# taz.de -- Deutsche Burschenschaft: „Arier-Antrag 2.0“ gestellt | |
> In Stuttgart streitet die „Deutsche Burschenschaft“ mal wieder, wie | |
> deutsch ihre Mitglieder sein sollen. Das Ende des gemeinsamen Verbandes | |
> naht. | |
Bild: Ihr seid nur ein Karnevalsverein. | |
BERLIN taz | Der Antrag 15.1 könnte das Ende der 110-jährigen Tradition der | |
„Deutschen Burschenschaft“ (DB) vorantreiben. Die „Burschenschaft Hilarit… | |
Stuttgart“ fordert auf dem „Sonderburschentag“ die Auflösung, denn ein | |
„einheitliches Verständnis der Grundwerte“ sei nicht mehr gegeben. | |
Einen Erfolg des Antrags erwartet Christian Becker von der Initiative | |
„Burschenschaftler gegen Neonazis“ wegen der notwendigen 4/5-Mehrheit aber | |
nicht. „Die Antragsdiskussionen werden jedoch den Zerfallsprozess | |
beschleunigen“, sagt Becker der taz. Nach dem am 25. November endenden | |
Treffen dürfte sich die DB verändert haben, meint auch Jörg Kronauer, Autor | |
kritischer Studien zu den deutschen Burschenschaften. | |
Der „Sonderburschentag“ spiegele die tiefe Zerrissenheit des extrem-rechten | |
Flügels und des konservativen Flügels in der DB wieder, sagt Kronauer. In | |
Stuttgart-Untertürkheim werden ab Freitag in der Sängerhalle an die 400 | |
Burschenschaftler des Dachverbandes von 105 Bünden über ihre Ausrichtung | |
streiten. | |
In der Einladung appellieren die Sprecher der DB, Christoph Basedow, | |
Alexander Czech und Wido Pose an das „Verantwortungsbewusstsein“: „Wir | |
blicken auf eine historische Arbeitstagung“, es gelte „persönliche | |
Animositäten auszublenden“. Seit 2011 ist die DB jedoch nachhaltig | |
zerstritten. Kein Burschentag auf dem abschließend geklärt wurde, wie | |
deutsch ein Burschenschafter sein muss, um DB-Mitglied werden zu können. | |
Die „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ hatte versucht, | |
einen [1][Antrag durchzusetzen], nach dem nur Männer deutscher Abstammung | |
Mitglied werden dürften. Nicht nur sie störte, dass Kai Ming Au bei der | |
„Burschenschaft Hansea zu Mannheim“ mitwirkt. | |
## „Landesverräter“ Dietrich Bonhoeffer | |
Zudem verstimmte konservative Kräfte, dass der Schriftleiter der | |
Burschenschaftlichen Blätter, Norbert Weidner von den „Raczeks“, im Amt | |
bestätigt wurde. Obwohl er den NS-Widerstandskämpfer und Theologen Dietrich | |
Bonhoeffer als „Landesverräter“ bezeichnet hatte und dessen Hinrichtung | |
„rein juristisch“ gerechtfertigt gewesen sei. | |
Enttäuscht verließen viele Burschenschaften vorzeitig den Burschentag 2012. | |
Der jetzige „Sonderburschentag“ wurde damals gleich angekündigt. Die 37 | |
Anträge offenbaren, dass trotz vieler Hintergrundgespräche keine Einigungen | |
erzielt wurden. | |
In Antrag 10.3 werden Forderungen der „Raczeks“ zur Mitgliedsfrage wieder | |
aufgegriffen: „Nur Bewerber, die männliche studierende Deutsche sind, | |
können in eine Burschenschaft der Deutschen Burschenschaft aufgenommen | |
werden. Deutscher ist grundsätzlich, wer sich durch (Sprache, Kultur, | |
gleiches geschichtliches Schicksal und) Abstammung als Deutscher | |
auszeichnet“. | |
## Von den Moderaten überflügelt | |
Bei Bewerbern mit einem nicht-deutschen Elternteil, die aber aus dem | |
europäischen Kulturkreis kämen, wäre eine Einzelprüfung geboten, ob der | |
Bewerber für „den volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff“ eintrete. | |
„Arier-Antrag 2.0“ heißt es bitter bei den Konservativen, die auch | |
enttäuscht, dass eine „moderate“ Burschenschaft den Antrag einbrachte. | |
In Anträgen werden aber auch die Ausschlüsse extrem-rechter | |
Burschenschaften gefordert, wie in 10.13 der Ausschluss der „Raczeks“. Dass | |
diese Anträge durchkommen, glaubt Becker kaum. Ihn selbst schlossen die | |
„Raczeks“ aus, weil er mit seiner Initiative die extrem-rechten | |
Bestrebungen in der DB öffentlich machte. Auch Kronauer erwartet nicht, | |
dass „die Konservativen sich durchsetzen“. | |
An die 30 konservative Bünde könnten aber gehen. Sollte das passieren, dann | |
bekäme die DB Finanzprobleme. Von den rund 200.000 Euro Jahreseinnahmen | |
kommen rund 80.000 von nicht extrem-rechten Bünden. Walter Tributsch, | |
Pressereferent der DB, gibt sich indes betont gelassen: „Eine ordentliche | |
Diskussion, eine deutliche Aussprache, wird es geben“. Aber „keine | |
Austritte“. Becker sieht das anders. „Ab Sonntag könnten alleine die | |
Rechtsaußen die DB bilden.“ | |
23 Nov 2012 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
Andreas Speit | |
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