# taz.de -- Streit zwischen Burschenschaftlern: Männerbündler vor Gericht | |
> Wie rechtsextrem sind Burschenschaften? Darf behauptet werden, | |
> Widerstandskämpfer Bonhoeffer war ein Landesverräter? Jetzt entscheidet | |
> die Justiz. | |
Bild: Einzelne Burschenschaften verließen das Treffen in Eisenach vorzeitig. | |
HAMBURG taz | Schon auf dem Burschentag im Juni in Eisenach war der Streit | |
da. Jetzt wird er im Gerichtssaal fortgeführt. Nichts anderes hatte | |
Christian Becker, Mitglied der „Initiative Burschenschafter gegen | |
Neonazis“, allerdings erwartet. | |
Am 4. Juli will Norbert Weidner, Chefredakteur der Burschenschaftlichen | |
Blätter, vor dem Landgericht Bonn erwirken, dass Becker ihn nicht mehr als | |
„höchstwahrscheinlich einen der Köpfe der rechtsextremen Bewegung“ | |
bezeichnen darf, „die aus Burschenschaften, NPD und Kameradschaften | |
besteht“. | |
Schon vor dem Burschentag der „Deutschen Burschenschaft“ (DB) ließ Weidner | |
Becker eine Unterlassungserklärung zukommen. Pikant: Beide sind Mitglieder | |
in der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ (Raczeks). | |
Ganz gezielt hatte die Initiative vor dem Burschentag eine öffentliche | |
Debatte um den Rechtstrend der DB befeuert. „Wir haben viel zu lange zu den | |
Rechtsextremen in unseren Reihen geschwiegen“, sagt Becker. | |
Der Hamburger bestreitet auch nicht, in einer Mail an 70 Raczeks, Weidner | |
als einen der Köpfe dieses Netzwerkes ausgemacht zu haben. | |
## „Vollkommener Unsinn“ | |
Dieser Vorwurf sei „vollkommener Unsinn“, sagt hingegen Weidner. 1995 hätte | |
er sich von der rechtextremen Szene gelöst. Er will auch den Vorwurf, sich | |
für eine rechtsextreme Partei aus dem burschenschaftlichen Milieu | |
starkzumachen, nicht stehen lassen. In einem Artikel habe er lediglich „den | |
Stand der aktuellen Diskussion“ wiedergegeben. | |
Den Burschentag hatte ein ganz anderer Text von Weidner mehr als belastet. | |
In der Mitgliederzeitung der Raczeks legte er dar, dass die Hinrichtung des | |
Nazi-Widerstandskämpfers und Theologen Dietrich Bonhoeffer „rein juristisch | |
gerechtfertigt“ und Bonhoeffer „zweifelsfrei ein Landesverräter“ gewesen | |
sei. | |
Fast 600 Burschenschafter hatten Weidner in einem Aufruf kritisiert, ein | |
Misstrauensantrag lag vor. Ohne Erfolg: Auf dem Burschentag wurde Weidner | |
im Amt bestätigt. Die Folge: Für den DB-Vorstand kandidierte kein liberaler | |
Burschenschaftler, [1][einzelne Burschenschaften verließen Eisenach, der | |
„Tag“ endete vorzeitig.] | |
Vor dem Gericht geht es für Becker um viel. 250.000 Euro Ordnungsgeld hat | |
Weidners Anwalt Björn Clemens beantragt – oder „Ordnungshaft“. | |
## Abhörungstermin | |
Sein Anwalt sei ein „versierter Mann“, ließ Weidner seine Bundesbrüder | |
wissen. Nicht ohne zu betonen, dass Clemens Vizechef der „Republikaner“ | |
war. Er hätte damit keine Probleme. | |
Aber er hielte es für falsch, ihn für den Bund auftreten zu lassen, heißt | |
es in einer Mail, die der taz vorliegt. Bis heute bewegt sich Clemens in | |
der rechtsextremen Szene. | |
„Ich wusste, worauf ich mich einlasse“, so Becker. Weidner erwartet bereits | |
ein Verfahren – wegen seiner Äußerungen zu Bonhoeffer. Die Ermittlungen | |
laufen, bestätigt die Staatsanwaltschaft Bonn. | |
Unterdessen hat Becker eine Einladung seiner Burschenschaft bekommen: einen | |
Anhörungstermin. Die Raczeks wollen ihn ausschließen. Weidner aber darf | |
bleiben. | |
1 Jul 2012 | |
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[1] /Eklat-beim-Burschentag-2012/!94540/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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