. | |
| Dass der spätere NSU-Terrorist Uwe Mundlos während seiner Wehrdienstzeit | |
| rechtsextrem aufgefallen ist, war bislang nicht bekannt. Und dass die | |
| Bundesregierung erst jetzt zugab, dass deshalb der Militärische | |
| Abschirmdienst (MAD) Kontakt mit ihm hatte, sorgt seit Dienstag für | |
| Empörung. | |
| Die Bundeswehr, bei der Mundlos damals diente, erfuhr von dessen Festnahme. | |
| Wenige Tage später wurde er von der 1. in die 6. Kompanie des | |
| Panzerbataillons 381 im thüringischen Bad Frankenhausen versetzt, wo er | |
| fortan als „Geschäftszimmersoldat“ Dienst schob. Ob die Versetzung im | |
| Zusammenhang mit seiner rechtsextremen Auffälligkeit steht, ist unklar. | |
| ## Dienst zur vollen Zufriedenheit | |
| Der neue Kompaniechef jedenfalls beantragte im September sieben Tage | |
| Disziplinararrest für Mundlos. Die Einleitung eines | |
| disziplinargerichtlichen Verfahrens hielt er aber nicht für notwendig. Denn | |
| „Mundlos erfüllt seinen Dienst bisher zur vollen Zufriedenheit und fiel | |
| bisher nicht negativ auf“. Er würde sich im „dienstlichen Bereich mit | |
| seiner Einstellung zurückhalten“ und sei „ein Einzelgänger“, der „nic… | |
| der Lage“ sei, „andere mitzureißen“. | |
| Beim „Abschlussgehör“ war Mundlos dann allerdings sehr szenetypisch. In der | |
| Niederschrift vom 12. September 1994 heißt es: „Soldat erklärt, er will | |
| nicht aussagen“. „Ich will – nicht –aussagen“, unterschrieb Mundlos. … | |
| September wird der Panzergrenadier Mundlos zum Gefreiten befördert. Am 31. | |
| März 1995 endet seine Wehrdienstzeit. | |
| Drei Wochen vorher hatte er vom Bundeswehr-Geheimdienst Besuch bekommen. | |
| Anlass der MAD-Befragung war, dass Uwe Mundlos mit fünf weiteren Soldaten | |
| rechtsradikale Musik gehört hatte. Das Protokoll der Vernehmung, das jetzt | |
| wieder aufgetaucht ist, liegt der taz vor. Er sei „politisch unmotiviert“ | |
| und lehne körperliche Gewalt ab, behauptete Mundlos. Er wurde auch gefragt, | |
| „ob er sich vorstellen könne, ihm bekannt gewordene Termine für Anschläge | |
| auf Asylantenheime der Polizei oder den Verfassungsschutzbehörden zu | |
| melden“, so das Protokoll. Mundlos verneinte dies. | |
| ## Mundlos vergessen | |
| Der MAD verschickte im Juni 1995 ein Schreiben zu diesem Fall an die | |
| Verfassungsschutzämter in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie das | |
| Bundesamt. Selbst vergaß die Behörde Mundlos offenbar. Im September 2002 | |
| informierte der MAD das Thüringer Landeskriminalamt, dass dem Dienst keine | |
| Erkenntnisse zu Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe vorlägen. Das | |
| Verteidigungsministerium kann heute nicht sagen, ob die Akte zu diesem | |
| Zeitpunkt schon vernichtet worden ist. | |
| Heute betont das Verteidigungsministerium, dem der MAD untersteht, dass | |
| nicht versucht worden sei, Mundlos als Informant „anzuwerben“. Allein schon | |
| wegen der „geringen Restdienstzeit“ sei das „zu keiner Zeit beabsichtigt�… | |
| gewesen. | |
| Wenn das stimmt, wollte der MAD aber vielleicht schon mal vorfühlen, ob | |
| Mundlos als Quelle für einen anderen Dienst in Frage gekommen wäre. Der MAD | |
| versuchte auch in den Folgejahren mehrfach, rechtsextreme Wehrpflichtige | |
| auszufragen oder für die Mitarbeit zu gewinnen. Bei Tibor R. etwa hatten | |
| sie Erfolg. Es fanden Treffen statt – mit dem MAD sowie Mitarbeitern des | |
| Thüringer Verfassungsschutzes. Bei einem der Treffen, am 25. März 2001, gab | |
| Tibor R. an, „die drei ’Bombenbauer‘ persönlich“ zu kennen. | |
| 12 Sep 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| S. Erb | |
| A. Speit | |
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