# taz.de -- Anklage gegen Beate Zschäpe: Wird sie weiter schweigen? | |
> Die mutmaßliche NSU-Terroristin Zschäpe hatte offenbar vor ihre Anwälte | |
> zu entlassen und auszusagen. Diese arbeiten immer noch für sie und raten | |
> ihr, zu schweigen. | |
Bild: Gibt sich bisher verschlossen: Beate Zschäpe. | |
BERLIN taz | Eineinhalb Tage dauerte der Ausflug von Beate Zschäpe Ende | |
Juni. Der Bundesgerichtshof hatte der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin | |
erlaubt, vom Gefängnis in Köln-Ossendorf in ein Gefängnis im thüringischen | |
Gera gebracht zu werden. Dort durfte Zschäpe zwei Stunden lang mit ihrer | |
Mutter und ihrer bald 90-jährigen Großmutter sprechen, durch eine | |
Trennscheibe hindurch. | |
Unterwegs redete die an Händen und Füßen gefesselte Zschäpe mit den | |
Kriminalbeamten über allerlei Belanglosigkeiten, wie das Bundeskriminalamt | |
(BKA) in einem zwölfseitigen Vermerk festhielt: Zigaretten mit | |
Mentholaroma, „Deutschland sucht den Superstar“, Thüringer Bratwürste. | |
Doch dann sagte Zschäpe etwas Bemerkenswertes: Sie habe sich im November | |
2011 gestellt, um auch auszusagen. Einen ähnlichen Satz hatte sie schon im | |
Herbst gegenüber einer Polizistin fallen lassen. Nun bekräftigte sie ihn | |
laut dem BKA-Vermerk mit den Worten: Ihre Aussage werde „in jedem Fall | |
umfangreich und vollständig werden“, da sie „niemand sei, der nicht zu | |
seinen Taten stehe“. Was genau sie damit meinte, ließ sie offen. | |
Ihr Rechtsbeistand habe ihr aber bisher davon abgeraten auszupacken, sagte | |
Zschäpe laut dem BKA-Vermerk weiter. Sie denke jedoch schon länger darüber | |
nach, sich von jemand anderem verteidigen zu lassen. Zum damaligen | |
Zeitpunkt wurde Zschäpe von zwei Anwälten vertreten, Wolfgang Heer und | |
Wolfgang Stahl. | |
Gebrochen hat Zschäpe ihr Schweigen seitdem freilich nicht. Und auch ihren | |
Verteidigern Heer und Stahl hat sie nicht das Mandat entzogen. Allerdings | |
hat sie im August, kurz nach dem Ausflug ins Gefängnis in Gera, eine | |
weitere Anwältin dazubekommen, die Berliner Strafverteidigerin Anja Sturm. | |
Aus einem mehrmonatigen Islamistenprozess kennt diese das Münchner | |
Oberlandesgericht, vor dem Zschäpe vor zweieinhalb Wochen angeklagt wurde, | |
sehr gut, ebenso den mitunter schwer zu berechnenden Vorsitzenden Richter | |
des dortigen Staatsschutzsenats, Manfred Götzl. | |
## „Sie vertraut uns“ | |
Auch Sturm empfiehlt der mutmaßlichen Terroristin Zschäpe zu schweigen. | |
„Wir raten unserer Mandantin, sich gegenwärtig nicht zu äußern“, teilte … | |
der taz mit. Dies entspreche auch Zschäpes Willen, der BKA-Vermerk sei | |
inzwischen mehrere Monate alt. „Sie vertraut uns“, so Rechtsanwältin Sturm. | |
In der Tat scheint es momentan ratsam für Zschäpe, nichts zu den Vorwürfen | |
zu sagen. Denn bisher hat das Oberlandesgericht München noch nicht mal die | |
weitreichende Anklage der Bundesanwaltschaft gegen Zschäpe und vier | |
mutmaßliche Helfer des NSU zugelassen. Formal gilt Zschäpe damit derzeit | |
noch als „Angeschuldigte“. | |
Dennoch lassen die Äußerungen von Zschäpe die Hoffnung zu, dass sie im | |
Verlauf des vermutlich im Frühjahr 2013 beginnenden Prozesses ihr Schweigen | |
bricht und aussagt – aus welchen Gründen auch immer. Sie würde gerne ihrer | |
Oma erklären, „warum es so gekommen sei und sich entschuldigen“, heißt es | |
im Vermerk des BKA. | |
In ihrer 488 Seiten starken Anklageschrift wirft die Bundesanwaltschaft | |
Beate Zschäpe nicht nur Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung | |
vor, sondern auch Mittäterin bei den zehn Morden des | |
Nationalsozialistischen Untergrunds gewesen zu sein. Ihr droht lebenslange | |
Haft, womöglich sogar zusätzliche Sicherungsverwahrung. | |
26 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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