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# taz.de -- Zweitjobs von Parlamentariern: Pirat ohne Transparenz
> Der Berliner Abgeordnete Alexander Morlang veröffentlicht seine
> Nebeneinkünfte nicht. Er gibt dafür erstaunliche Gründe an.
Bild: Alexander Morlang (mitte) im Oktober 2011 bei einer Reise mit Fraktionsko…
BERLIN taz | Der Piraten-Abgeordnete Alexander Morlang soll endlich genau
[1][wie seine Fraktionskollegen] alle Nebeneinkünfte veröffentlichen – das
fordern die Jungen Piraten. Sie haben dazu eine [2][eigene Webseite]
erstellt.
Darauf ist ein Button, den man anklicken soll, wenn man wissen will, welche
Firmen und Privatpersonen dem Piraten seit seiner Wahl zum Berliner
Abgeordnetenhaus im September 2011 Geld gegeben haben. Sobald der
Mauszeiger über den Button kommt, springt der Button immer wieder zur Seite
– er lässt sich nicht drücken.
Auch auf Twitter wird Morlang immer wieder aufgefordert, seine
Nebeneinkünfte transparent zu machen. Seine Parteikollegin Ursula
Bub-Hielscher etwa [3][schrieb]: "Bitte veröffentliche (...) deine
Nebeneinkünfte – 1 Jahr ist Zeit genug!" Morlang [4][vergleicht in seiner
Antwort] solche Tweets mit einer Hinrichtung: "Viele kleine Steine machen
eine Steinigung."
Beim Versuch, sich zu rechtfertigen, verheddert Morlang sich zusehends. Zum
Beispiel, als Twitterin "MarySheep" ihn [5][erinnert]: "das mit den
Nebeneinkünften war ein Wahlversprechen". Morlangs [6][Antwort]: "Liebe
Maria, unser Versprechen war ein Gesetzentwurf." Soll heißen: Die Piraten
hätten lediglich versprochen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, laut dem alle
Abgeordneten ihre Nebeneinkünfte offenlegen müssen – die Piraten hätten
aber nicht versprochen, selbst mit der Veröffentlichung anzufangen, bevor
ihr Gesetzentwurf in Kraft getreten ist.
Morlang untermauert sein Argument in einem [7][weiteren Tweet] noch mit
einem Beispiel von den Grünen, die sich in ihren Wahlprogrammen für eine
Reduzierung des Autoverkehrs aussprechen: "Und Grüne dürfen keine Autos
fahren?"
## Große Mengen Papier
Dieses Argument von Morlang wäre wohl auch dann recht gewagt, wenn es
richtig wäre. Aber es stimmt nicht: Die Piraten fordern in ihrem
[8][Wahlprogramm] aus dem Jahr 2011 keinen Gesetzentwurf. Sie fordern jeden
Abgeordneten zum Handeln auf. Wörtlich heißt es: "Weiterhin hat jeder
Abgeordnete Auskunft über die Art und Höhe der Bezüge neben der Diät zu
erteilen, um Verbindungen zu Dritten, insbesondere Unternehmen, Vereinen
und Verbänden offenzulegen."
Morlang eröffnet nun eine neue Verteidigungslinie: "Ich habe das nicht
versprochen", [9][twittert] er und beruft sich damit auf sein Recht als
Abgeordneter, frei nach eigenem Gewissen zu entscheiden, ohne an
Parteibeschlüsse gebunden zu sein. Es gibt zwar zusätzlich auch einen
Fraktionsbeschluss, laut dem alle Abgeordneten ihre Nebeneinkünfte
veröffentlichen sollen, aber Morlang hat [10][nicht für diesen Antrag]
gestimmt.
Aber was ist mit der Forderung im Wahlprogramm? Wie hat Morlang dazu
abgestimmt? Morlang wurde im [11][Parteitag/2011.2/Protokoll:März 2011] auf
einem Parteitag auf die Liste der Piraten für das Landesparlament gewählt.
Ende Juni beschlossen die Piraten auf einem weiteren Parteitag ihr
Wahlprogramm. Laut [12][Parteitag/2011.3/Protokoll:Protokoll] war auch
Morlang anwesend. Laut Protokoll wurde der Antrag
[13][Antragskommission/2011-06-26_WP017A_-_Transparenz_-_Eine_b%C3%BCrgerna
he_und_nachvollziehbare_Politik_in_Berlin:WP017A] zur
Nebeneinkünfte-Transparenz einstimmig angenommen.
taz-[14][Anfrage] über Twitter an Alexander Morlang zu seinem
Abstimmungsverhalten bei diesem Antrag: "Warum haben Sie nicht dagegen
gestimmt o. enth.?" [15][Rückfrage] von Alexander Morlang: "Wie so hätte
ich sollen?" [16][Rückfrage] der taz: "Warum haben Sie für einen
Wahlprogramm-Antrag gestimmt, wenn Sie die darin enthaltenen Forderungen
ablehnen? Erscheint mir unlogisch." Morlang [17][antwortet]: "Warum
beherrscht der Praktikant der taz keine Rechtschreibung?"
Nachdem die Webseite der Jungen Piraten online ging, veröffentlichte
Morlang auf [18][seiner Webseite] immerhin ein Detail seiner
Nebeneinkünfte: Im Jahr 2012 habe er kein Geld als Selbstständiger
verdient. Aber wie viel Geld hat er als Angestellter verdient? Und von wem
bekam er wie viel Geld im Jahr 2011 nach seiner Wahl ins Abgeordnetenhaus?
Morlang ließ [19][diese taz-Fragen] unbeantwortet. Es scheint aber mehrere
Einnahmequellen zu geben.
Auf seiner Webseite schreibt er, er müsse erst „große Mengen“ Papier
sortieren, um korrekte Angaben zu seinen Nebeneinkünften machen zu können.
Bisher kann er noch nicht absehen, wann er die Papiermengen sortiert hat:
„Das dauert so lange, wie es dauert. Anfeindungen, Druck, Beleidigungen und
anderes werden diesen Vorgang nicht beschleunigen.“
11 Dec 2012
## LINKS
[1] http://www.piratenfraktion-berlin.de/nebeneinkunfte/
[2] http://morlangseinkuenfte.de/
[3] http://twitter.com/alusruh/status/277117102802993152
[4] http://twitter.com/alx42/status/277120102770552834
[5] http://twitter.com/MarySheep/status/278136264857899008
[6] http://twitter.com/alx42/status/278136500732956673
[7] http://twitter.com/alx42/status/278137205698985984
[8] http://berlin.piratenpartei.de/2011/08/06/wahlprogramm-2011-transparenz/
[9] http://twitter.com/alx42/status/278135224142032896
[10] http://redmine.piratenfraktion-berlin.de/issues/2447
[11] http://wiki.piratenpartei.de/BE
[12] http://wiki.piratenpartei.de/BE
[13] http://wiki.piratenpartei.de/BE
[14] http://twitter.com/tazgezwitscher/status/278509616009207808
[15] http://twitter.com/alx42/status/278510099046203394
[16] http://twitter.com/tazgezwitscher/status/278518828709859328
[17] http://twitter.com/alx42/status/278519221678383105
[18] http://blog.dd19.de/transparenz/
[19] http://twitter.com/tazgezwitscher/status/278500914137018368
## AUTOREN
Sebastian Heiser
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