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# taz.de -- Einkünfte der Abgeordneten: Geld spielt (kaum) eine Rolle
> Pirat Alexander Morlang will bald Nebeneinkünfte offenlegen - als letzter
> der Berliner Fraktion. Bei den anderen Parteien wird eher gemauert.
Bild: Wer verdient nebenbei noch 'n Euro?
Nach parteiinterner Kritik hat der Piraten-Abgeordnete Alexander Morlang
eingelenkt. Er kündigte am Mittwoch an, bis in „ein, zwei Wochen“ alle
Nebeneinkünfte seit der Wahl im Herbst 2011 zu veröffentlichen.
Per Fraktionsbeschluss hatten sich die Piraten festgelegt: Jeder
Abgeordnete müsse über „Art und Höhe“ aller seiner Bezüge Auskunft
erteilen, um so Kontakte zu Verbänden offenzulegen. Die Fraktion löste dies
ein – bis auf Morlang. Das brockte dem 38-Jährigen zuletzt zunehmend
Vorwürfe ein, er schädige die piratische Glaubwürdigkeit. Fraktionschef
Christopher Lauer räumt ein, Morlang mehrmals zur Offenlegung aufgefordert
zu haben. „Die Position der Fraktion und Partei ist eindeutig.“
Dabei stehen die Piraten-Abgeordneten gut da, in Sachen
Einkommens-Transparenz. Die drei der fünfzehn Abgeordneten, die Einnahmen
geltend machen, tun es detailliert: So ist zu erfahren, dass Alexander
Spieß 1.500 Euro im Monat in einer IT-Firma verdient. Susanne Graf erhielt
500 Euro für einen Auftritt im ZDF. Und Pavel Mayer erwähnt auch monatliche
420 Euro durch die Vermietung einer Doppelhaushälfte. „Ich sehe keinen
Grund, warum der Wähler nicht wissen sollte, woher wir unser Geld
bekommen“, findet Lauer.
Im Parlament wurde die Forderung nach einer geregelten Offenlegung Ende
November abgewiesen. Die Grünen hatten für ein Stufenmodell wie im
Bundestag plädiert. Rot-Schwarz lehnte das ab: Berlin habe ein
Halbtagsparlament, eine Nebentätigkeit sei möglich und erwünscht. Diese
Jobs müssten schon heute angezeigt werden, wenn auch ohne
Einkommensnennung. „Eine rechtliche Regelung ist nach der Debatte durch“,
bekräftigte Sven Kohlmeier (SPD) am Mittwoch.
Dabei gehört der Anwalt selbst zu den Vorreitern. Auf seiner Homepage
listet Kohlmeier, neben der Abgeordnetendiät von 3.369 Euro monatliche
Einkommen aus seiner Kanzlei zwischen 1.000 und 4.000 Euro. Er zählt sogar
auf, wo er Mandanten vertritt: im Sozial- oder Verkehrsrecht, gegenüber
Jobcentern und Bezirksämtern. „Ich erspare mir die Diskussion, dass
Abgeordnete doch so viel verdienen oder korrupt seien“, begründet Kohlmeier
seinen Vorstoß. Über "freiwillige Nachahmer" in der Koaltion würde er sich
freuen.
Die aber sind rar. Die CDU listet nur die Berufstätigkeiten ihrer
Mandatsträger – ohne Gehälter. Ausnahmen: Markus Klaer, der 1.725 Euro
monatlich für einen Geschäftsführerposten bekommt, und Alexander Herrmann,
der als Rechtsanwalt monatlich zwischen 1.000 und 7.000 Euro erhält. In der
SPD führt etwa noch Lars Oberg 2.016 Euro als Referent im
Bundesinnenministerium an. Kollege Frank Zimmermann erwähnt neben 400 Euro
aus dem RBB-Rundfunkrat auch auf den Euro genaue Ausgaben für Miete,
Telefon, Kredite, geleasten PKW.
Die Linke beschloss erst im November, Nebenverdienste offenzulegen: „in
konkreter Höhe“ – allerdings nur die mit „Zusammenhang zur Ausübung des
Mandats“. Gefolgt ist dem kaum jemand. Nur vier der 19 Abgeordneten machten
Angaben, Landeschef Klaus Lederer immerhin auf den Cent genau. So erhielt
er 2011 etwa für seine Lehrtätigkeit an einer Hochschule 2.003,92 Euro. Bei
den meisten Linken scheitert’s laut einer Sprecherin am Fehlen einer
eigenen Homepage. Hier könnten die Einkünfte „mündlich erfragt“ werden.
Die Grünen gaben sich im Juni ein Stufenmodell. Nur sechs Abgeordnete
verdienen hier nebenher. Unklar bleibt, womit Michael Schäfer bis zu 3.500
Euro oder Nicole Ludwig bis zu 1.000 Euro, beide als Kommunikationsberater,
verdienen. Rechtsexperte Dirk Behrendt versprach, die Daten zum Jahresende
zu erneuern. „Wir werben nun, dass sich uns im Parlament viele freiwillig
anschließen.“
Rückhalt erhält die Opposition von einem Gutachten des wissenschaftlichen
Parlamentsdiensts von 2011. Darin heißt es, es sei „nicht ersichtlich“,
warum nicht auch Teilzeitparlamentarier „Transparenzregeln im Hinblick auf
mögliche Interessenverflechtungen“ folgen könnten.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es,
der Abgeordnete Stefan Gelbhaar mache als einziger Grüne keine Angaben zu
seinen Nebenverdiensten. Das ist nicht zutreffend. Gelbhaar hat diese auf
seiner persönlichen [1][Internetseite] veröffentlicht. Auf der Seite der
Grünen-Fraktion hieß es: "Bilanzierung 2011 folgt". Auch haben wir nun zwei
der 38 CDU-Abgeordneten ergänzt, die derzeit ihre Nebeneinkünfte aufführen.
12 Dec 2012
## LINKS
[1] http://stefan-gelbhaar.de/mein-portrait/
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Mittelstand
Piraten
Berlin
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