Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Eurokrise: Die Macht der Zeit
> Europäische Parlamente verlieren seit Beginn der Eurokrise zunehmend an
> Macht. Was taugt ein Parlament, das nicht entscheidungsfähig ist?
Vor aller Augen vollzieht sich seit der Lehman-Pleite eine fundamentale
Machtverschiebung. Die Parlamente verkommen zu gut geölten
Abstimmungsmaschinen, während die Entscheidungskompetenz in immer kleinere,
exklusive Gremien mit fragwürdiger demokratischer Legitimation auswandert.
Immer muss es in den Parlamenten ganz schnell gehen, weil Märkte nervös
werden oder Sachzwänge dies leider erfordern.
Beim Griechenland-Paket ist das, wie bei der Bankenrettung und ESM, wieder
so. Schon am Freitag soll der Bundestag alles durchgewunken haben. So wird
es wohl kommen. SPD und Grüne opponieren sowieso nur halbherzig. Denn die
Regierung tut nun ja, was Rot-Grün schon lange will: Die Zinszwinge für
Athen wird etwas gelockert. So handeln SPD und Grüne wie immer: Eigentlich
sind sie dagegen, aber in jeder Abstimmung dafür. Rot-Grün hat sich in
dieser Zwickmühle häuslich eingerichtet.
Nüchtern machtpraktisch kann man fragen, ob es nicht egal ist, ob der
Bundestag in Windeseile oder eine Woche später dem Plan der Troika
zustimmt. Das Ergebnis ist so oder so das Gleiche. Was spricht also gegen
das Tempo? Der Bundestag wird zur Bühne einer Farce, wenn ein paar hundert
Abgeordnete mit Ja stimmen, aber nur ein Bruchteil begreift, worum es geht.
Dass Parlamentarier 130 Seiten komplizierte Vertragsmaterie in 48 Stunden
verstehen, ist schlicht zu viel verlangt. Und das sollen sie ja auch gar
nicht. Sie sollen nur den reibungslosen Ablauf nicht stören.
Bei der Bankenrettung gab es Situationen, in denen schnelles Handeln
zwingend war, um mit Garantien Schlimmeres zu verhindern. Was damals zur
Ausnahme erklärt wurde, ist Routine geworden. Die Zeit drängt immer – und
die Regierung weiß, dass das Parlament pariert.
Ein Parlament, das sich derart gebrauchen lässt, verliert Macht,
Selbstbewusstsein, Ansehen. Was taugt ein Parlament, das unfähig ist, über
fundamentale Fragen zu entscheiden?
28 Nov 2012
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Eurokrise
Griechenland
Bundestag
Eurokrise
EU
Bundestag
Griechenland
Bundestag
## ARTIKEL ZUM THEMA
Eurokolumne: Leben im Paralleluniversum
Die Sparpolitik der EU geht immer weiter. EU-Politiker sehen bereits erste
Erfolge. Leben sie eigentich noch im selben Universum?
Kommentar EU-Reformpläne: Riskante Kapitulation
EU-Ratspräsident plant verbindliche Verträge, in denen sich die
Mitgliedsstaaten zu Reformen verpflichten. Eine Lösung der Krise wird damit
verhindert.
Rettungspaket für Griechenland: Helfen will wohlüberlegt sein
Die Parlamentarier erkämpfen sich etwas mehr Zeit, um über die von den
EU-Finanzministern beschlossenen neuen Griechenland-Hilfen zu beraten.
Milliardenhilfen für Griechenland: Paket für Athen
Die internationalen Geldgeber setzen die Griechenland-Hilfe fort.
Gestundete Zinsen oder längere Kreditlaufzeiten sollen helfen, das
Krisenland wieder auf Kurs zu bringen.
Haushaltsdebatte im Bundestag: Berlin liegt in Griechenland
Die Kanzlerin lässt ihre Regierung im Rededuell mit Steinbrück gut aussehen
– er sie schlecht. Das Ritual wird überschattet vom Streit über weitere
Hilfen für Athen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.