# taz.de -- Berliner Innensenator unter Druck: Grüne und Linke fordern Rücktr… | |
> Als überfordert kritisiert, teilt Innensenator Henkel (CDU) gegen die | |
> Grünen aus. Er lobt Polizeivize Koppers für "herausragende Arbeit" und | |
> sich als Frauenförderer. | |
Bild: Sitzen längst im gleichen Boot: Frank Henkel (links) und Klaus Wowereit | |
BERLIN taz | Das iPhone angucken, hinlegen. Hände über dem Bauch falten. | |
Mappe mit dem Redetext öffnen, drei, vier Zettel durchblättern, Mappe | |
schließen. Irgendwie muss man sich ja als Innensenator ablenken, wenn einen | |
drei Meter weiter Redner von Grünen und Linken als überfordert, | |
dilettantisch, ignorant bezeichnen und schließlich Rücktritt oder | |
Entlassung fordern. | |
Nach einer halben Stunde kann Frank Henkel (CDU) endlich zurückschlagen. | |
„Sie sehen sich als Regierung im Wartestand – um Himmels willen“, sagt er | |
Richtung Grüne, „glauben Sie, irgendjemand bei Ihnen könnte dem Regierenden | |
Bürgermeister auch nur das Wasser reichen?“ | |
Es ist wie ein finaler Shoot-out – bloß nicht in einer Westernstadt, | |
sondern im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses –, in einem Aufwasch Henkel | |
all die kleinen und größeren Fehler und Skandale seiner einjährigen | |
Amtszeit vorzuhalten: den V-Mann mit NSU-Kenntnissen, von dem Henkel | |
angeblich nichts wusste, die Razzia-Panne, die Schreddereien, die verpasste | |
Chance, eine Frau zur Polizeipräsidentin machen. | |
„Sie haben das Vertrauen der Stadt verloren“, ist sich | |
Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux sicher und schließt daraus: „Allen wäre | |
geholfen, wenn Sie Verantwortung übernehmen und zurücktreten.“ Es ist das | |
erste Mal nach der Schredder-Affäre, dass die Grünen den Rücktritt fordern. | |
Linksfraktionschef Udo Wolf hofft erst gar nicht darauf, dass Henkel von | |
allein geht und wendet sich an dessen Chef, den Regierenden Bürgermeister | |
von der SPD: Klaus Wowereit soll die Sache ordnen, „oder besetzen Sie den | |
Posten neu“. | |
Wolf mag Henkel dabei gar nicht die diversen Fehler der Innenbehörden | |
vorhalten – die mache jede Behörde. Entscheidend sei der Umgang damit, | |
„daran bemisst sich politische Verantwortung“. Da aber sieht Wolf nichts | |
bei Henkel, stattdessen „Geschäftigkeit ohne Sinn und Verstand“ und | |
„Verantwortungslosigkeit“. Pirat Christopher Lauer sagt, man rede nicht | |
darüber, ob Henkel seinen Laden im Griff habe, sondern „wie sehr Sie ihn | |
nicht im Griff haben“. | |
Sich selbst hat Henkel immerhin gut im Griff, er wird trotz des | |
Trommelfeuers der Vorwürfe nicht ausfällig, er holt sich mit seiner | |
Ehrenbezeugung für Wowereit längeren Beifall vom Koalitionspartner. Wolf | |
scheint recht zu haben mit seiner Ahnung, dass dieser Mann nicht von allein | |
geht. Henkel räumt ein, Fehler gemacht zu haben, in der Opposition und in | |
der Regierung. Am stärksten aber wehrt er sich gegen Vorwürfe, er habe | |
Koppers übergangen. „Ich lasse keinen Keil zwischen mich und meine | |
Polizeivizepräsidentin treiben“, sagt Henkel, der die Polizisten „meine | |
Beamten“ nennt. | |
„Hervorragende Arbeit“ habe Koppers geleistet, versichert Henkel. Was | |
hätten denn Wolf und die Linksfraktion in zehn Jahren Rot-Rot getan, um | |
Frauen in der Polizei nach vorn zu bringen? „Ein CDU-Innensenator – ich! – | |
war es, der Frau Koppers die Chance gegeben hat, sich zu bewerben.“ Denn er | |
habe darauf verzichtet, in der Ausschreibung für den Präsidentenjob die | |
sonst übliche Erfahrung im Vollzugsdienst zu fordern, die Koppers als | |
Juristin fehlt. | |
Nach etwas mehr als einer Stunde ist der Shoot-out vorbei, hat die | |
Opposition ihre Patronen verschossen. Henkel lehnt sich in seinem Stuhl | |
neben Wowereit zurück. IPhone und Redemappe bleiben jetzt unberührt. Es ist | |
überstanden. Jedenfalls vorerst. | |
22 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
Stefan Alberti | |
## TAGS | |
Henkel | |
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