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# taz.de -- Bernd Schuster in Málaga: Kopf versus Gefühl
> Mit Bernd Schuster soll beim geschröpften FC Málaga Kontinuität
> einkehren. Doch die Geduld mit dem missmutigen Deutschen ist endlich.
Bild: Bernd Schuster, immer auf Ballhöhe
MÁLAGA taz | La Rosaleda, „der Rosengarten“, wird von Palmen umgeben. Oben
über der Haupttribüne hängt das Logo der Unesco, das der Málaga Club de
Fútbol auch auf seinen Trikots spazieren trägt – unentgeltlich. Drinnen ist
alles so komfortabel und gut ausgeschildert wie in keinem anderen Stadion
der spanischen Liga. Jedes Detail hier hat Champions-League-Niveau, auch
der weitläufige Pressesaal mit seiner schicken Deckenbeleuchtung und den
grünlichen Marmorsäulen.
Das Auditorium ist nicht der Lieblingsort von Bernd Schuster. Mit der
Journaille hat es der eigenwillige Augsburger sowieso noch nie gehabt, und
hier sind die Fragen nach den Heimspielen oft besonders unangenehm. Denn
Schuster ist der Trainer eines Vereins, bei dem alles
Champions-League-Niveau hat. Alles außer dem Fußball.
Vorige Saison war das noch ganz anders. Da erreichten die Andalusier mit
Trainer Manuel Pellegrini das Viertelfinale im Europacup. Unglücklich
erlitten sie dort das „Wunder von Dortmund“, dabei schrieben sie eigentlich
ihr eigenes Wunder. Bereits im Sommer 2012 nämlich hatte der katarische
Unternehmer Abdullah Ben Nasser al-Thani seine Zuwendungen eingestellt, die
neben den Finessen des Stadions auch den drittteuersten Kader der Primera
División finanzierten. Mit dem Argument Champions League gelang es
Pellegrini, einige Stars noch für ein Jahr bei der Stange zu halten.
Doch einen Sommer später brach dieses Fallnetz weg, nicht mal mit der
Europa League konnte der Klub werben, trotz sportlicher Qualifikation: die
Uefa untersagte wegen Steuerschulden den Start. Also musste Schuster bei
null anfangen.
## Appell an die Realität
Die Geschichte kennen natürlich alle an der Costa del Sol. Aber wie jeder
weiß, der einmal verlassen wurde, ist Erkenntnis das eine, Verarbeiten das
andere. Kopf hier, Gefühl da. Und so fühlt sich Schuster in dem marmornen
Pressesaal immer wieder dazu genötigt, den Leuten die Sehnsucht nach der
Vergangenheit auszutreiben. „Es ist brutal, was hier passiert ist, dieser
Unterschied“, sagt der Deutsche dann zum Beispiel.
Tatsächlich liegt hinter Málaga ein Kahlschlag, wie er in der Geschichte
des Fußballs wohl seinesgleichen sucht. Von 150 Millionen Euro in der
Saison 2011/2012 über 96 Millionen 2012/13 sank der Etat auf 42 Millionen.
Die Gehaltsliste wurde von 90 auf 27 Millionen Euro zusammengestrichen.
Außer Torwart Willy Caballero und Stürmer Roque Santa Cruz haben alle
namhaften Profis den Klub verlassen.
Schuster definiert seinen Job: „dafür zu sorgen, dass der Wandel nicht ganz
so hässlich wird“. Ein typischer Satz, ehrlich, direkt und oft ein bisschen
fatalistisch: In Deutschland mag man den Trainer schon längst als halben
Spanier verbuchen, in Spanien finden sie ihn auch nach 30 Jahren im Land
immer noch ziemlich deutsch. Mit seiner missmutigen Art macht er es sich
nicht unbedingt einfacher. Wenn es sportlich nicht läuft, so war es schon
bei Real Madrid, dann gibt es wenig Sympathie, die ihn schützt.
## Schuster auf der Kippe
Ende November explodierte La Rosaleda plötzlich. Málaga hatte gegen
Athletic Bilbao lange 1:0 geführt und am Ende 1:2 verloren. Es war eine
unglückliche Niederlage, aber beim Schlusspfiff sang das halbe Stadion:
„Schuster, vete ya“: Schuster, nun hau schon ab. Als beim nächsten
Heimspiel im Pokal gegen die B-Elf des Abstiegskandidaten Osasuna ein
3:0-Vorsprung hergeschenkt wurde, wiederholte sich das Schauspiel.
„Eine schwierige Situation, denn wenn die Kritik einmal angefangen hat,
geht sie normalerweise nicht mehr weg“, sagt Schuster. Doch eine Serie von
sieben Punkten aus den letzten drei Spielen vor Weihnachten verhinderte
fürs Erste zumindest, dass sich der Song zum Dauersoundtrack an der Costa
del Sol ausweitete.
Vor dem Gastspiel von Titelkandidat Atlético Madrid heute liegt Málaga auf
dem zehnten Tabellenplatz. Das ist ungefähr das, was man erwarten durfte,
allerdings sind es bis zur Abstiegszone nur fünf Punkte. Die Mannschaft,
eine Mischung überwiegend von Verbliebenen sowie Talenten aus der eigenen
Jugend, wirkt noch instabil, Schuster wird vorgeworfen, ihr keine
erkennbare Identität verpasst zu haben. Andererseits sind solche
Unsicherheiten eben auch die klassischen Geburtswehen eines Umbruchs.
Schuster hat einen Fünfjahresvertrag bekommen. Der Verein möchte gern
langfristig etwas aufbauen, die Schulden seien alle bezahlt, heißt es, und
es bleibt ja das hübsche Fünf-Sterne-Stadion. Wobei La Rosaleda die Arbeit
für Bernd Schuster nicht immer leichter macht. Als Garten der Nostalgie,
als Erinnerung an glücklichere Tage.
5 Jan 2014
## AUTOREN
Florian Haupt
## TAGS
Trainer
Primera Division
FC Malaga
Fußball
Spanien
Fußball-Bundesliga
Real Madrid
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