# taz.de -- V-Mann-Affäre: Anschwellende Nebenschauplätze | |
> Nach Bekanntwerden von DNA-Spur des NSU-Trios nach Berlin stellt SPD | |
> Anzeige wegen Geheimnisverrats. Neue Vorwürfe an Polizei. | |
Bild: Staatsschutz-Chef Stepien (Mitte) neben dem LKA-Chef (links) und Polizeiv… | |
Koalition und Opposition verhaken sich bei der Aufklärung über den Berliner | |
V-Mann und NSU-Beschuldigten Thomas S. Der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber | |
erstattete Strafanzeige gegen unbekannt wegen Geheimnisverrats, weil | |
vertrauliche Informationen aus dem Innenausschuss drangen. | |
Das erschwere die Aufklärung der NSU-Morde, sagte Schreiber. Wer | |
Vertrauliches weitergebe, habe daran offenbar kein Interesse. Der Grüne | |
Benedikt Lux (Grüne) nannte die Anzeige „fragwürdig“. Schreiber solle | |
lieber „in der Sache aufklären“ statt Abgeordnete zu beschuldigen. | |
Bei den Informationen geht es um DNA-Spuren zur NSU, die Ermittler des | |
Bundeskriminalamts entdeckt haben sollen. Darüber wurde am vergangenen | |
Dienstag im nichtöffentlichen Teil des Ausschusses berichtet. Demnach | |
decken sich DNA-Fragmente auf einem Datenträger in der Zwickauer | |
NSU-Wohnung mit Spuren auf einer Patronenhülse, die nach einer | |
Rocker-Schießerei in Wedding gefunden wurde. Am 5. Juli hatten Unbekannte | |
auf zwei „Bandidos“ vor deren Vereinsheim in der Provinzstraße geschossen. | |
Die Täter sind flüchtig. | |
Eine Verbindung von NSU und Rockern – das wäre neu. Zwar will ein | |
Rechtsanwalt Beate Zschäpe 2011 in einem Prozess gegen Bandidos in Erfurt | |
gesehen haben, ein Zusammenhang zwischen den beiden Spuren wird aber in | |
Sicherheitskreisen als „äußerst unwahrscheinlich“ bewertet. Auch ein | |
Sprecher der Generalbundesanwaltschaft (GBA) sagte, es sei nicht davon | |
auszugehen, dass dahinter die gleiche Person stecke. Gleiches gelte für | |
eine DNA-Übereinstimmung aus dem Wohnmobil des Trios und einem | |
Autodiebstahl 2002 in Berlin. | |
Dass die Spuren kurz nach der Ausschusssitzung öffentlich wurden, erregte | |
auch in der Innenverwaltung Unmut. Vertraulichkeit funktioniere anders, | |
hieß es. Selbst Pirat Christopher Lauer kritisierte, der Vorgang | |
„konterkariert, dass Informationen weitergegeben werden“. | |
Der Vorgang dürfte auch in der Sitzung des Innenausschusses am heutigen | |
Montag behandelt werden. Da geht es noch mal um V-Mann Thomas S. und das | |
monatelange Schweigen von Innensenator Frank Henkel (CDU) über die Quelle | |
gegenüber Parlamenten. | |
Das Schweigen war der Polizei offenbar recht: Der Spiegel zitiert einen | |
Brief von Staatsschutzchef Oliver Stepien an den GBA vom 3. April, warum | |
die Polizei keine Akten zu S. versende: Dabei könne „Einsicht durch den | |
Untersuchungsausschuss nicht ausgeschlossen werden“. | |
Bisher hatten Innensenator und Polizei behauptet, den Bundestagsausschuss | |
nicht über S. informiert zu haben, weil der GBA Geheimhaltung verlangte – | |
was Karlsruhe bestreitet. Erst im Juli sei die Berliner Polizei vom | |
Ausschuss nach S. gefragt worden. Offenbar ahnte sie dessen Interesse aber | |
schon weit früher und versuchte dieses zu umgehen. | |
Polizeisprecher Stefan Redlich widerspricht: Stepien habe dem GBA in seinem | |
6-seitigen Schreiben eine „grundsätzlich offene Kommunikation“ über S. | |
zugesagt. Die Absage habe Informationen ohne NSU-Bezug gemeint: Die habe | |
man wegen des Quellenschutzes nicht weiterleiten können. | |
Die Opposition überzeugt das nicht. „Jetzt ist eindeutig, dass auch die | |
Polizei Informationen nicht weitergeben wollte“, klagt der Grüne Lux. | |
Linken-Fraktionschef Udo Wolf hat weiter Henkel im Visier: Als politisch | |
Verantwortlicher hätte er mit Karlsruhe klären müssen, wie die Parlamente | |
über Thomas S. informiert werden könnten. | |
23 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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