| # taz.de -- Scheidung und Unterhaltskampf: Absurde Aufrechnungen | |
| > Altehen und die entgangenen Jobchancen: Bei der Bemessung von Unterhalt | |
| > nach der Scheidung soll die Ehedauer wieder wichtiger werden. | |
| Bild: Früher war alles besser - heute geht es doch immer nur ums Geld! | |
| Schon der Begriff im Gesetz zeigt das ganze Elend. Wer als langjährige | |
| Ehefrau und Mutter (oder auch Vater) geschieden wird und wegen der | |
| Familienphase nicht mehr so richtig Tritt fasst in der Erwerbswelt, muss | |
| die erlittenen „ehebedingten Nachteile“ nachweisen – die schuld sind an d… | |
| geminderten Verdienstchancen. | |
| Nur dann, wenn das Gericht einen Verzicht auf Jobchancen rückblickend | |
| anerkennt, besteht Aussicht auf nachehelichen Unterhalt vom Ex, der dem | |
| Lebensstandard vor der Scheidung in etwa entspricht und nicht nur dem | |
| Mindestbedarf. | |
| Seit der Unterhaltsrechtsreform aus dem Jahre 2008 schrieben daher hunderte | |
| von getrennten Ehefrauen (und auch einige betreuende Männer) auf, was aus | |
| ihnen alles hätte Tolles werden können, wenn sie nur nicht die Ehe mit | |
| diesem Partner eingegangen wären und keine Kinder großgezogen hätten. | |
| Professorin! Abteilungsleiterin im Kaufhaus! Gebietsleiterin bei der | |
| Versicherung! Die Zielgruppe ist nicht klein: Knapp 23.000 Scheidungen von | |
| Ehen, die 25 Jahre und älter waren, zählten die Statistiker im vergangenen | |
| Jahr. | |
| ## Gab es da nicht mal was? | |
| Die Gretchenfrage in der Fahndung nach ehelich bedingten Nachteilen lautet: | |
| Gab es da nicht mal ein hochdotiertes Jobangebot, das frau ausschlug, | |
| damals, als die Kinder noch klein waren? Würde sie damit nicht heute ein | |
| paar tausend Euro im Monat verdienen? | |
| Würde sie nicht, entgegnet in der Regel der Exmann vor dem | |
| Scheidungsrichter: Alles Humbug! Meine Frau hätte es niemals zur | |
| Abteilungsleiterin oder zu sonst was gebracht, sie wäre immer Verkäuferin | |
| geblieben oder Teilzeitassistentin, Kinder hin oder her. Ausgeruht hat sie | |
| sich auf meinem Geld! | |
| Wahrscheinlich gibt es ab 2013 weniger von diesen Schlachten, denn ein | |
| Änderungsantrag zu den existierenden Scheidungsgesetzen aus der | |
| CDU/CSU-Fraktion sieht eine Klarstellung vor. Danach soll die Ehedauer als | |
| eigenständiges Bemessungskriterium für den nachehelichen Unterhalt und | |
| dessen unbefristete Gewährung in das Gesetz aufgenommen werden. Bisher ist | |
| die Ehedauer im Paragrafen 1578b im BGB ein eher nebensächliches Kriterium. | |
| Künftig soll es heißen, bei der Herabsetzung des Unterhalts auf den reinen | |
| Bedarf unabhängig vom Lebensstandard in der Ehe sei zu berücksichtigen, | |
| inwieweit eine „Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung | |
| der Dauer der Ehe unbillig wäre“. Wie lang genau man verheiratet sein muss, | |
| um Anspruch auf den Lebensstandard vor der Scheidung zu haben, lässt das | |
| Gesetz offen. Die Änderung solle in der kommenden Woche verabschiedet | |
| werden, hieß es bei der CDU/CSU-Fraktion. | |
| ## Die Kinder als „Nachteil“ | |
| „Die neue Klarstellung ist gut und entspricht den Forderungen des | |
| Juristinnenbundes“, sagt Angela Nake, Familienrechtsanwältin und Mitglied | |
| im Deutschen Juristinnenbund. Es sei bisher immer sehr schwierig gewesen, | |
| wenn Frauen vor dem Scheidungsrichter ihre „ehebedingten Nachteile“ durch | |
| die häuslichen Arbeiten und die Betreuung der Kinder hätten auflisten | |
| müssen. „Das ist doch auch schlimm für die Kinder, so was dann zu lesen“, | |
| schildert Nake. Zudem sei die Beweisführung hart. | |
| In der jüngsten Vergangenheit hatte es Urteile örtlicher Gerichte gegeben, | |
| in denen noch weit über 50-jährigen Exfrauen gut verdienender Männer nach | |
| langer Ehedauer der Unterhalt zeitlich befristet oder gekürzt wurde, weil | |
| diese Frauen nicht beweisen konnten, dass sie durch die Ehe langfristig | |
| berufliche Nachteile erlitten. Dies geschah, obwohl die Frauen auf dem | |
| Arbeitsmarkt nur Minijobs fanden. | |
| Die Gesetzeserweiterung zur Unterhaltsbemessung ändert allerdings nichts | |
| daran, dass eine eventuell vorhandene zweite Frau mit zu betreuendem | |
| kleinem Kind den Unterhaltsanspruch der ersten Partnerin schmälert, wenn | |
| der Mann kein Höchstverdiener ist. Auch gilt weiterhin die | |
| „Erwerbsobliegenheit“ – das heißt, die Geschiedene muss nach wie vor | |
| versuchen, so weit wie möglich ihr eigenes Geld zu verdienen. | |
| 3 Dec 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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