# taz.de -- Baumaterial für Windkraft-Türme: Attraktiver Holzweg | |
> Windkraft-Türme müssen nicht aus Beton oder Stahl sein. In Hannover wird | |
> nun die erste Großanlage mit einem Gerüst aus Fichtenholz eingeweiht. | |
Bild: Das hölzerne Fachwerk wird mit Holzplatten verkleidet, die mit Folien be… | |
FREIBURG taz | Von außen sieht die Anlage aus, wie ein Windrad eben | |
aussehen muss, 100 Meter hoch ist sie und verfügt über eine | |
1,5-Megawatt-Maschine. Aber der Turm ist achteckig und mit Dachfolie | |
verkleidet, die Konstruktion besteht aus Holz. Es ist die weltweit erste | |
Großwindkraftanlage, für die der nachwachsende Baustoff verwendet wurde. | |
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) kommt deshalb selbst nach | |
Hannover-Marienwerder, um sie einzuweihen. Bauherr ist die TimberTower | |
GmbH, die ihren Firmensitz in der niedersächsischen Landeshauptstadt hat. | |
Dass Holz ein leistungsfähiger Baustoff ist, weiß man spätestens seit 1947, | |
als das Holzflugboot „Spruce Goose“ über dem Hafen von Los Angeles kreiste. | |
Die „hölzerne Gans“ hatte eine Spannweite von 97,51 Metern und ist damit | |
bis heute im Flugzeugbau unübertroffen. Eine ähnliche Leistung erhofft man | |
sich in der Windkrafttechnik, seit Jahren gibt es immer wieder Pläne, Holz | |
auch für deren Türme zu nutzen. | |
Trotzdem war TimberTower vor vier Jahren das erste Unternehmen, das sich | |
tatsächlich an das Projekt machte. „Es war ein langer Weg“, sagt | |
Bauingenieur Gregor Prass, einer der Geschäftsführer. Das Schwierigste sei | |
gewesen, Kunden, Investoren und Genehmigungsbehörden davon zu überzeugen, | |
dass Holz in der Lage ist, Aufgaben im Maschinenbau zu übernehmen. | |
Der Pionierturm ist aus 30 Zentimeter dicken Holzsegmenten aufgebaut, die | |
aus 40 Millimeter dickem kreuzlagenverleimtem Fichten-Massivholz bestehen. | |
Das Holz stammt vom finnisch-schwedischen Forst- und Papierkonzern Stora | |
Enso, die Bauelemente werden von der österreichischen KLH Massivholz GmbH | |
geliefert. 400 Kubikmeter Holz waren für die Fertigung des Turms nötig. | |
## Verschweißte Folien | |
Am Fuß hat er einen Durchmesser von sieben Metern, nach oben hin verjüngt | |
er sich auf 2,4 Meter. Die Folie wurde bereits im Werk auf die Holzsegmente | |
aufgebracht, auf der Baustelle wird sie über die Stoßkanten der Segmente | |
hinweg verschweißt. Das Innere besteht aus einem Fachwerk, das aber nur dem | |
Aufbau diente und für die Statik des fertigen Turms nicht mehr notwendig | |
ist. Oben am Turm wird das Maschinenhaus ganz klassisch angeschraubt. | |
Der TÜV und der Germanische Lloyd haben den Turm zertifiziert. Dabei hätten | |
die Prüfer eine Mindesthaltbarkeit von 20 Jahren zugrunde gelegt, sagt die | |
Sprecherin von TimberTower, Verena Meinen. Doch in der Praxis gehe sie von | |
einer deutlich längeren Haltbarkeit aus. | |
Im Vergleich zum Stahl habe Holz einige Vorteile: Es zeigt keine | |
Ermüdungserscheinungen durch die häufigen Lastwechsel, wie sie bei den | |
Türmen auftreten. Und die Kosten sind niedriger: „In Serienfertigung wird | |
der Turm aus Holz billiger sein als aus Beton und nicht teurer als aus | |
Stahl“, sagt Meinen. „Vor allem ab 100 Meter Höhe.“ | |
## Leichtere und kleinere Einzelteile | |
Unternehmer Edwin Kohl, dessen Impulsus Clean Technologies GmbH heute die | |
Mehrheit an TimberTower hält, ist auch überzeugt, dass mit Holz höhere | |
Türme möglich werden. Ein wichtiger Grund dafür ist die Transportlogistik: | |
Stahltürme bestehen aus immer größeren Ringen, deren Transport unter | |
Brücken hindurch und in engen Kurven immer schwerer zu bewältigen ist. Die | |
TimberTower-Komponenten hingegen können in typischen 40-Fuß-Containern auf | |
die Baustelle geliefert werden. Gerade für Standorte in Berglagen mit | |
schwierigen Zufahren kann das Holz daher eine hochattraktive Alternative | |
sein. | |
Und so soll es auch bei TimberTower weitergehen: Ein Nachfolgeprojekt mit | |
einem 140 Meter hohen Turm und einer getriebelosen Drei-Megawatt-Maschine | |
ist in Planung. An welchem Standort sie gebaut wird, ist allerdings noch | |
nicht zu erfahren. | |
20 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
Bernward Janzing | |
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