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# taz.de -- Windpark-Baulärm in der Nordsee: Weg mit dem Schweinswal
> Soll er halt woanders schwimmen. Umweltminister Altmaier will
> Schweinswale gezielt vertreiben. Obwohl es auch leise Techniken gibt, um
> Offshore-Windräder zu bauen.
Bild: Lächelnder Umweltminister (l.) mit Schweinswal-Modell
BERLIN taz | Das geltende Naturschutzgesetz steht den Plänen der
Bundesregierung zum Ausbau der Windkraftanlagen auf dem Meer im Weg. Weil
es sich nicht einfach ändern lässt, wollen die Juristen im
Bundesumweltministerium (BMU) es daher wenigstens nach ihren Wünschen
auslegen. Dazu haben sie ein „Schallschutzkonzept“ entwickelt, über das sie
– unter anderem – auf einer Anhörung mit Industrie und Umweltverbänden
beraten wollen. Der taz liegt das Papier vor.
Das Problem: Genau dort in der Nordsee, wo laut BMU-Staatssekretärin
Katherina Reiche (CDU) „eine Windturbine pro Tag während der
Schönwetter-Periode“ gebaut werden muss, befindet sich die Kinderstube der
Schweinswale, dort ziehen die seltenen Tiere ihre Jungen auf.
Die nach deutschem und internationalem Naturschutzrecht besonders
geschützte Tierart darf weder verletzt noch getötet werden und während der
Aufzucht auch nicht „erheblich gestört“ werden. Weil sich die Tiere aber
über Klicklaute verständigen und orientieren, werden sie durch die
Rammarbeiten der Windkraftanlagen und den davon ausgehenden Schallwellen
nachweislich geschädigt und weiträumig vertrieben.
Das BMU will das Problem mit zwei Maßnahmen lösen: Zum einen sollen die
Tiere von der Gegend ferngehalten werden: „Wir wollen Schweinswale eher
aktiv vertreiben, um Tötungen und Verletzungen zu vermeiden“, sagt ein
BMU-Mitarbeiter der Abteilung Naturschutz. Zum anderen sollen die
Rammarbeiten nicht lauter als 160 Dezibel sein.
„Mit dem Grenzwert stellen wir sicher, dass keine Tiere sterben“, sagt
Altmaiers Pressesprecher Jürgen Maaß. Deswegen gebe es juristisch
betrachtet auch keine erhebliche Störung während der Aufzucht, denn
„erheblich gestört“ sei der Schweinswal laut Gesetz erst, wenn der
Erhaltungszustand der Population sich verschlechtert.
## Unsinniges Schallschutzkonzept
Naturschützer sehen die Vorschläge kritisch: Der Fluchtraum in der Nordsee
wird eng, denn laut Schallschutzkonzept dürfen bis zu zehn Prozent der
deutschen Meeresfläche bis zum Grenzwert beschallt werden. Das klingt
wenig, ist aber viel: In der Nordsee ist es schon ohne den Schall der
Rammarbeiten laut, Schiffe und Ölplattformen lärmen, dazu kommen
Militärübungen. „Naturschutzfachlich macht das Schallschutzkonzept keinen
Sinn“, sagt Meeresschutzexperte Kim Detloff vom Naturschutzbund (Nabu). Zu
viel der Meeresfläche dürfe beschallt werden.
Den Grenzwert von 160 Dezibel sehen Meeresschützer wie Hans Ulrich Rösner
vom Wattenmeerbüro des WWF als „eine Obergrenze“. Damit würden allenfalls
die „allerschlimmsten Schäden“ vermieden. Aus dem Bundesamt für Naturschu…
heißt es, der Grenzwert müsse auf einen Wert zwischen 136 bis 142 gesenkt
werden. Noch forscht das BfN. Zudem sei fraglich, warum das BMU in dem seit
Jahren überfälligen Papier die Windparkerbauer nicht zum Einsatz neuer
Technik auffordert.
In der Tat gibt es Alternativen zum Rammen – die sind allerdings allesamt
deutlich teurer. Bislang kommt nur der Große Blasenschleier zum Einsatz,
der den Schall um die Untersee-Baustelle bricht. Besser wäre es, wenn der
Schall gar nicht erst entstünde. Auch dafür gibt es technische Lösungen, in
dem die bis zu 6,5 Meter dicken Rohre in den Meeresboden gerüttelt oder
gebohrt werden. Spezialfirmen wissen aus dem Tunnelbau, wie derartig breite
Löcher gebohrt werden. Den Einsatz dieser Techniken zu verlangen ist für
das BMU derzeit keine Option: Das Schallschutzkonzept ist laut Sprecher
Maaß „technologieoffen“.
4 Nov 2012
## AUTOREN
Ulrike Fokken
Ulrike Fokken
## TAGS
Schweinswal
Nordsee
Naturschutz
Peter Altmaier
Windparks
Windkraft
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Energiewende
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