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# taz.de -- Urteil zu Burschenschaften: Rechtsextremer bleibt Rechtsextremer
> „Zulässige Meinung“: Das Landgericht Bonn entscheidet, dass der
> Chefredakteur der „Burschenschaftlichen Blätter“ als Kopf einer
> rechtsextremen Bewegung bezeichnet werden darf.
Bild: Christian J. Becker vor dem Prozessauftakt am Mittwoch (04.07.2012) im La…
HAMBURG taz | Früher hätten Burschenschaftler einen solchen Streit
vermutlich mit einem Duell geklärt. Später waren es dann zumeist
verbandsinterne Gremien. Am Mittwoch aber hat das Landgericht Bonn
entschieden, dass Christian J. Becker seinen Verbandsbruder Norbert
Weidner, beide Mitglieder in der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks
zu Bonn, als „höchstwahrscheinlich einer der Köpfe der rechtsextremen
Bewegung“ bezeichnen darf, die aus Burschenschaften, NPD und
Kameradschaften bestehe.
„Das ist ein erster Etappenerfolg in der Tour gegen rechtsextreme
Burschenschaftler“, sagte Becker, Mitinitiator der Initiative
Burschenschafter gegen Neonazis, der taz. In der Begründung legten die
Bonner Richter dar, dass Beckers Zuschreibung zu Weidner, Chefredakteur der
einflussreichen Burschenschaftliche Blätter, eine „zulässige
Meinungsäußerung“ sei. Das Gericht entschied zudem, dass Becker weiterhin
sagen darf, dass Weidner mit Kartellburschenschaften die Gründung einer
rechtsextremen Studentenpartei nach dem Vorbild des österreichischen Ring
Freiheitlicher Studenten anstrebe. Er darf allerdings nicht mehr behaupten,
Weidner hätte eine E-Mail vom ihm gehackt.
„Dies kann ich verschmerzen“, sagte Becker. Entscheidend sei vielmehr, dass
„erstmals ein Burschenschaftler per Gerichtsbeschluss wegen rechtsextremer
Tendenzen“ ausgemacht wurde. In der 200-jährigen Geschichte der
Burschenschaften sei das Urteil ein Meilenstein, so Becker. „Wer sich wie
Herr Weidner über Jahre entsprechend positioniert, der muss mit auch
zuweilen heftiger Kritik leben“, sagt Beckers Anwalt Ali Özkan und betont:
„Anders als Herr Weidner selbst, hat das Gericht die politische Dimension
des Prozesses erkannt.“
## Massiver Nachhall
In der Deutschen Burschenschaft, in der über 120 Burschenschaften vereint
sind, dürfte die Entscheidung massiv nachhallen. Schon beim Burschentag
2012 im Juni in Eisenach führten Weidners Positionen zu starken
Verstimmungen. Hatte er doch in der Mitgliederzeitung der „Raczeks“
dargelegt, dass die Hinrichtung des Nazi-Widerstandskämpfers und Theologen
Dietrich Bonhoeffer „rein juristisch gerechtfertigt“ und Bonhoeffer
„zweifelsfrei ein Landesverräter“ gewesen sei. Fast 600 Burschenschaftler
hatten Weidner in einem Aufruf kritisiert, ein Misstrauensantrag gegen den
Chefredakteur der Burschen-Blätter lag vor. Die Mehrheit bestätigte damals
aber Weidner im Amt, die Minderheit verließ die Versammlung.
Ein Pyrrhussieg befürchtete selbst die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit.
Denn mit der Bestätigung könnte die Deutsche Burschenschaft weiter
gespalten wurden sein. Liberalere Burschenschaften suchen auch längst die
Distanz zu dem Dachverband. Mit dem Urteil gegen Weidner hofft dessen
Gegner Becker, die Kritik am Rechtstrend weiter forcieren zu können.
Das Urteil ist denn auch mehr als eine persönliche Niederlage. „Wir warten
die schriftliche Begründung ab“, antwortet Weidner auf die Frage der taz,
ob er Rechtsmittel einlegen will. Bei der Deutschen Burschenschaft ist man
auch zurückhaltend. Pressesprecher Walter Tributsch sagt nur, dass vom 23.
bis 26. November in Stuttgart ein außerordentlicher Burschentag stattfinden
soll. Ob dort die Personalie Weidner neu verhandelt wird, ließ er offen.
12 Jul 2012
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Burschenschaft
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