# taz.de -- V-Mann Thomas S.: "Eine finstere Gestalt" | |
> Der Informant Thomas S. bleibt dubios: Mit dem Terrortrio eng verbandelt, | |
> gab er sich später ahnungslos. Noch als V-Mann wurde er straffällig. | |
Bild: Thomas S., 2004 in einem Gerichtsprozess. | |
Die Berliner Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid attestiert sich eine | |
reine Weste: Mit Thomas S., dem V-Mann und NSU-Bekannten, habe ihre Behörde | |
nichts zu tun gehabt. Dass der 44-Jährige von 2000 bis 2011 Informant beim | |
Berliner LKA war, „dazu hatten wir keine Erkenntnisse“. Sie selbst habe | |
erst „im September“ von S. erfahren. | |
„Stolz“ sei er, gibt sich darauf SPD-Mann Tom Schreiber erleichtert, „dass | |
unser Verfassungsschutz absolut sauber gearbeitet hat“. Für die Opposition | |
kommt das zu früh. Denn Schmid sagt auch, dass sich ihre Behörde „natürlich | |
intensiv“ mit der Polizei über Informanten abstimmt – schon um | |
„Doppelführungen“ auszuschließen. „Müssten Sie dann nicht auch etwas �… | |
die NSU-Hinweise erfahren haben?“, fragt die Grüne Clara Herrmann. „Namen | |
fallen dabei nicht“, antwortet Schmid. | |
Fünfmal lieferte Thomas S. der Polizei Hinweise auf den NSU, berichtete | |
2002 etwa von einem Mann, der Kontakt zu „drei Gesuchten“ habe. Ein | |
erstaunlich vager Tipp: war S. Ende der Neunziger doch mit dem Thüringer | |
Trio eng verbandelt, unterhielt eine Liaison mit Beate Zschäpe, lieferte | |
Sprengstoff, half beim Untertauchen. | |
Offen bleibt, warum S. überhaupt angeworben wurde. Begründung: für | |
Auskünfte aus der rechten Musikszene. Allerdings behauptete S., „seit 2001 | |
raus aus der Szene“ zu sein. Zudem war er vorbestraft wegen schweren | |
Landfriedensbruchs, Körperverletzung und Brandstiftung. Noch 2005, während | |
seiner V-Mann-Zeit, wurde er wegen Volksverhetzung in Dresden verurteilt. | |
Wie das vereinbar sei, fragt die Opposition. Schmid zuckt die Schultern: | |
Angelegenheit des LKA. In ihrer Behörde hätte man das nicht geduldet. | |
Eine „finstere Gestalt“ nennt Linken-Fraktionschef Udo Wolf Thomas S. Er | |
und andere Innenpolitiker durften am Mittwoch Einsicht in die Berliner | |
Akten zu dem V-Mann nehmen, streng vertraulich im Geheimnisraum des | |
Abgeordnetenhauses. Nach taz-Informationen lieferte S. zur rechten Szene | |
vor allem eines: Allgemeinplätze. Nichts habe er gelesen, sagt Wolf nur, | |
„was nicht schon durch die Medien bekannt war“. Schlimmer noch, S.’ | |
Hinweise auf den NSU seien „in keinster Weise weitergeleitet“ worden. „Die | |
V-Mann-Führer hatten das Trio offenbar gar nicht auf dem Schirm. Das stellt | |
das ganze System V-Mann infrage.“ | |
Henkel hält dagegen: „Diese Quellen sind und bleiben wichtig.“ Nur fehlt | |
offenbar der Überblick: Erst im März brachte Henkels Polizei ihre Quelle | |
Thomas S. mit dem NSU in Verbindung – obwohl die Bundesanwaltschaft ihn | |
bereits im Januar als Terrorhelfer nannte. | |
19 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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