| # taz.de -- Chinesisches Staatsfernsehen: V wie Freiheit | |
| > Der chinesische Staatssender CCTV strahlt zur Primetime „V wie Vendetta“ | |
| > aus. Ist das ein Versehen oder ein Zeichen für die Lockerung der Zensur. | |
| Bild: War inzwischen auch in China: Der anonyme Held von „V wie Vendetta“. | |
| PEKING taz | Normalerweise bleibt in China kein Kinofilm von der Zensur | |
| verschont. Allzu gesellschaftskritische Streifen laufen überhaupt nicht im | |
| Kino oder werden zurecht gestutzt. Selbst der politisch reichlich | |
| unverdächtige dritte Teil des Hollywood-Klamauks „Men in Black“ fiel der | |
| Zensur zum Opfer: Sämtliche Szenen, die im New Yorker Chinatown | |
| stattfanden, schnitten die Behörden ohne Rücksicht auf den Zusammenhang | |
| heraus – woraufhin der Streifen in chinesischen Kinos nur noch 90 statt der | |
| ursprünglichen 106 Minuten lang war. | |
| Umso überraschender am Freitag vergangener Woche der chinesische | |
| Staatssender: Auf seinem Filmkanal strahlte CCTV in voller Länge den | |
| Streifen „V wie Vendetta“ aus – die US-britisch-deutsche Verfilmung des | |
| gleichnamigen Comics aus dem Jahre 2005, in dem ein maskierter Rebell im | |
| futuristischen London eine Revolution gegen ein korruptes und autoritäres | |
| Regime anführt und sowohl persönliche Rache nimmt als auch einen | |
| politischen Umsturz anstachelt. Die Maske aus dem Film ist seitdem zum | |
| Inbegriff für den Befreiungskampf schlechthin geworden – auch unter | |
| chinesischen Dissidenten. | |
| Die Ausstrahlung dieses Films ist in Chinas sozialen Netzwerken seitdem ein | |
| heiß diskutiertes Thema. „Dieser großartige Film beschreibt passend das | |
| derzeitige Verhältnis zwischen Volk und Regierung in China“, twittert der | |
| in Peking von staatlichen Stellen unter Beobachtung stehende | |
| Menschenrechtsaktivist Hu Jia: „Diktatoren, Geheimpolizei, Repression auf | |
| der einen Seite – Angst, Widerstand und der Wunsch nach einem Tyrannensturz | |
| auf der anderen.“ Der berühmte Filmausspruch „Ein Volk sollte keine Angst | |
| vor seiner Regierung haben, eine Regierung sollte Angst vor ihrem Volk | |
| haben“ ist auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Sina-Weibo einer der | |
| am häufigsten zitierten Sätze. | |
| Ein Blogger rätselt bereits, ob die Ausstrahlung ein Versehen ist und | |
| innerhalb der staatlichen Filmaufsicht nun die Köpfe rollen. Andere Blogger | |
| hingegen erkennen darin ein Signal der neuen Führung, die | |
| Zensurbestimmungen zu lockern. | |
| Tatsächlich hat Chinas erst im November neuernanntes Staatsoberhaupt Xi | |
| Jinping angekündigt, den bisherigen Führungsstil abspecken zu wollen und | |
| damit auch die Staatskontrollen zurück zu fahren. Chinas ehemaliger | |
| Propaganda- und Informationsminister Liu Yunshan ist zwar zu den mächtigen | |
| Sieben des Ständigen Ausschuss des Politbüros aufgestiegen, aber eben nicht | |
| mehr für Zensur zuständig. Prompt berichtet CCTV auch über | |
| Hühnerfleischskandale im Land, über die der Staatssender vorher nicht | |
| berichtet hat. „Ich bin so aufgeregt“, schreibt eine Mikrobloggerin auf | |
| Sina-Weibo. „Es gibt also doch noch Hoffnung für dieses Land.“ | |
| Der US-amerikanische China-Experte und Autor Robert Lawrence Kuhn warnt | |
| allerdings vor allzu großen Erwartungen: Einige Zensurbestimmungen würden | |
| sicherlich gelockert werden, glaubt der Verfasser des Buches „Wie Chinas | |
| Führung denkt“. Aber viele Zusagen werde auch die neue Führung nicht | |
| machen. Sie muss vorsichtig sein, sagt Kuhn. Denn im Zeitalter des | |
| Internets sei jede Ankündigung gleich für ewig dokumentiert und für alle | |
| abrufbar. | |
| Ein bisschen an der Zensurschraube haben die Behörden bei dem Film denn | |
| auch doch gedreht. Das italienische Vendetta des Originaltitels wird nicht | |
| übersetzt mit Blutrache. Auf chinesisch lautet der Titel: „V wie | |
| Sondereinsatzkommando“. | |
| 23 Dec 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Felix Lee | |
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