Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Chelsea-Trainer entlassen: Roman feuert Roberto
> Die Barcelona-Werdung des FC Chelsea geht dem Boss nicht schnell genug.
> Nun hat Roman Abramowitsch Coach Di Matteo kurzerhand rausgeschmissen.
Bild: Roberto Di Matteo mit kummervollem Blick.
BERLIN taz | Das Auslauftraining blieb den Chelsea-Spielern nach dem 0:3 in
Turin erspart. Er müsse in eine „Besprechung“, teilte Roberto Di Matteo
seinen Schützlingen in der Kabine mit. Der 42-jährige Italiener dürfte
geahnt haben, wie diese Geschichte weitergehen würde.
Um vier Uhr früh räumte er nach der Rückkehr auf die Insel seinen
Schreibtisch im Trainingszentrum Cobham. Am Mittwochmorgen bestätigte der
Verein den Rauswurf jenes Mannes, der nur sechs Monate zuvor die Champions
League mit den Blues gewonnen hatte.
Di Matteo war nur 262 Tage im Amt. Er ist der achte Trainer, den
Abramowitsch in neun Jahren an der Stamford Bridge entließ. Gut 100
Millionen Euro zahlte der Rohstoffmilliardär seit 2003 für
Trainerabfindungen. Die Begründung für den neusten Führungswechsel ist wie
immer denkbar einfach.
„Die jüngsten Leistungen und Ergebnisse waren nicht gut genug“, teilte
Chelsea mit. Nach der Pleite gegen Juve stehen die Londoner vor dem Aus in
der Gruppenphase, vier sieglose Ligaspiele hintereinander haben die
Mannschaft auf Platz drei abrutschen lassen. Der relative Misserfolg ist
eine Folge des Umbauprozesses und als solcher nicht ganz unerwartet.
## Abwicklung der alten Garde
Di Matteo sollte auf Geheiß des Eigentümers die jahrelang auf penibel
einstudierten Kraftfußball vertrauende Elf zur einer Art „blauem Barcelona“
machen und gleichzeitig die alte Garde um Frank Lampard und John Terry
stufenweise abwickeln.
Im Sommer hatte Abramowitsch knapp 100 Millionen Euro für neue, technisch
begabte Spieler wie den Brasilianer Oscar und den Belgier Eden Hazard
investiert. Verzögerungen oder gar Rückschlage in diesem ambitionierten
Projekt waren aus Oligarchensicht jedoch inakzeptabel.
Di Matteos Entscheidung, beim italienischen Meister den ewig formschwachen
Fernando Torres auf der Bank zu lassen und es mit einer spanischen Taktik
ohne echten Stürmer zu versuchen, hatte die Situation zusätzlich
zugespitzt. Torres war im Januar 2011 von Abramowitsch höchstpersönlich für
60 Millionen Euro verpflichtet worden, seine Nichtaufstellung im bisher
wichtigsten Spiel der Saison musste im Falle einer Niederlage zum Politikum
geraten.
## Platzhalter gewinnt Champions League
„Wenn jemand Schuld hat, dann bin ich es“, sagte Di Matteo vor der Abreise
aus dem Juventus-Stadion. Das hörte sich nicht wie eine Entschuldigung an,
mehr nach einer trockenen Prognose. Im Grunde war der frühere
Chelsea-Mittelfeldspieler trotz des Gewinns von FA-Cup und Champions League
nach seiner zunächst nur kommissarisch übernommenen Aufgabe im März, als
der Portugiese André Villas-Boas den Posten räumen musste, nie über den
Rang eines Platzhalters hinausgekommen.
Abramowitsch, das ist ein offenes Geheimnis, wünscht sich den ehemaligen
Barcelona-Coach Pep Guardiola auf den Chefsessel; einen Mann, der in der
Fantasie des Russen eine Titelgarantie mit schönem Fußball vereint.
Chelseas Mauertaktik auf dem Weg zum Europapokalgewinn hatte Abramowitsch
die Lust am Triumph verhagelt. „Gratuliere, aber gut gespielt haben wir
heute nicht“, soll er im Mai laut Augenzeugen in der Münchner Arena-Kabine
zu der ausgelassen feiernden Belegschaft gesagt haben.
Wie gering die Arbeit von Di Matteo von Boss und Vorstand geschätzt wurde,
lässt sich aus der Presseerklärung herauslesen: „Roberto half, uns zum
historischen Champions-League-Erfolg zu führen“, schrieb der Klub. Di
Matteo blieb nach dem Finalsieg in München nur Trainer, weil Guardiola sich
nicht von seinem Plan abbringen ließ, ein Jahr lang in New York Abstand vom
Fußballgeschäft zu nehmen.
## Pep hat noch immer keine Lust
Am Mittwoch fragte Chelsea abermals bei Guardiola an, doch der sagte
abermals ab. Er wolle der Familie die Veränderung nicht zumuten, hieß es,
außerdem wolle er frühestens im Sommer zurück ins Berufsleben. Deswegen
dürfte es auf den nächsten Interimstrainer hinauslaufen.
Rafael Benítez, der schon im März ein Kandidat für eine Übernahme bis zum
Saisonende gewesen war, kann sich ein zeitlich begrenztes Engagement dieses
Mal wohl vorstellen. „Ich suche nach einem Verein, der Trophäen gewinnen
kann“, sagte der Spanier am Rande einer Veranstaltung in Abu Dhabi. Chelsea
fällt in diese Kategorie.
21 Nov 2012
## AUTOREN
Raphael Honigstein
## TAGS
Roberto Di Matteo
Trainerentlassung
Chelsea London
Entlassungen
Champions League
Champions League
Real Madrid
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schalke und BVB in Champions League: Der Ruhrpott ist euphorisiert
Mit einem überragenden 4:1 gegen Ajax Amsterdam ist Borussia Dortmund ins
Achtelfinale der Champions League eingezogen. Bei Schalke war es knapper,
reicht aber auch.
Champions League Gruppenspiele: Bayern krass – Barca auch
FC Bayern besiegt OSC Lille sagenhaft mit 6:1. Der FC Barcelona hingegen
verliert gegen Celtic Glasgow in einem dramatischen Spiel mit 1:2.
Mourinho kritisiert Reals Nachwuchs: Unüberwindbare Mauer aus Stars
Real-Trainer Mourinho diskreditiert die eigene Nachwuchsarbeit. Dem
Reservecoach Torli wirft er vor, ein anderes System spielen zu lassen.
Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Transfer für 6 Milliarden Trinkhalme
Im Profifußball werden immer höhere Irrsinnssummen für Spieler ausgegeben.
Da ist es durchaus verständlich, das Cristiano Ronaldo nun auch mehr Geld
will.
Kolumne Aufm Platz: Die Chelsea-Variante
Er glaubt ans Weiterkommen. Doch dem irischen Trainer fehlt gegen Spanien
schlicht das geeignete Personal für eine taktische Überraschung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.