# taz.de -- Christdemokraten in Hamburg: Aus CDU wird GDU | |
> Der Hamburger Chef der Christdemokraten, Marcus Weinberg, möchte mit den | |
> Grünen regieren. Seine Partei soll aber nicht „vergrünen“. | |
Bild: Ein grüner Anstrich kann nicht schaden. Das findet zumindest Hamburgs CD… | |
HAMBUG taz | Marcus Weinberg wählt gern Metaphern aus der Welt des | |
Fußballs: „Wir müssen auch mal auswärts punkten, nur Heimsiege reichen | |
nicht zum Erfolg.“ Dabei deutet der Hamburger CDU-Chef auf sein 13-seitiges | |
Thesenpapier, das er mit seinem Frankfurter Parteifreund Matthias Zimmer | |
verfasst hat. Der Titel – „Die CDU in der Großstadt“ – verrät, dass s… | |
beide einer vom Aussterben bedrohten Spezies gewidmet haben. | |
Die Metropole als Auswärtsspiel für die CDU – die Ergebnisse der letzten | |
Wahlen in Stuttgart, Hamburg oder Bremen belegen diese These. Und um auch | |
hier öfter zu punkten, wollen Weinberg und Zimmer der Partei mit dem C und | |
der ländlich geprägten und überalterten Wählerschaft einen frischen, | |
modernen Anstrich verpassen. | |
Der Trick ist, glaubt man Weinberg, ganz einfach. Man nähme das Altbewährte | |
und ergänze es durch das Neue. Also nicht Herdprämie oder Kita-Ausbau, | |
sondern einfach beides und so hat Weinberg konsequenterweise im Bundestag | |
auch für das Betreuungsgeld gestimmt. | |
„Nicht nur traditionelle Familienpolitik“, so Weinberg, sondern auch | |
rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben, nicht nur breitere | |
Straßen für mehr Wirtschaftsverkehr, sondern auch Elektromobilität – die | |
CDU als Gemischtwarenladen, in der sowohl der Dithmarscher Landwirt wie der | |
Hamburger Werber schon was im Sortiment finden wird. | |
## Große Koalition ist unsexy | |
Konflikte etwa zwischen Innerer Sicherheit und Bürgerrechten, Straßenbau | |
und Ökomobilität oder gar gesellschaftliche Verteilungskämpfe, die der | |
Staat regulieren müsste – all das gibt es bei Weinberg und Zimmer nicht. | |
Die Idee ist dem schwarz-grünen Modell abgeschaut, das in Hamburg fast drei | |
Jahre lang regierte. | |
Die CDU agierte auf ihren Kernkompetenzfeldern Innere Sicherheit, | |
Wirtschaft und Finanzen, die Grünen durften sich in den Bereichen austoben, | |
die ihren WählerInnen wichtig sind: Umwelt, Bildung und Bürgerrechte im | |
Bereich Justiz. Und wäre Ole von Beust nicht amtsmüde und die vereinbarte | |
Schulreform beim Wähler ein Flop gewesen, dann könnte – glaubt man Weinberg | |
– die schwarz-grüne Ehe noch glücklich vereint auf der Regierungsbank | |
sitzen. | |
Überhaupt die Grünen. Denen wolle man „nicht hinterherrennen“, sondern sie | |
einfach mal überholen, um dann ihre Themen „von vorne zu besetzen“. Eigene | |
Lösungen auf grünen Themenfeldern, auch hier einfach mal auswärts punkten | |
und dann mit profilscharfen CDU-Antworten auf grüne Fragen | |
„Bündnisfähigkeit durch Abgrenzung“ schaffen – irgendwie so stellt sich | |
Weinberg den Umgang mit dem Mitbewerber vor. | |
Große Koalition ist unsexy, schwarz-gelb derzeit kein Erfolgsmodell. Das | |
Bündnis mit den Grünen bleibt deshalb eine Machtoption, die nicht | |
vernachlässigt werden darf – ohne selbst „zu vergrünen“, wie Weinberg | |
betont. | |
## Reif für einen Weinberg? | |
Die Frage, wie er seine Partei auf urbanen Kurs bringen kann, weiß Weinberg | |
nicht zu beantworten. Gerade hat der Modernisierer in Hamburg den Kampf um | |
die innerparteiliche Frauenquote mit Pauken und Trompeten und damit auch | |
die Aussicht verloren, dass es in der 28-köpfigen Bürgerschaftsfraktion der | |
Hamburger CDU demnächst mehr als vier Frauen geben könnte. Die Frage | |
lautet: Ist die Partei noch nicht reif für einen Weinberg oder ist dieser | |
Weinberg seiner Partei einfach zu wischiwaschi? | |
Derzeit wird das Weinberg-Konzept mit Parteifreunden aus den anderen | |
Metropolen diskutiert. Wie es dann mit ihm weitergeht, steht in den | |
Sternen. „Wir können Großstadt“ glaubt Weinberg, weiß aber, dass der Wä… | |
davon noch nichts ahnt. Als er neulich beim FC St. Pauli am Millerntor war, | |
habe er sich die Frage gestellt, wer hier „würde uns wählen“. Und die Mim… | |
Weinbergs verrät, dass die Antwort die er sich selbst gab, ernüchternd | |
ausgefallen sein muss. | |
27 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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