# taz.de -- Berliner Verwaltung schwieg: NSU-Helfer war wohl V-Mann | |
> Ein mutmaßlicher Helfer der NSU-Terroristen soll zehn Jahre lang für das | |
> Berliner LKA tätig gewesen sein. Die Landesverwaltung soll Akten zurück | |
> gehalten haben. | |
Bild: Ein Zeuge verlässt die öffentliche Sitzung des NSU-Untersuchungsausschu… | |
BERLIN dapd | Die Liste der Ermittlungsfehler zum rechten Terror-Trio | |
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) verlängert sich beinahe täglich. | |
Das Nachrichtenportal Spiegel Online berichtete, ein mutmaßlicher | |
NSU-Helfer habe mehr als zehn Jahre lang für das Berliner Landeskriminalamt | |
(LKA) als V-Mann gearbeitet. | |
Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages warf der Berliner | |
Landesverwaltung vor, wichtige Unterlagen nicht herausgegeben zu haben. | |
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) brach eine Lanze für die | |
Geheimdienste. | |
Die NSU-Terroristen waren mehr als 13 Jahre unbehelligt von den | |
Sicherheitsbehörden durch die Bundesrepublik gezogen und sollen zehn | |
Menschen ermordet haben. Als die Zelle vor etwa zehn Monaten aufflog, | |
nahmen sich zwei Mitglieder das Leben; das dritte stellte sich. | |
Spiegel Online berichtete, Thomas S. sei von Ende 2000 bis Januar 2011 als | |
Quelle des Berliner LKA aktiv gewesen. Er solle dem NSU Ende der neunziger | |
Jahre rund ein Kilogramm Sprengstoff besorgt haben und zähle zu 13 | |
Beschuldigten, gegen die der Generalbundesanwalt im Zusammenhang mit dem | |
NSU-Terror ermittle. | |
## V-Mann soll 2002 Hinweise auf NSU gegeben haben | |
Bei mindestens fünf Treffen mit seinen V-Mann-Führern gab S. den Polizisten | |
dem Bericht zufolge auch Hinweise auf die NSU-Mitglieder, die er letztmalig | |
1998 gesehen haben will. Im Jahr 2002 wies er die Polizisten darauf hin, | |
sie sollten sich auf einen aus Sachsen stammenden Produzenten rechter Musik | |
konzentrieren, wenn sie das Trio aufspüren wollten. | |
Von der früheren V-Mann-Tätigkeit des Beschuldigten für das Berliner LKA | |
hatte die Bundesanwaltschaft dem Bericht zufolge vergangenen März erfahren. | |
Im Juli informierte die Karlsruher Behörde dann den Ermittlungsbeauftragten | |
des Bundestagsuntersuchungsausschusses. | |
Das Gremium zur Aufklärung der Ermittlungspannen im NSU-Fall erfuhr erst am | |
Donnerstag von den Vorgängen beim Berliner LKA. Der Obmann der | |
Unionsfraktion, Clemens Binninger (CDU) sagte, mit den Informationen aus | |
den Berliner Dokumenten hätte der Aufenthaltsort der Terrorgruppe womöglich | |
schon 2002 festgestellt werden können. | |
## Herrmann nennt Geheimdienstkritik absurd | |
Bayerns Innenminister Herrmann warf Ausschussmitgliedern vor, in ihrer | |
Kritik an den Geheimdiensten zu weit zu gehen. „Es ist absurd, dass | |
Bundespolitiker und Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses alle | |
Nachrichtendienste pauschal zur Disposition stellen“, sagte Herrmann der | |
Zeitung Die Welt. Die Kritiker beschädigten das Ansehen der | |
Sicherheitsbehörden. „Diese selbstzerstörerische Diskussion muss aufhören�… | |
forderte er. | |
Am Dienstag war im NSU-Untersuchungsausschuss bekannt geworden, dass der | |
Militärische Abschirmdienst (MAD) versucht haben soll, den späteren | |
NSU-Terroristen Uwe Mundlos 1995 während dessen Zeit als | |
Wehrdienstleistender als Informanten zu werben. Herrmann sagte, er verstehe | |
den Ärger der Ausschussmitglieder darüber, dass das | |
Verteidigungsministerium die Unterlagen nicht an sie weitergeleitet habe. | |
„Das ist aber die Sache der Politik, nicht der Sicherheitsbehörden“, sagte | |
er. | |
Die Forderung nach Abschaffung des MAD wies Herrmann zurück. „Falls es | |
einzelne Fehler beim MAD oder Verteidigungsministerium gegeben hat, müssen | |
sie aufgeklärt werden“, sagte er. „Es gibt aber keinen Grund dafür, unsere | |
Sicherheitsbehörden kaputt zu hauen.“ Der MAD leiste gute Arbeit und müsse | |
gestärkt werden. | |
## Böhmer fordert Aufklärung | |
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Maria | |
Böhmer (CDU), beklagt die immer neuen Informationspannen. „Die Angehörigen | |
der Opfer und die Betroffenen erwarten zu Recht vollständige Aufklärung, | |
Offenheit und Transparenz“, sagte Böhmer der Passauer Neuen Presse. Die | |
Arbeit des Ausschusses sei hier besonders wichtig. | |
„Die Sicherheitsbehörden müssen das Vertrauen in den Rechtsstaat | |
wiederherstellen und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen“, forderte Böhmer. „… | |
Neonazi-Mordserie muss bis ins kleinste Detail aufgeklärt werden.“ | |
14 Sep 2012 | |
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