# taz.de -- Politiker über Rechtsextremismus-Studie: Erziehung, Prävention, E… | |
> In Ostdeutschland denken viele Menschen rechtsextrem. Nun reagieren | |
> Politiker – mit einer ganzen Reihe an Forderungen. | |
Bild: Fehlender Gedenkstein für ein Nazi-Opfer in Greifswald. Was tun? | |
BERLIN dapd | Angesichts [1][der Zunahme rechtsextremen Gedankenguts] im | |
Osten Deutschlands fordert Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) | |
eine „bildungspolitische Offensive in Sachen Demokratieerziehung“. Auch die | |
Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Maria Böhmer (CDU), verlangt mehr | |
Präventionsarbeit. Der ostdeutsche CDU-Politiker Michael Kretschmer lehnt | |
hingegen ein neues „Sonderprogramm Ost“ entschieden ab und warnt vor einer | |
Stigmatisierung der Menschen. | |
Hintergrund der Debatte ist eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, | |
derzufolge sich die Zahl der Bürger mit rechtsextremem Weltbild in | |
Ostdeutschland seit 2006 von 6,6 auf 15,8 Prozent mehr als verdoppelt hat, | |
während sie in Westdeutschland zurückging. | |
Thierse bezeichnete es im Deutschlandfunk als „verrückt, dass es in | |
Ostdeutschland mehr Ausländerfeindlichkeit gibt, obwohl es dort | |
nachweislich weniger Ausländer gibt“. Über Jahre hinweg sei die | |
rechtsextreme Gefahr vielerorts gering eingeschätzt worden. Viele | |
Bürgermeister, Kommunalpolitiker, Bürgermeister und Landespolitiker hätten | |
„nicht wahrhaben wollten, was da im Entstehen begriffen ist“. | |
Unionsfraktionsvize Kretschmer erteilte der Forderung Thierses nach einer | |
Bildungsoffensive eine deutliche Absage: „Ich halte nichts von | |
Sonderprogrammen für Ostdeutschland.“ Schon einmal habe „die SPD mit | |
Altkanzler Gerhard Schröder mit einem solchen Ansatz den gesamten Osten | |
stigmatisiert“. | |
Der sächsische Bundestagsabgeordnete betonte, seine „Alltagserfahrung“ sei | |
auch eine andere als von Thierse. So zeige das Engagement vieler einzelner | |
Bürger und Bürgergruppen das „große Problembewusstsein“. Statt zusätzli… | |
Demokratieerziehung brauche es ein „alltägliches Engagement der | |
Zivilgesellschaft“, sagte Kretschmer weiter und fügte hinzu: „Gerade dieses | |
bürgerliche Engagement hat in den vergangenen Jahren sehr zugenommen. Es | |
ist bitter, dass Thierse den Menschen im Osten genau dieses abspricht.“ | |
## Grundgesetz „im Alltag“ leben | |
Die Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Maria Böhmer, sprach angesichts | |
der neuen Zahlen von einem „Alarmsignal“. Dort, wo rechtsextremistische | |
Ansichten am weitesten verbreitet seien, sei es „dringend notwendig, | |
aufzuklären und Vorurteile mit einer intensiven Präventionsarbeit | |
abzubauen“, sagte die CDU-Politikerin, die für Migration und Integration | |
zuständig ist. „Besonders wichtig ist die frühe Prävention in der Schule: | |
Es muss gelehrt und gelernt werden, die Werte unseres Grundgesetzes im | |
Alltag zu leben.“ | |
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bezeichnete derweil die | |
Bekämpfung des Rechtsextremismus als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. „Im | |
Grunde muss eine ganze Gesellschaft dafür sorgen, dass rassistische, | |
fremdenfeindliche, antisemitische Parolen erst gar keine Chance bekommen, | |
dass jede Art von Radikalisierung bekämpft und ausgeschlossen wird“, sagte | |
Friedrich am Dienstag dem rbb-Inforadio. Durch die Mordserie der | |
rechtsextremen Terrorzelle NSU sei deutlich geworden, dass die | |
Sicherheitskräfte den Rechtsextremismus in Deutschland unterschätzt hätten. | |
Die Linkspartei warnte davor, den Rechtsextremismus nur in den neuen | |
Ländern in den Blick zu nehmen und damit das Problem zu unterschätzen. „Der | |
Warnschuss ist nicht zu überhören. In Deutschland sind rechtsextreme Denk- | |
und Verhaltensmuster auf dem Vormarsch“, sagte Martin Schirdewan, der | |
Mitglied im Parteivorstand der Linken ist, am Dienstag in Berlin. | |
Rechtsextremismus sei „ausdrücklich kein ostdeutsches Problem, sondern ein | |
gesamtgesellschaftliches Problem, das in allen gesellschaftlichen Schichten | |
auftritt“, fügte er hinzu. | |
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) kritisierte, es gebe „kein | |
stimmiges Präventionskonzept gegen Rechtsextremismus, Rassismus und | |
Antisemitismus“. Die vom Bundesfamilienministerium verwalteten Programme | |
seien nur „Stückwerk“. | |
13 Nov 2012 | |
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