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# taz.de -- Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft: Mit Zeitverträgen zum Dokt…
> Knapp drei Viertel der Wissenschaftler an deutschen Unis sind befristet
> angestellt. Inzwischen wandern viele Akademiker lieber aus.
Bild: Endlich ist es vorbei: Absolventen der Uni Bonn.
BERLIN taz | Eine Universitätslaufbahn in Deutschland? Von dieser
Vorstellung hat sich der Politikwissenschaftler Sebastian Meier (Name
geändert) verabschiedet. Noch hat er eine Stelle als wissenschaftlicher
Mitarbeiter an der FU Berlin, bewirbt sich aber gerade für
Promotionsprogramme in Kanada, Großbritannien und Skandinavien. „In
Deutschland bekommt man selbst mit dem Doktortitel vorerst nur befristete
Stellen.“
Kein Einzelfall. Die Bildungsgewerkschaft GEW beklagt den Trend zu
befristeten Verträgen an deutschen Hochschulen. Donnerstag hat sie daher
den „Herrschinger Kodex“ vorgestellt, in dem Leitlinien für gute
Arbeitsbedingungen formuliert werden. „Das Hire-and-Fire-Prinzip hat Einzug
gehalten in die Forschung“, bemängelt Andreas Keller, der im GEW-Vorstand
für den Bereich Hochschule verantwortlich ist. Die Gewerkschaft plädiert
für Mindestlaufzeiten für befristete Verträge und bessere Perspektiven für
Promovierte.
Mittlerweile ist der überwiegende Teil des wissenschaftlichen Personals an
deutschen Hochschulen befristet beschäftigt: Gut 74 Prozent haben einen
zeitlich begrenzten Vertrag, auf einen unbefristet Beschäftigten kommen im
Jahr 2010 acht befristet Angestellte. Fünf Jahre zuvor betrug das
Verhältnis noch eins zu vier, so die Berechnung der GEW.
Nun ist eine Befristung in der Wissenschaft an sich nicht ungewöhnlich:
Viele Doktoranden finanzieren ihre Promotion, indem sie während dieser Zeit
an einem Lehrstuhl arbeiten. Das Problem: Die Verträge laufen oft kürzer
als die Promotion. 53 Prozent der Verträge von wissenschaftlichen
Mitarbeitern sind auf weniger als ein Jahr begrenzt, so die GEW. Viele
Doktoranden müssten somit hoffen, dass ihr Vertrag bis zum Abschluss ihrer
Doktorarbeit immer wieder verlängert wird. „Dauert eine Promotion vier
Jahre, sollten auch die Doktorandinnen und Doktoranden einen
Vierjahresvertrag bekommen“, findet Keller. Und auch Verträge von
Promovierten sollten automatisch entfristet werden, wenn sie bestimmte
Leistungen in der Forschung und Lehre erbracht haben.
Mittlerweile beginnt auch bei den Universitäten ein Umdenken. Die
Hochschulrektoren-Konferenz (HRK) hatte im Frühjahr Empfehlungen
entwickelt, die in eine ähnliche Richtung weisen. „Die konkrete Befristung
muss möglichst zielbezogen erfolgen“, heißt es darin. Derzeit evaluiert die
HRK, wie die Hochschulen diese Empfehlungen umsetzen.
16 Nov 2012
## AUTOREN
Bernd Kramer
Bernd Kramer
## TAGS
Universität
Promotion
Gewerkschaft
Arbeitsbedingungen
Befristung
Wissenschaft
Promotion
Wissenschaft
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