| # taz.de -- Sondertreffen der Burschenschaften: Rechts schlägt konservativ | |
| > In Stuttgart setzten sich beim Sonderburschentag die rechten | |
| > Burschenschaften durch. Ein „Arier-Antrag“ wurde zwar nicht behandelt, | |
| > der neue Kurs aber ist klar. | |
| Bild: Raucherpause auf dem Sonderburschentag in Stuttgart. | |
| STUTTGART/HAMBURG taz | Hinter verschlossen Türen fielen auf dem | |
| Sonderburschentag in Stuttgart die Entscheidungen. Der erwartete Rechtsruck | |
| des Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“ (DB) wurde vollzogen. „Ich | |
| hatte diese Entwicklung befürchtet, die liberalen Bünde konnten sich nicht | |
| durchsetzen“, sagt Christian Becker von der Initiative „Burschenschaftler | |
| gegen Neonazis“. | |
| Dass der sogenannte „Arier-Antrag" nicht behandelt wurde, ändert nichts an | |
| dem neuen Kurs. Die als ultrakonservativ geltende Wiener akademische | |
| Burschenschaft Teutonia hat für das Geschäftsjahr 2013 den Vorsitz der DB | |
| übernommen. | |
| Der Sonderburschentag begann am Freitag in der Stuttgarter Sängerhalle. Er | |
| war wegen dem seit über eineinhalb Jahren anhaltenden Streit über die | |
| Abstammungsbedingungen für Mitgliedschaften und den Positionsgrenzen zum | |
| Nationalsozialismus nötig geworden. | |
| Vor der Tagung schon sickerte durch, dass sich die konservativen Bünde | |
| nicht gegen die rechten Verbindungen durchsetzen können. Die Presse war auf | |
| dem Treffen gänzlich unerwünscht. | |
| ## Ein Bauernopfer | |
| Unter den etwa 500 angereisten Burschenschaftler der über 100 | |
| DB-Verbindungen fanden sie kaum Mehrheiten. Mehrere Ausschlussanträge gegen | |
| die rechtslastigen Verbindungen „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks | |
| zu Bonn“, „Münchener Burschenschaft Danubia“ und der „Burschenschaft | |
| Dresdensia-Rugia zu Gießen“ scheiterten. Die Anträge wurden erst gar nicht | |
| zur Abstimmung zugelassen. | |
| Bei den „Liberalen“, wie sich die nicht extrem-rechten Bünde selbst | |
| bezeichnen, soll sich schnell Resignation breit gemacht haben. Die | |
| Absetzung des Schriftführers der „Burschenschaftlichen Blätter“ Norbert | |
| Weidner konnte ihre Enttäuschung nicht mildern. „Ein Bauernopfer“ sagt | |
| Becker, um die „liberalen Bünde“ vor einen Austritt abzuhalten. | |
| Auf dem regulären Burschentag 2012 in Eisenach war Norbert Weidner, der | |
| wegen eines Leserbriefs in der Mitgliederzeitung der Raczeks in die Kritik | |
| geraten war, im Amt noch bestätig worden. Im Herbst 2011 hatte Weidner, der | |
| selbst den Raczeks angehört, dort den NS-Widerstandskämpfer und Theologen | |
| Dietrich Bonhoeffer als „Landesverräter“ bezeichnet. Er versuchte | |
| darzulegen, dass dessen Hinrichtung durch die Nazis „rein juristisch“ | |
| gerechtfertigt gewesen sei. | |
| Als neuer Schriftleiter wurde Michael Paulwitz von der „Heidelberger | |
| Burschenschaft Normannia“ bestimmt, sagt Walter Tributsch, Pressereferent | |
| der DB. Seit 2001 schreibt ein Michael Paulwitz für die rechtslastige | |
| „Junge Freiheit“ – auch über die Auseinandersetzungen bei der DB. Die | |
| Kritik an Weidner bezeichnete er im Mai 2012 als eine „Pseudo-Affäre“. Er | |
| behauptete, „linke und linksliberalen Medien“ würden „die | |
| Diffamierungstrommel“ rühren. | |
| ## Spaltung nicht ausgeschlossen | |
| Bereits am Samstagnachmittag war der Sonderparteitag vorbei. Für Tributsch | |
| ein Beweis, dass „entgegen aller Unkenrufe“ die DB Lösungen in „schwieri… | |
| Situationen“ finden könnte und eine Spaltung ausblieb. Er selbst gehört der | |
| Teutonia an, die nun den Vorsitz der DB bildet. | |
| Auf ihrer Facebook-Seite erklärt die Teutonia, sich für das „völkische | |
| Wesen“ einzusetzen. Die Teutonia ist wie die Burschenschaft des neuen | |
| Schriftleiters auch Mitglied bei der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ | |
| (BG). Im aktuellen Jahresbericht stellt der Hamburger Verfassungsschutz zur | |
| BG fest, die Entwicklungen begründeten den Verdacht, „dass dort zum Teil | |
| rechtsextremistische Positionen offensiv vertreten“ werden. | |
| Nicht bloß Christian Becker, den die Raczeks wegen seiner Kritik an deren | |
| Rechtslastigkeit ausschlossen, erwartet die Spaltung. In den kommende | |
| Wochen, so Michael Schmidt von der „Initiative Burschenschaftliche | |
| Zukunft“, der 25 gemäßigte Bünde angehören, dürften bis zu zwanzig | |
| Burschenschaften die DB verlassen – weitere könnte noch folgen. | |
| 25 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| N. Michel | |
| A. Speit | |
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