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# taz.de -- Kinderarzt kritisiert Beschneidung: „Sie dürfen Kinder nicht bet…
> Der Chef des Kinderärzteverbands sieht mehrere Widersprüche im
> Beschneidungsgesetz. Mängel bestünden vor allem in der Schmerzbehandlung.
Bild: Das Werkzeug des Beschneiders – Anästhesie ist nicht dabei.
taz: Herr Hartmann, der Gesetzentwurf zur Beschneidung erlaubt diese nur,
wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausgeführt wird. Was heißt
das?
Wolfram Hartmann: Das kann nur bedeuten, dass die Kinder bei diesem
Eingriff mindestens lokal betäubt werden. Wir wissen aus der
Schmerzforschung, dass Schmerzzäpfchen oder Salbe nicht annähernd
ausreichen.
Genau die wenden aber jüdische Beschneider oft an.
Da liegt auch der Widerspruch in diesem Gesetzentwurf. Lokalanästhesien
oder Narkosen dürfen nur Ärzte legen. Der Gesetzentwurf sagt aber, dass
auch andere „befähigte“ Personen die Beschneidung durchführen dürfen. Die
dürfen aber keine Spritzen und schon gar keine Narkose geben.
Im Entwurf heißt es, es gebe keine gesicherten Erkenntnisse über eventuelle
Traumatisierungen des Kindes.
Es gibt keine systematischen Studien darüber, das stimmt. Aber es gibt ja
sogar Selbsthilfegruppen von traumatisierten Beschneidungspatienten. Denen
hört nur niemand zu.
Wie hat sich Ihr Verband seine Meinung gebildet?
Wir sprechen uns schon seit Jahren gegen unnötige Eingriffe am intakten
Körper des Kindes aus: Es gibt zum Beispiel eine Stellungnahme von 2008, in
der wir Tätowierungen, Ohrlöcher, Piercings, Schönheitsoperationen und eben
auch die Beschneidung ablehnen.
Wenn das Kindeswohl gefährdet ist, darf ein Kind nicht beschnitten werden,
so der Entwurf. Was heißt das?
Das ist auch ein Widerspruch: Wenn man dem Kind Schmerz zufügt, verletzt
man das Kindeswohl. Die frische Wunde landet in einer Windel voll Urin und
Kot, oft ist eine Entzündung die Folge. In den USA sterben jährlich etwa
hundert Kinder an den Folgen der Beschneidung.
Wenn das Kind protestiert, muss das berücksichtigt werden, so der
Kabinettsvorschlag.
Das ist ein weiterer schwammiger Punkt. Macht ein Arzt sich strafbar, wenn
er die Beschneidung durchführt, obwohl das Kind weint oder schreit? Ich
würde den Gesetzentwurf so lesen.
Ihre Prognose für den Entwurf?
Er wird so nicht bleiben. SPD und Grüne denken offenbar nach. Falls der
Entwurf so in Bundestag und Bundesrat durchgeht, werden Verfassungsjuristen
klagen, und wir würden uns dem anschließen.
11 Oct 2012
## AUTOREN
Heide Oestreich
## TAGS
taz.gazete
Schwerpunkt Landtagswahlen
Micha Brumlik
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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