| # taz.de -- Burschenschaftler konferieren: Harmonie rechtsgestrickt | |
| > In „neuer Harmonie“ treffen sich die Burschenschaften in Eisenach. Warum | |
| > so friedlich? Die liberalen Verbände haben das Bündnis verlassen. | |
| Bild: Mit Fackeln gen Eisenach wie jedes Jahr: Burschenschaftstag 2012. | |
| EISENACH taz | Freunde werden sie nicht. In Eisenach begrüßt | |
| Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) den Burschentag der „Deutschen | |
| Burschenschaft" (DB) nicht. „Ich mache kein Hehl daraus, dass der | |
| Burschentag bei mir keine Glücksgefühle auslöst“. In der DB wurde auch | |
| schon besorgt „dieses Weib“, das angetreten sei, ihnen „politisch die Hos… | |
| auszuziehen“ betrachtet. Doch die bestehenden Mietverträge für die | |
| Tagungshalle konnte die Verwaltung nicht vorzeitig kündigen. Seit | |
| Donnerstag findet in der thüringischen Stadt das Jahrestreffen statt – mit | |
| traditionellen Fackelmarsch und schmissiger Rede. | |
| Am Samstag wird in der Werner-Aßmann-Halle auf dem Festkommers Hans-Helmuth | |
| Knütter sprechen. „Ein deutliches Bekenntnis zur politischen Ausrichtung“, | |
| sagt Christian J. Becker von der Initiative „Burschenschaftler gegen | |
| Neonazis“. Seit Jahrzehnten kennt Knütter, ein emeritierter Professor für | |
| Politik, die wahren Feinde der Demokratie, die „wirren Gefühlssozialisten, | |
| kriminellen Antifaschisten“ und „gewaltbereiten Autonomen“. | |
| Über diese „Feinde des deutschen Volkes“ spricht er gerne, denn die Gefahr | |
| von Rechtsextremen läge „nur in den Vorstellungen ihrer Gegner“. Schon der | |
| Titel der Rede „Auf dem Weg in eine andere Demokratie – Vom Rechtsstaat zum | |
| Linksstaat: Was wir tun sollten“ offenbart: Knütter bleibt sich treu. Der | |
| Politologe referierte auch schon bei der „Gesellschaft für freie | |
| Publizistik“, die selbst der Verfassungsschutz als „größten | |
| rechtsextremistische Kulturvereinigung“ bezeichnet. | |
| ## Gegen die Umvolkung | |
| Die Rede mit der Frage „was eine patriotische, eine rechte Bewegung“ machen | |
| sollte, will Knütter so auch als „Appell zum praktischen Handeln“ | |
| verstanden wissen. Dem „hedonistischen Mainstream“ , der | |
| „antifaschistischen Vergangenheitsbewältigung“, der „Umerziehung und | |
| Umvolkung“ müsse entgegen getreten werden. Geld solle gesammelt, die Justiz | |
| mobilisiert, die Öffentlichkeitsarbeit verbessert und das Selbstbewusstsein | |
| stabilisiert werden, so Knütter weiter. Er betreibt das Internetportal | |
| „links-enttarnen“. | |
| „Heraus aus der Defensive“ wird er laut Redeskript den Burschenschaftlern | |
| unter Ausschluss der Medien zurufen. Schon 1997 forderte er auf dem | |
| Burschentag: „Gehen Sie offensiv gegen die Feinde der Burschenschaft vor | |
| (...) Fünf Finger sind keine Faust – schließen Sie sich zur Faust | |
| zusammen“. | |
| In diesem Jahr wird das Publikum eher klein sein. Der Zuspruch aber wohl | |
| umso deutlicher. Auf dem Sonderburschentag in Stuttgart im November 2012 | |
| konnten sich die rechtslastigeren Burschenschaften des Dachverbandes (DB) | |
| durchsetzen. Von einst 120 studentische Verbindungen sind jetzt etwa 75 | |
| aktive Burschenschaften in der DB, sagt Jörn Kronauer, Autor kritischer | |
| Studien zu den deutschen Burschenschaften. Ein Antrag dazu, wie deutsch ein | |
| Mitglied einer Burschenschaft bei der DB seien muss, befeuerte die | |
| Auseinandersetzung. | |
| ## „Ariernachweis" und Pflichtmensur | |
| Nicht nur die Redner, so Kronauer, auch die Anträge bestätigten: die DB ist | |
| auf dem Weg nach rechts außen. Erneut soll ein „Ariernachweis“-Antrag, wie | |
| die Presse die Anträge zur Mitgliedschaft betitelt, verhandelt werden. | |
| Die „Einführung der Pflichtmensur“ liegt zudem als Antrag vor, wie auch ein | |
| Antrag, der sich gegen „Antigermanismus und Deutschenfeindlichkeit“ | |
| einzusetzt, ebenso einer, der die „Gleichbehandlung von allen Parteien“ | |
| fordert. Die antragsstellende „Hamburger Burschenschaft Germania“ gemeindet | |
| so die NPD mit ein. Die Hamburger forderten auch ein Kontaktverbot zu der | |
| Initiative von Becker, der am Freitag bereits angenommen wurde. „Das ehrt | |
| mich, ein Ritterschlag“, sagt Christian J. Becker, der von seinen | |
| Bundesbrüdern wegen seiner Kritik schon längst aus der „Alten Breslauer | |
| Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ ausschlossen wurde. | |
| Bei der Hamburger Germania referierte Knütter zuletzt 2002. Er selbst hatte | |
| den Holocaust-Leugner David Irving wiederum als Referent eingeladen. Seit | |
| dem letztjährigen Sonderburschentag soll die DB rund 4000 Mitlieder | |
| verloren haben. „Der harte extrem rechte Kern“, sagt Kronauer „ist | |
| geblieben“. Ein politische Konsolidierung, so der Experte, die die | |
| Hartliner erfreut, aber ihnen strukturelle Problem bereitet. Becker sagt, | |
| dass vor den Austritten rund 80.000 Euro der etwa 200.000 Euro | |
| Jahrseinahmen von den nicht extrem-rechten Bünden gekommen wären. Der | |
| DB-Pressesprecher, Walter Tributsch, wollte schon 2012 beschwichtigen: | |
| Finanzprobleme bestünden nicht. | |
| Am zweiten Tag des Jahrestreffen wurden auch zwei neue Burschenschaften in | |
| die DB aufgenommen. Nach den Austritten einer Reihe von Burschenschaften, | |
| sagt DB-Sprecher Burkhardt Mötz, „ist eine kleine Trendwende in Sicht“, | |
| eine „neue Harmonie“ sei nun gefunden. Becker und Kronau glauben das gern: | |
| „Die Rechten“ seien ja nun auch weitgehend „unter sich“. | |
| 25 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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