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# taz.de -- Krise in Ägypten: Mursi bleibt hart
> Ägyptens Präsident ist gerade erst im Amt, und schon sterben die ersten
> Demonstranten. Die Opposition weist sein Dialogangebot entschieden
> zurück.
Bild: Panzer schirmen den Präsidentenpalast in Kairo ab.
KAIRO dpa | Er wirkt so uneinsichtig wie sein Vorgänger: Die brutalen
Straßenkämpfe zwischen Islamisten und Oppositionellen haben Ägyptens
Präsident Mohammed Mursi nicht zum Einlenken bewegt. In seiner ersten
Ansprache seit Beginn der blutigen Ausschreitungen in Kairo ging der
Nachfolger des im Vorjahr aus dem Amt gejagten Staatschefs Husni Mubarak am
Donnerstagabend mit keiner Silbe auf die Forderungen der Opposition ein.
Die Schuld an der Gewalt gab er seinen politischen Gegnern. Verärgerte
Demonstranten setzten daraufhin Büroräume der Muslimbruderschaft in Kairo
in Brand.
US-Präsident Barack Obama forderte Mursi in einem Telefongespräch auf,
einen Dialog mit der Opposition ohne Vorbedingungen zu suchen. Wie das
Weiße Haus weiter mitteilte, betonte Obama in dem Gespräch, dass alle
politischen Führer in Ägypten ihren Gefolgsleuten klarmachen sollten, „das
Gewalt nicht hinnehmbar ist“.
Zuvor waren nach Informationen des Senders Al-Dschasira vom Donnerstagabend
bei den Straßenkämpfen in Kairo und Suez sieben Menschen getötet und
insgesamt 771 verletzt worden. Die Polizei nahm 150 Verdächtige fest.
Mursi, der im Juni als Kandidat der islamistischen Muslimbrüder zum
Präsidenten gewählt worden war, bot den Oppositionellen ein Treffen am
kommenden Samstag an. Beobachter vermuten jedoch, dass die Führung des
liberalen Oppositionsbündnisses um Mohammed ElBaradei und Amre Mussa dieses
Angebot nicht annehmen wird, da Mursi ihre Forderungen nicht erfüllen will.
Mursi erwartete dagegen einen „produktiven Dialog“.
Von der Opposition wurde Mursis Rede mit Entsetzen und Spott aufgenommen.
Der vor allem bei der städtischen Jugend und den Sozialisten beliebte linke
Aktivist Hamdien Sabahi wies das Dialogangebot von Mursi in der Nacht zum
Freitag als „unseriös“ zurück.
Eine Sprecherin der Opposition sah in der Rede Mursis „keine passende
Antwort auf die politische Krise“. „Ähnliche Reden haben wir schon vom
Mubarak-Regime und vom Obersten Militärrat gehört“, sagte Mona Esat von der
Sozialistischen Bündnispartei.
Auch der Schriftsteller Alaa al-Aswani sagte im Gespräch mit einem
ägyptischen Fernsehsender, Mursis Ansprache habe ihn stark an die Reden des
gestürzten Langzeit-Machthabers Mubarak erinnert.
Die liberalen und linken Parteien verlangen eine Überarbeitung des von den
Islamisten formulierten Entwurfs für eine neue Verfassung. Außerdem
bestehen sie auf einer Verschiebung der Volksabstimmung über die
Verfassung, die für den 15. Dezember geplant ist. Mursi lehnt das ab.
## Eine Mehrheit für Islamisten
Sollte die Mehrheit der Bürger gegen den Entwurf stimmen, sei er aber
bereit, eine neue Verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, sagte er in
der Ansprache vom Donnerstagabend. Für den Entwurf wird aber eine Mehrheit
erwartet, da er von der Muslimbruderschaft und anderen islamistischen
Fraktionen getragen wird. Mursi erklärte dazu, Demokratie bedeute, dass
„sich die Minderheit dem Willen der Mehrheit beugt“.
Die Krawalle hatten am Mittwoch begonnen, als Muslimbrüder Zelte
zerstörten, die Aktivisten aus Protest gegen die Machtpolitik der
Islamisten vor dem Präsidentenpalast aufgebaut hatten. Die Zusammenstöße
zwischen den Oppositionellen und Anhängern der regierenden
Islamisten-Parteien waren die heftigsten Ausschreitungen seit Mursis
Amtsantritt.
Entzündet hatte sich der Streit an einem Dekret Mursis, mit dem dieser
seine Machtbefugnisse für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer neuen
Verfassung auf Kosten der Justiz ausgeweitet hatte. Auch daran hielt Mursi
in seiner Rede fest. Lediglich zum Verzicht auf Artikel VI der Erklärung
sei er bereit. Dieser hätte es ihm erlaubt, ohne Rücksprache „alle
notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Revolution, die Einheit und die
nationale Sicherheit zu wahren“.
7 Dec 2012
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