# taz.de -- Serben und Mazedonier in Deutschland: Friedrich will Asylgeld kürz… | |
> Bundesinnenminister Friedrich hat eine neue Idee, wie die Zahl der | |
> Asylbewerber aus Mazedonien und Serbien reduziert werden kann: weniger | |
> Kohle. Kritiker finden die Debatte hysterisch. | |
Bild: Nicht, das Deutschland noch überrannt wird ... Da ist Bundesinnenministe… | |
BERLIN dpa | Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will | |
Asylbewerber aus Serbien und Mazedonien abschrecken und dazu ihre Zahlungen | |
kürzen. Wer aus solchen sicheren Staaten komme, solle künftig weniger Geld | |
bar ausbezahlt bekommen, sagte der CSU-Politiker der Bild-Zeitung. | |
Asylverfahren sollen nach seinem Willen beschleunigt und unberechtigte | |
Bewerber zügig heimgeschickt werden, [1][die Visumfreiheit für die beiden | |
Balkanländer soll fallen]. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann | |
(CDU) schloss sich der Forderung an. Die Organisation Pro Asyl beklagte | |
Stimmungsmache. | |
Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland ist deutlich gestiegen. Laut | |
Bundesinnenministerium stellten im September 6691 Menschen Asylanträge beim | |
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die meisten - fast ein Drittel - | |
kamen aus Serbien und Mazedonien. | |
„Es ist nicht so schlimm wie in den 80er und 90er Jahren“, räumte Friedrich | |
in der Bild ein. 1995 hatte die Zahl der Asylbewerber bei knapp 167.000 | |
gelegen. Friedrich beklagte aber, der zunehmende Asylmissbrauch aus den | |
Balkanländern sei inakzeptabel und müsse unverzüglich gestoppt werden. | |
## „Mit Bargeld wieder abreisen“ | |
Asylbewerber haben laut Gesetz Anspruch auf bestimmte Leistungen für Essen, | |
Unterkunft, Kleidung oder Gesundheitsversorgung. Sie bekommen dies zum Teil | |
als Sachleistung, zum Teil in Form von Gutscheinen oder Bargeld. Die | |
Bundesregierung überarbeitet das Gesetz derzeit: [2][Das | |
Bundesverfassungsgericht hatte im Juli entschieden, dass Asylbewerber mehr | |
Geld bekommen müssen, weil die bisherige Regelung gegen das Recht auf ein | |
menschenwürdiges Existenzminimum verstoße.] | |
Friedrich kritisierte das Urteil: „Das wird dazu führen, dass die | |
Asylbewerberzahlen noch weiter steigen, denn es wird für | |
Wirtschaftsflüchtlinge noch attraktiver, zu uns zu kommen und mit Bargeld | |
wieder abzureisen.“ Die Bundesländer könnten sich dagegen aber wehren, | |
indem sie strikt Sachleistungen statt Bargeld verteilen. | |
Der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff wandte ein, für den Staat sei es | |
billiger und unbürokratischer, Asylbewerbern Geld auszuzahlen. Im | |
„Tagesspiegel am Sonntag“ plädierte er dafür, dass Asylbewerber vom ersten | |
Tag an die Erlaubnis bekommen zu arbeiten. | |
Niedersachsens Innenminister Schünemann forderte angesichts der steigenden | |
Asylbewerberzahlen ebenfalls ein Eingreifen - unter anderem durch eine | |
zügigere Bearbeitung der Verfahren. Ziel müsse es sein, die Asylsuchenden | |
nach 30 Tagen wieder in ihre Heimat zurückzuschicken, sagte er der dpa am | |
Rande des CDU-Parteitags im niedersächsischen Celle. | |
## Eine Bedrohung? „Absurd“ | |
In einigen Regionen werde die Zuwanderung inzwischen richtiggehend | |
organisiert, beklagte er. „Das ist klarer Asylmissbrauch. Ganze Dörfer | |
kommen.“ Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte dringend | |
zum Gegensteuern aufgerufen. | |
Pro Asyl kritisierte die Debatte dagegen als hysterisch. „Es wird der | |
Eindruck vermittelt, es gehe um eine riesige Bedrohung, die auf uns | |
zukommt. Das ist absurd“, sagte der Geschäftsführer der Organisation, | |
Günter Burkhardt, der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe um einige Hundert | |
Menschen. „Das ist keine horrende Zahl.“ Wenn Friedrich von massenhaftem | |
Asylmissbrauch spreche, schüre er Vorurteile. „Man spielt mit | |
ausländerfeindlichen Ressentiments.“ Das habe wohl auch mit der anstehenden | |
Bundestagswahl und den Landtagswahlen in Niedersachsen und Bayern im | |
kommenden Jahr zu tun. | |
Pro Asyl vermutet, dass unter den Asylbewerbern aus Serbien und Mazedonien | |
vor allem Roma sind, die vor schlechten Lebensbedingungen und dem nahenden | |
Winter in ihrer Heimat fliehen. | |
Auch Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte, Friedrich schüre fragwürdige | |
Stimmungen. Er gebe den populistischen Hardliner – auf dem Rücken von | |
Minderheiten, die in ihrer Heimat in menschenunwürdigen Verhältnissen leben | |
müssten. | |
13 Oct 2012 | |
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