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# taz.de -- ZDF-Doku „Wir könnten auch anders“: Ein Denkmal für den Eigen…
> Die Dokumentation „Wir könnten auch anders“ (0.30 Uhr, ZDF) könnte
> Propaganda für den Osten sein. Die Regisseure sprechen lieber von
> „Empathie“.
Bild: Motto des Films? Nein, einfach nur ein Spruch an einer Mauer im Osten
Ein Mann mit Spitzbart sitzt im Schneidersitz, immer, es sei denn, er steht
auf dem Kopf. Er sagt: „Die Welt steht kopf. Desillusionierung ist eine
feine Sache.“
Die Bilder stehen in diesem Film auch immer wieder auf dem Kopf. Wo ist
oben, wo ist unten? Die Bäume am Bachufer spiegeln sich im Wasser. Was ist
Spiegelung, was ist echt? Mit Opel und Krupp geht es jetzt auch den Bach
runter.
Der Film verspricht im Untertitel „Begegnungen jenseits des Wachstums“. Den
Begriff „Wachstum“ darf man dabei nicht zu eng verstehen. Wachstum ist
Metapher für alles, was derzeit so falsch läuft im Land. Wachstum ist
industriell betriebene Landwirtschaft, ist Gentechnik, ist Kinderarmut, ist
Altersarmut, ist fossile Energie. Wachstum ist Rückzug des Staates aus
seiner Verantwortung, ist Privatisierung von Staatseigentum bei
gleichzeitiger staatlicher Bevormundung. Wachstum ist, dass es das
bedingungslose Grundeinkommen noch nicht gibt.
„Wir könnten auch anders“ heißt der Film von Daniel Kunle und Holger
Lauinger und zeigt exemplarisch Menschen, die bereits anders können. Oder
konnten, bis ihnen „die Politik“ wieder Steine in den Weg gelegt hat. Da
wird nämlich Privatinitiative gepredigt, aber die schöne, helle, private
Landschule geschlossen, einfach so.
## Propaganda klingt so negativ
Ein Politmagazinjournalist wäre nun ins zuständige Amt oder Ministerium
gefahren und hätte sich das Statement der Gegenseite besorgt. Nicht so
Kunle und Lauinger, denn, wie sie auf der Homepage ihrer Sein im Schein
Filmproduktion unter der Überschrift „Einstellung“ schreiben: „Mit Empat…
für Personen und Situationen versuchen wir Inhalten die passende Form zu
geben.“ Man könnte auch sagen, sie hätten einen Propagandafilm gemacht.
Aber das hätte gleich so einen negativen Beigeschmack.
Und außerdem, einmal lassen Kunle und Lauinger „die Politik“ dann doch zu
Wort kommen. Da erklärt dann so ein „Krawatte passt doch auch zum
Anorak“-Spießer, warum eine ältere Frau von Polizisten gefesselt und von
ihrem Grundstück getragen werden muss: „Der Grundstücksanschluss, um den es
geht, ist, technisch gesprochen, die leitungsmäßige Verbindung von einem
Grundstücksanschluss, den Sie hier im Straßenland finden …“ Man sieht und
hört: „Die Politik“ schreckt nicht vor brutaler Gewalt zurück gegen
Menschen, die doch nur selbst entscheiden wollen, wohin mit ihrem Abwasser.
Kunle und Lauinger setzen den sozial und ökologisch bewussten Eigenbrötlern
des Landes, seines östlichen Teils, ein Denkmal. Denn sie, Kunle und
Lauinger, wissen, was sie tun. Kein Kommentar, stattdessen
Nachrichtenschnipsel aus dem Off. Und Bilder, die suggestiver nicht sein
könnten. Die Grillen zirpen und die Vögel zwitschern. Der Mann mit
Spitzbart und Schneidersitz schärft seine Sense, während im Hintergrund
eine dröhnende Landmaschine vorbeifährt, die in einer Minute mehr Arbeit
verrichtet als der Mann an einem Tag. Das böse „Wachstum“.
## „Wir könnten auch anders“, ZDF, Dienstag, 18. Dezember 0.30 Uhr
17 Dec 2012
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
ZDF
Dokumentarfilm
Propaganda
Schwerpunkt Ostdeutschland
Film
Dokumentation
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