# taz.de -- Studie zu Rechtsextremismus: Diskriminierende Einwanderer | |
> Einwanderer sind in Deutschland nicht weniger autoritär als | |
> Alteingesessene. Sie sind seltener rechtsextrem, stimmen aber häufiger | |
> antisemitischen Stereotypen zu. | |
Bild: Frau mit Kopftuch, Frau mit Kippa: Demonstration gegen Antisemitismus. | |
BERLIN taz | Zum ersten Mal haben die Autoren [1][der „Mitte-Studie“] nicht | |
nur erfasst, ob die Befragten aus dem Osten oder dem Westen der Republik | |
stammen – sondern auch, ob sie einen Migrationshintergrund besitzen oder | |
nicht. Und siehe da: antidemokratische Einstellungen sind auch unter | |
Einwanderern zu finden, so das Fazit. | |
Keine gesellschaftliche Gruppe ist immun gegen rechtsextreme Einstellungen, | |
betonen die Autoren der Studie. Und es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, | |
dass Menschen, die ausgegrenzt oder aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert | |
werden, deswegen besonders sensibel gegenüber Rassismus sein müssten. | |
Die Befragten mit Migrationshintergrund zeigten sich in der Mitte-Studie | |
jedenfalls nicht weniger autoritär eingestellt als andere Deutsche. Zwar | |
ist klassisch-rechtsextremes Gedankengut in dieser Gruppe insgesamt | |
seltener anzutreffen. Aber antisemitischen Stereotypen à la „Juden haben zu | |
viel Einfluss auf Medien und Hochfinanz“ und dem Klischeebild von Juden als | |
„Unruhestiftern“ wurde hier sogar öfter zugestimmt als im Rest der | |
Bevölkerung. Selbst eine ablehnende Haltung gegenüber anderen Ausländern | |
kommt hier – bei einer Minderheit – vor. | |
Mit Blick auf die Mehrheitsgesellschaft wiederum stellen die Autoren der | |
Studie fest, „Ausländerfeindlichkeit“ sei „in der deutschen Bevölkerung | |
extrem weit verbreitet“, sie bezeichnen sie sogar als „Einstiegsdroge in | |
den Rechtsextremismus“. Das gelte auch für deren Sonderform, die | |
Islamfeindschaft, welche die Autoren sorgfältig von rationaler Islamkritik | |
abzugrenzen suchen. | |
## Kritische Haltung zum Islam | |
Eine lediglich kritische Haltung gegenüber dem Islam vertritt ihrer Meinung | |
nach, wer mit Blick auf islamische Länder für die Trennung von Staat und | |
Religion eintritt, wer skeptisch ist, ob muslimische Frauen ihr Kopftuch | |
immer freiwillig tragen, oder eine rigide Trennung der Geschlechter im | |
Sportunterricht ablehnt, wie sie fundamentalistische Muslime fordern. | |
Eine feindselige Haltung gegenüber religiösen Muslimen hingegen legt an den | |
Tag, wer sie pauschal für unfähig hält, sich an die Gegenwart anzupassen, | |
in ihrer Religion die Ursache für islamistischen Terrorismus sucht und wer | |
es ablehnt, Muslimen in dieser Gesellschaft die gleichen Rechte wie allen | |
anderen einzuräumen. Letztgenannter Aussage stimmten mehr als die Hälfte | |
aller Befragten voll und ganz (27 Prozent) oder zumindest überwiegend (30,1 | |
Prozent) zu, obwohl sie eindeutig gegen das deutsche Grundgesetz verstößt. | |
Eine kritische Haltung zum Islam herrscht in der gesamten Gesellschaft und | |
in allen Altersgruppen vor. Sie ist bei Ostdeutschen (mehr als zwei | |
Drittel) stärker ausgeprägt als im Westen (über die Hälfte), bei | |
Konfessionslosen und Protestanten etwas stärker als bei Katholiken. | |
Eine dezidiert feindselige Haltung zum Islam teilt hingegen ein gutes | |
Drittel (36,2 Prozent) der Bevölkerung. Diesen Menschen muss es nicht | |
unbedingt wirtschaftlich schlecht gehen. Islamfeinde weisen aber oft einen | |
niedrigen Bildungsgrad auf und fürchten um den Fortbestand des eigenen | |
Wohlstands, sie sind auch deutlich autoritärer eingestellt als der | |
Durchschnitt der Bevölkerung. Islamfeindschaft findet sich vor allem bei | |
Männern – und im Osten der Republik. | |
12 Nov 2012 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
Daniel Bax | |
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