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# taz.de -- Mourinho kritisiert Reals Nachwuchs: Unüberwindbare Mauer aus Stars
> Real-Trainer Mourinho diskreditiert die eigene Nachwuchsarbeit. Dem
> Reservecoach Torli wirft er vor, ein anderes System spielen zu lassen.
Bild: Teilte wieder ordentlich aus: José Mourinho.
MADRID taz | 4:1 und 4:0 hat Real Madrid zuletzt gewonnen, Ergebnisse, die
auf jeden anderen Fußballklub der Welt beruhigende Wirkung hätten. Dem
Erfolg unter der Woche im Königspokal bei einem Drittligisten folgte am
Samstag ein Schützenfest gegen Saragossa im Bernabeu-Stadion. Einhundert
Siege hat José Mourinho nun schon mit Real Madrid gefeiert, und dafür nur
133 Partien gebraucht, weniger als alle Vorgänger.
Wieder ein Rekord, vom streitbaren Fußballlehrer mit der typischen Mischung
aus Stolz und Spott kommentiert: „Hundert?“, erwiderte er einem
Medienvertreter, „unmöglich, da musst Du Dich irren. Das können höchstens
fünfzig sein, so wie ich hier auf die Mütze kriege.“
Vor dem Champions League Vergleich mit Borussia Dortmund wird in Spanien
wieder heftig diskutiert über ihn und seinen Führungsstil. Vergangene Woche
hat der 49-Jährige einen erneuten Konflikt in der eigenen Firma ausgelöst,
der Renommierzeitung El Pais zufolge gar einen „institutionellen Bruch ohne
Beispiel zwischen der Nachwuchsabteilung und der ersten Mannschaft.“
Die linken Außenverteidiger Marcelo und Coentrao fehlen derzeit verletzt,
und der Coach wurde gefragt, warum er lieber einen Mittelfeldspieler
umfunktioniert als ein Talent zu befördern. Mourinho nützte die
Gelegenheit, um zunächst den Trainer der zweiten Mannschaft abzukanzeln.
## Ausbildung für den Elitekader
Reservecoach Alberto Toril lasse leider ein anderes System spielen als er,
stichelte Mourinho und forderte den Kollegen auf, sich zu entscheiden, ob
der Tabellenplatz in der zweiten Liga wichtiger sei, oder die Ausbildung
für den Elitekader.
Und um zu dokumentieren, dass der Fehler allgemein im Nachwuchskonzept
liegen muss und nicht bei ihm selbst, zog der Portugiese einen Zettel aus
der Tasche und las den Journalisten die Namen der Fußballer herunter, die
seit einem guten Jahrzehnt von unten die erste Elf erreicht hatten. Die
Spieler „Pavon“ und „Bravo“ hätten von all denen noch die beste Karrie…
bei Real gemacht, schloss Mourinho.
Die Abrechnung hat selbst eingefleischte Fans verstimmt. Einen Untergebenen
öffentlich zu attackieren gilt in Spanien als feige. Insider sehen in der
persönlichen Schelte einen Schachzug Mourinhos, um einen weiteren
Widersacher aus dem Weg zu räumen. Die zweite Mannschaft gilt als Fluchtort
für vom Chef verbannte Profis, und der Andalusier Toril (39), besonnen wie
Spaniens Nationaltrainer del Bosque, genießt intern zunehmende Popularität,
was Misstrauen beim Boss erzeugt.
Angeblich soll der Portugiese allen zwanzig festangestellten Übungsleitern
Zugang zu Daten und DVDs der ersten Mannschaft gewähren, nur ihm nicht.
Mourinho hat schon mehrere Feinde aus dem Unternehmen geekelt. Dem
Generaldirektor Jorge Valdano verbot er, die Kabine zu betreten und das
Flugzeug der Mannschaft zu besteigen.
## Die Fußballschule in Verruf gebracht
Am Ende fügte sich Präsident Florentino Perez, entließ den Argentinier und
ernannte Mourinho zum Manager englischer Prägung mit weitreichenden
Kompetenzen. Valdano hält Mourinhos Kritik diesmal für diskussionswürdig,
„allerdings muss so etwas zu Saisonbeginn und intern ausgemacht werden.“
Mourinho habe Toril in eine vertrackte Lage, und die Madrider Fußballschule
in Verruf gebracht. Viele Absolventen triumphieren ja andernorts wie Juan
Mata in Chelsea, Alberto Soldado in Valencia, Alvaro Negredo in Sevilla,
oder neuerdings Daniel Carvajal in Leverkusen sowie Joselu in Hoffenheim.
Aber auch der Argentinier weiß, dass „la fabrica“, wie die
Nachwuchsabteilung genannt wird, schon viel zu lang keinen echten
Real-Madrid-Spieler mehr produziert hat. Seit 2003 und dem Rauswurf del
Bosques wurden fünf verschiedene Nachwuchschefs eingestellt. Während beim
stabilen FC Barcelona die Jungstars nur so sprießen, warten die Madridistas
seit Jahren auf einen wie Raul oder Casillas.
## Gegenbeispiel Barcelona
In Barcelona ist der offene Zugang zum ersten Team seit Johan Cruyffs
Zeiten Teil der Philosophie. In Madrid setzt der jeweilige Trainer aus
Selbstschutz lieber auf zugekaufte, gestandene Profis, wie Bernd Schuster,
Meister mit Real 2008, im spanischen Radio verdeutlichte. Der Druck bei
Real sei so enorm, dass kaum einer es wage, auf unerfahrene Burschen zu
bauen.
Für die jungen Spieler natürlich frustrierend. „Du musst Mauern einreißen,
bis Du eine Chance bekommst“, erinnert sich Javier Portillo,
Real-Eigengewächs, 2002 Schütze eines wichtigen Champions League-Treffers
gegen Dortmund, aber nach kurzer Blüte aussortiert: „Und Du kämpfst immer
gegen Stars.“ Bei Real Madrid lautet das Rezept auch in der Krise:
„Cartera“ (spanisch für: Brieftasche) statt „Cantera“ (Kaderschmiede).
6 Nov 2012
## AUTOREN
Ralf Itzel
## TAGS
Real Madrid
Nachwuchsarbeit
Kritik
Barcelona
Trainer
José Mourinho
Messi
Roberto Di Matteo
Champions League
Schalke 04
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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