| # taz.de -- Berliner Verfassungsschutz: Henkel schreddert Schmid weg | |
| > Die Chefin des Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, tritt nach der Affäre | |
| > ums Schreddern von Neonazi-Akten zurück. Die Kritik bleibt. | |
| Bild: Sind jetzt kein Team mehr: Ex-Verfassungsschutzchefin Schmid und Innensen… | |
| BERLIN taz | Er hatte Konsequenzen versprochen, am Mittwoch machte Frank | |
| Henkel ernst. Auf der Sitzung des Verfassungsschutz-Ausschusses verkündete | |
| der CDU-Innensenator den Rücktritt seiner Behördenleiterin Claudia Schmid. | |
| Gleichzeitig versprach er einen „kontrollierten Neuanfang“ des | |
| Geheimdienstes. | |
| Henkel sagte, Schmid habe ihn tags zuvor um Versetzung gebeten. Dafür | |
| gebühre ihr „Respekt“. Sie habe jahrelang einen „hervorragenden Job“ | |
| gemacht. | |
| Schmid selbst beließ es bei wenigen Worten, bedankte sich nur bei den | |
| Abgeordneten für die „faire Zusammenarbeit“. Sie wirkte anders als in den | |
| Vortagen gelöst. Da hatte sie einräumen müssen, dass in ihrem Geheimdienst | |
| gleich zweimal widerrechtlich Rechtsextremismus-Akten geschreddert wurden: | |
| im Juli 2010 und Ende Juni 2012 – in letztem Fall Monate nach Bekanntwerden | |
| der NSU-Mörderzelle. Darunter waren Ordner über das rechtsmilitante | |
| Netzwerk „Blood and Honour“ und die Band „Landser“. In beider Umfeld | |
| bewegten sich Vertraute des NSU-Trios. | |
| Schmid, früher Berliner Vize-Datenschutzbeauftragte, hatte den | |
| Verfassungsschutz 2001 übernommen. In den Vorjahren war es zu einer Reihe | |
| von Skandalen gekommen: Gleich eine ganze Reihe Abgeordnete hatte das Amt | |
| bespitzelt, auch damals Akten vernichtet. Die 55-Jährige stellte die | |
| Behörde neu auf, galt 2011 gar als mögliche Nachfolgerin für den Chef des | |
| Bundesverfassungsschutz Heinz Fromm. Der stolperte im Juli diesen Jahres | |
| schließlich ebenfalls über eine Schredder-Affäre. | |
| Henkel sagte am Mittwoch, er könne die jüngsten Vorfälle im Berliner | |
| Verfassungsschutz „vor niemandem verteidigen“. Das Amt biete ein | |
| „verheerendes Gesamtbild“. Dann kündigte er „organisatorische und | |
| personelle Erneuerungen“ an – und versuchte den Befreiungsschlag. | |
| Für Schmid soll, bis ein Nachfolger gefunden ist, ihr Stellvertreter | |
| Gerhard Fricke den Geheimdienst führen. Versetzt wird auch der | |
| Referatsleiter für Rechtsextremismus, der beim letzten Schreddern | |
| eigenhändig die Akten freigab. Zudem will Henkel endlich den seit langem | |
| vakanten Referatsleiter-Posten für die Abteilung „Grundsatz“ besetzen. | |
| Künftig soll es mehr Rotationen, „auch bei den Führungskräften“, und | |
| Neueinstellungen geben, auch von Menschen mit Migrationshintergrund. Damit, | |
| so Henkel, könne mehr „interkulturelle Kompetenz“ aufgebaut werden. | |
| Der Opposition reicht das nicht. „Wer klärt jetzt weiter auf?“, fragte der | |
| Grüne Benedikt Lux. Das Versagen sei „systematisch“ und betreffe auch | |
| Henkel. Der Senator steht selbst in der Kritik, weil er monatelang | |
| verschwieg, dass das Berliner LKA einen V-Mann führte, der NSU-Helfer war. | |
| Für Pirat Pavel Mayer ist mit Schmid „die falsche Person zurückgetreten“. | |
| Sie sei ein „ungewöhnlich offener und kompetenter Ansprechpartner“ gewesen. | |
| Es bedürfe wohl noch „weiterer personelle Konsequenzen.“ | |
| ## Nur ein „Bauernopfer“ | |
| Auch Hakan Tas (Linke) kritisierte, der Rückzug Schmids stelle nicht | |
| sicher, dass nicht noch mehr Akten geschreddert würden. Tas warf Henkel | |
| vor, seine Probleme „auf andere abzuwälzen“. Der Senator wies dies zurück, | |
| kämpferisch wie lange nicht: „Ich nehme meine Verantwortung sehr ernst.“ | |
| Ob Henkels Aufbruchversuch gelingt, ist fraglich. Denn auch im Bund | |
| verschärft sich die Kritik. Der Linken-Abgeordnete Wolfgang Neskovic | |
| forderte direkt den Rücktritt Henkels. Schmids Versetzung sei nur ein | |
| „Bauernopfer“ des Senators und „Ausdruck politischer | |
| Verantwortungslosigkeit“. Auch der Vorsitzende des | |
| NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), glaubt nicht an einen | |
| freiwilligen Rückzug Schmids. Ihr Verhalten kritisierte er aber als | |
| „Frechheit“, da sie schon seit Wochen von den Schredder-Aktionen gewusst | |
| habe. Anfang 2013 sollen die Berliner NSU-Pannen im Untersuchungsausschuss | |
| zur Sprache kommen. | |
| 14 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
| ## TAGS | |
| Verfassungsschutz | |
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