Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Rückkehr der Rampensau
> Gibt es ein Leben nach der Politik, Walter Döring? Ein Anruf bei einem
> ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten.
Bild: Walter Döring auf dem Landesparteitag der FDP im November 2012.
Dr. Walter Döring war ein Gymnasiallehrer aus Schwäbisch Hall, der in der
Politik ganz groß herauskam. Landesvorsitzender und stellvertretender
Bundesvorsitzender der FDP. Acht Jahre Wirtschaftsminister und
Vizeministerpräsident von Baden-Württemberg.
Er war der Inbegriff des „Wirtschaftsliberalen“. Die Wirtschaft liebte ihn.
In Stuttgart hieß er nur „Mister FDP“, und das war nicht übertrieben. Eine
„schillernde Persönlichkeit“ nannten sie ihn auch. 2004 stürzte er über
eine Parteispendenaffäre. An deren Ende war er auch noch vorbestraft. Das
war es mit der Politik.
Das heißt: Nicht ganz. Vorvergangenen Samstag ritt er überraschend beim
Landesparteitag ein, um seiner Nachfolgerin Birgit Homburger per
Kampfkandidatur den Spitzenlistenplatz für die nächste Bundestagswahl
abzujagen.
Gibt es ein Leben nach der Politik? Oder ist die Sehnsucht, weiter
mitzuspielen und bedeutend zu sein, ab einem gewissen Rang – aber dann
längst nicht nur in der Politik – zu groß? Und schmeckt, was sonst kommt,
deshalb schal?
Ich erwische Walter Döring im Auto auf dem Weg zu einem Geschäftstermin.
„Ja, es gibt ein Leben nach der Politik“, sagt er in seine
Freisprechanlage. In seinem Fall sei es sogar ein „sehr gutes“. Sein
polizeiliches Führungszeugnis sei wieder „blitzsauber“, er habe „mehr als
genug zu tun“, es gehe ihm wirtschaftlich sehr gut – und sonst auch.
Allerdings, das gibt er zu, habe es lange gedauert, „bis ich den berühmten
Schalter gefunden hatte“. Der sei nämlich gar nicht leicht zu finden, wenn
man der wichtigste Mann seiner Partei war und der zweitwichtigste im ganzen
Land.
Er trauerte, er haderte, er fühlte sich ungerecht behandelt, er dachte, er
könne es besser als seine Nachfolger. Erst nach drei Jahren ließ der
Schmerz nach. Ab da konnte er die guten Seiten fühlen, von dem, was ihm
fehlte. Vor allem, dass er nicht mehr fremdbestimmt sei, obwohl er
weiterhin eine Sechs-Sieben-Tage-Woche habe. Er macht jetzt „Dr. Walter
Döring-Consulting“ und wirbt mit seinen „exzellenten Kontakten in die
nationale und internationale Politik und Wirtschaft“.
## „Ich stehe hier und kann net anders“
Aber dann kam das Jucken zurück. Da war der Zustand der Partei im Bund und
vor allem im Land, wo man 2011 ein historisch schlechtes Ergebnis
verbuchte, (5,3 Prozent), da war die anhaltende Kritik an Landeschefin
Homburger, da waren Leute in der Partei, die ihn baten, zurückzukommen, da
war der Glaube, dass er der Retter sei. Außerdem ist Politik keine
Krankheit. Ein politischer Mensch will sich einmischen. Es ging dann
richtig ab bei der Landesvertreterversammlung in Villingen. Er spürte den
Adrenalinschub, als er ans Rednerpult trat. „Ich stehe hier und kann net
anders“, sagte er. Er mag die „Rampensau“ in sich. Und er ließ sie raus.
Es war eine furiose Rede, in der er einen Rahmen skizzierte, in dem die FDP
wieder bei 8 oder 9 Prozent landen könne. Und in der er die „lahme“
Landes-CDU zum Hauptgegner erklärte, den man „frontal angehen“ müsse. Dann
sagte er noch, dass er nicht antreten würde, wenn Entwicklungshilfeminister
Dirk Niebel für Listenplatz 1 statt für 2 kandidierte. Tja: Homburger und
Niebel tauschten dann tatsächlich die Plätze, und das war es dann für
Döring.
Hinterher stand er da und dachte: „Herrschaftszeiten“. Und einen Moment:
„Hättest du das doch durchgezogen.“ Aber dann kam seine Frau, und er sagte
zu ihr: „Na gut, ziehen wir weiter.“ Dann ließ er los.
30 Nov 2012
## AUTOREN
Peter Unfried
## TAGS
FDP
Öko
Energiewende
Schwerpunkt Klimawandel
Grüne
CDU
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Die eine Frage: Ein Verzicht-Öko für Leipzig
Warum sollte der Ostler einen grünen Postwachstums- Kandidaten als OB
wählen? Eine Frage an den Leipziger Grünen Felix Ekardt.
Kolumne Die eine Frage: Grüne ohne Umweltminister
Eine grundsätzliche Frage zur Bundestagswahl 2013: Warum interessiert eine
Ökopartei die Energiewende nicht?
Kolumne Die eine Frage: Danke, Deichkind!
Warum ist Kinderarbeit leider geil, Sebastian Dürre? Anruf bei einem
Hamburger Post-HipHopper. Und die Erkenntnis: Nichts ist nur weiß. Alles
ist immer auch schwarz.
Kolumne Die eine Frage: Claudia Roths Kindsvater
Urwaldshow oder Urwahlshow? Ein Anruf beim Grünenpolitiker Werner Winkler,
der sich in einer Reihe sieht mit Obama und Özdemir.
Kolumne Die eine Frage: Eine Splitterpartei namens CDU
Veraltetes Lebensgefühl, Herr Jung? Anruf beim baden-württembergischen
CDU-Bundestagsabgeordneten.
Kolumne Die eine Frage: Mit ganzem Gewicht
Sind Sie dick und ist das auch gut so, Herr Altmaier? Eine Beobachtung
unseres Bundesumweltministers.
Kolumne Die eine Frage: Tote Kinder? Du bist schuld!
Die desillusionierte Klimaschützerin Claudia Langer klagt in ihrem Buch die
grüne Community für ihren Zynismus an. „Notwehr“, sagt sie am Telefon.
Kolumne Die eine Frage: Sex? Ha, ha, ha!
Lachen Sie beim Sex, Eckart von Hirschhausen? Ein Anruf bei Deutschlands
erfolgreichstem Schriftsteller.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.