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# taz.de -- Piraten-Parteitag in Bochum: Flickenteppich mit Lücken
> Die Piraten verabschieden einen Grundsatzkatalog für ihre
> Wirtschaftspolitik. Am Ende bastelt die Partei aus zwei Anträgen eine Art
> Programm.
Bild: Ein Korsar stimmt ab.
BOCHUM taz | Am Anfang geht alles überraschend schnell. Unter 11
Vorschlägen einigen sich die Piraten auf eine Tagesordnung: die Diskussion
zum Wirtschafts-Grundsatzprogramm kommt gleich zu Beginn. Und als jemand
per Geschäftsordnungsantrag versucht, doch noch seinen Lieblingsantrag nach
vorne zu pushen, verlangt einer ein Meinungsbild, ob man solche Anträge in
Zukunft lassen soll. Fast nur gelbe Ja-Karten sind zu sehen.
Zum Parteitag wurden drei ausführliche Anträge erarbeitet, die kontrovers
diskutiert werden. Die Bandbreite der Argumente ist groß. Der eine schimpft
über „neoliberalen Müll“, der nächste betont, dass die einzelnen Punkte …
nicht neoliberal seien. Dem einen sind die Aussagen zu allgemein, dem
nächsten zu speziell. Sie bemängeln „wirtschaftspolitische Beliebigkeit“
oder ein fehlendes „piratiges Alleinstellungsmerkmal“. Viele loben auch
einfach einen Antrag.
Manchen geht es nicht so sehr um den Inhalt als vielmehr um die Form der
Zusammenarbeit. Man müsse für den Antrag stimmen, den nicht eine kleine
Gruppe vorbereitet hat, sondern für den, der einstimmig von gleich mehreren
Partei-AGs verabschiedet wurde. Der erste Antrag wird abgelehnt. Der
zweite, der von der Kleingruppe, hat ebenfalls keine Chance, deshalb wird
nun über jedes Modul einzeln abgestimmt, er wird teilweise angenommen, auch
dem dritten wird zugestimmt.
Nach mehr als vier Stunden Diskussion besteht das Grundsatzprogramm
Wirtschaft der Piraten dann aus zwei Teilen, die nicht aufeinander
abgestimmt sind, ein Flickenteppich mit Lücken. Denn vom einen Antrag fand
der zentrale Abschnitt zum Verhältnis zwischen Wirtschaft und Staat nicht
die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit.
## Keine Festlegung zur staatlichen Regulierung
Es gibt also weiter keine Festlegung, was Piraten von staatlicher
Regulierung halten, von Subventionen und vom europäischen Binnenmarkt. Auch
das Kapitel zu Steuern wurde nicht angenommen. Darin finden sich Positionen
zum Arbeitsmarkt (Vollbeschäftigung kein Ziel) und ein optimistischer Blick
auf die Globalisierung.
Das Programm versucht einen Mittelweg, liberal, aber geregelt, tendenziell
eher mehr Staat als ohne. Die Piraten stimmten gleichzeitig für die
Kurzfassung des Alternativantrags. Dieser fordert mit den Schlagworten
„freiheitlich“, „gerecht“ und „nachhaltig“ eine Wirtschaftsordnung,…
„allen Menschen und der Gemeinschaft“ dienen soll.
Kennzahlen wie Wirtschaftswachstum und Bruttoinlandsprodukt sollen in
Zukunft „nicht mehr alleinige Orientierungsgröße für die Wirtschaftspolitik
sein“. Und das Finanzsystem müsse „dem Menschen und der Realwirtschaft
langfristig dienen. Das passe doch ganz gut zusammen, sagt Laura Dornheim,
die mit drei anderen den nun nicht vollständig angenommenen Antrag
miterarbeitet hat. „Ich bin mehr als zufrieden, dass wir jetzt ein
Grundsatzprogramm haben.“ Und über alles weitere werde man auch mit der
anderen Gruppe reden.
Es könnte aber auch passieren, dass die Piraten das nun verabschiedete
Grundsatzprogramm gar nicht erst in ihre Wahlkampfbroschüren drucken
können. Denn ein Pirat hat schon angekündigt, gegen die Entscheidung
vorzugehen. Er ist verärgert darüber, dass nur 15 Mitglieder zum Antrag
reden durften. Das hat die Versammlung zwar so beschlossen und die
Geschäftsordnung erlaubt das. Es sei aber schlicht nicht fair, sagt der
Pirat, wenn einer nicht reden könne, nur, weil er weiter weg vom Saalmikro
sitzt.
24 Nov 2012
## AUTOREN
Sebastian Erb
Sebastian Erb
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