# taz.de -- Eon-Atomkraftwerk in Schweden: AKW seit zehn Jahren ohne Notstrom | |
> Wegen schwerer Mängel stellt die schwedische Regierung das AKW Oskarshamn | |
> unter besondere Aufsicht. Ein Reaktor wurde vom Netz genommen. | |
Bild: Strahlend blauer Himmel über dem schwedischen AKW Oskarshamn. | |
STOCKHOLM taz | Laut Gesetz ist es ist die letzte Sanktion vor Entzug der | |
Betriebserlaubnis: Am Donnerstag stellte die schwedische | |
Atomaufsichtsbehörde Strålsäkerhetsmyndigheten (SSM) das an der Ostküste | |
des Landes gelegene AKW Oskarshamn unter „särskild tillsyn“ („besondere | |
Aufsicht“). Begründung: Dem Betreiber sei es nicht gelungen, die | |
Sicherheitsprobleme in den Griff zu bekommen. Haupteigentümer der | |
Oskarshamnsverkets Kraftgrupp (OKG) ist der deutsche Eon-Konzern. | |
Der muss sich damit zum zweiten Mal binnen zwei Wochen schwere Vorwürfe | |
wegen Sicherheitsverstößen beim AKW-Betrieb gefallen lassen. Am 6. Dezember | |
hatte SSM die sofortige Stilllegung des Reaktors Oskarshamn 2 wegen | |
ungenügender Notstromversorgung angeordnet. Die ist essenziell dafür, dass | |
bei Wegfall der eigenen Stromproduktion und Ausfall externer Versorgung die | |
Kühlung aufrechterhalten und eine Kernschmelze verhindert werden kann. | |
Die jetzigen Vorwürfe der Aufsichtsbehörde betreffen ebenfalls vorwiegend | |
die Notstromversorgung und sind noch wesentlich schwerwiegender: Die nach | |
Umbauarbeiten im Jahre 2002 installierten Notstromdiesel des Reaktors | |
Oskarshamn 1 sind nämlich laut SSM ebenso wie deren Startsystem bis zum | |
heutigen Tage überhaupt nicht betriebsbereit gewesen. | |
Der – derzeit abgestellte – Reaktor ist damit zehn Jahre lang unter | |
Verletzung grundlegender Sicherheitsvorschriften betrieben worden. OKG | |
erklärt dazu lediglich, man habe tatsächlich „gegen geltende Routinen | |
verstoßen“, meint aber, die Reaktorsicherheit sei davon „nicht betroffen“ | |
gewesen. Im Übrigen habe man „Verständnis“ für den jetzigen Schritt der | |
Behörde. | |
## Sicherheit ist Betreibersache | |
SSM wiederum hat keine wirkliche Erklärung dafür, warum ihr die fehlerhafte | |
Konstruktion der Notstromdiesel erst jetzt auffiel, sondern verweist auf | |
die allgemeine Rolle der Behörde: Die Sicherheit sei grundsätzlich Sache | |
der Betreiber, man übe lediglich eine Aufsicht aus. Dabei verlasse sich die | |
Behörde auf Berichte und Protokolle des Betreibers und habe nicht die | |
Ressourcen, alles selbst zu kontrollieren. | |
Der aktuelle Beschluss der Behörde enthält eine lange Liste von weiteren, | |
teils langwierigen Verstößen. So habe OKG erst 2011 gemeldet, dass | |
Notstromdiesel am Reaktor Oskarshamn 1 wegen Vibrationsproblemen nicht | |
betriebsbereit seien, obwohl man den fraglichen Fehler seit den 1990er | |
Jahren gekannt und nicht behoben habe. Ähnliches gelte für nicht | |
ordnungsgemäß funktionierende Kondensatoren, falsch montierte Ventile und | |
„Fehlanschlüsse in lebenswichtigen Sicherheitsausrüstungen“. Außerdem sei | |
strahlendes Material teilweise „nicht mehr aufspürbar“. | |
Greenpeace kritisierte, dass die Behörde angesichts der neuen Erkenntnisse | |
dem Betreiber weiter vertraue. Notwendig sei ein sofortiger Entzug der | |
Betriebserlaubnis. | |
20 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
Reinhard Wolff | |
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