# taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Ein Verzicht-Öko für Leipzig | |
> Warum sollte der Ostler einen grünen Postwachstums- Kandidaten als OB | |
> wählen? Eine Frage an den Leipziger Grünen Felix Ekardt. | |
Bild: Das Leipziger Rathaus. Wer wird neuer Oberbürgermeister? | |
Felix Ekardt wird nicht der Fritz Kuhn von Leipzig. Nach 9,8 Prozent im | |
ersten Wahlgang wird der grüne Kandidat am 17. Februar in der Stichwahl | |
ziemlich sicher nicht zum Oberbürgermeister gewählt. Will er auch nicht | |
unbedingt. Während Kuhn in Stuttgart für seinen beliebten Evergreen „Mit | |
grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben“ gewählt wurde, tritt Ekardt als | |
Postwachstumskandidat an. | |
Postwachstum geht davon aus, dass es ökologisch nachhaltiges Wachstum nicht | |
dauerhaft geben kann und setzt als Mittel der Klima- und | |
Energie-Krisenbewältigung auf Konsum- und Wirtschaftsschrumpfung. | |
Diese Position halten schon die meisten Grünen im Kopf nicht aus, so was | |
Verrücktes hätten selbst die modernen Schwaben nicht ins | |
Ministerpräsidentenamt und Rathaus gewählt. Warum sollte der gemeine, mäßig | |
politikinteressierte Leipziger einen Verzicht-Öko wählen, wo er doch | |
Jahrzehnte auf Ikea und Mallorca verzichten musste? | |
## Ein grüner OB? Noch unrealistisch | |
Das hatte ich Ekardt auf einer Wahlveranstaltung in Leipzig gefragt, und | |
das fragte ich ihn nun nochmal am Telefon. Erstens sei er kein | |
Verzicht-Öko, zweitens sei ein grüner OB – oder OBM, wie das hier heißt – | |
in einer ostdeutschen Großstadt noch nicht realistisch. Das stimmt: Auch | |
die anschlussfähige Antje Hermenau, die wichtigste sächsische Grüne, hätte | |
Leipzig nicht erobert. Dennoch ist ja die Frage, wie man die Geschichte | |
einer gemeinsamen Zukunft so erzählt, dass möglichst viele dabei sein | |
wollen oder sogar daran mitarbeiten. | |
Felix Ekardt ist kein Berufspolitiker. Er ist 40, Professor für | |
Klimapolitik und Nachhaltigkeit, grade Vater geworden, und sieht eher | |
skeptisch, wie sich Berufspolitik entwickelt. Er hat keine Marktforschung | |
gemacht, er vertritt, was er inhaltlich für richtig hält: Kinder, Bildung, | |
Nachhaltigkeit. Wenn Amtsinhaber Jung (SPD) die Geschichte der Stadt als | |
eine des wirtschaftlichen Aufschwungs erzählt und von der Ansiedlung von | |
Auto-Industrie schwärmt, dann kommt Ekardt und sagt, er sei auch für | |
Industrie. | |
Aber eben für eine zukunftsfähige, in der Öko als wirtschaftsfördernder | |
Faktor wirke. Beispiel: Wenn Autos, dann Elektroautos. Ist ja logisch, wenn | |
das letzte Öl künftig für Wichtigeres genutzt wird und Autos emissionsfrei | |
von erneuerbarer Energie angetrieben werden. Aber es ist halt auch sehr | |
weit weg vom Mainstream-Denken. Manche Leipziger sorgen sich mehr um die | |
steigende Hundesteuer. | |
## Wie wirkt Grün? | |
Und damit sind wir bei der ewigen Frage: Wie wirkt Grün wirklich? Ekardt | |
sieht es so, dass Grüne durch „konsequente Positionen“ wirken und durch | |
Aufbau von Druck. Deshalb tritt er im zweiten Wahlgang nochmal an. „Der | |
größere Teil der grünen Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik kam ja nicht | |
dadurch, dass Winfried Kretschmann 20 Jahre Bundeskanzler war, sondern weil | |
die anderen Parteien unsere Inhalte übernommen haben.“ | |
Im Übrigen: 9,8 Prozent sind das beste Personenwahl-Ergebnis, das die | |
Grünen in Sachsen je erzielt haben. Selbst Ekardt wird – von Bild – | |
vorgeworfen, er sei der Kandidat der „Reichen“. Da lacht er und zeigt | |
anhand der Ergebnisse, dass er in Plagwitz und Connewitz gute Ergebnisse | |
hatte und das beste in Schleußig (22 Prozent), wo nicht die reichsten, aber | |
die kinderreichsten Menschen leben. | |
Warum wählen die einen echten Öko? Bildung, Zugezogene, Grünen-Nest? Oder, | |
weil sie wegen der kleinen Kinder ihre Bedürfnisse nicht nur kurzfristig | |
definieren und Ekardts Geschichte einer gemeinsamen Zukunft ihnen | |
einleuchtet? | |
Wenn man es immer wüsste. | |
1 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
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