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# taz.de -- Rechte in Sachsen: Eigene Polizei für „Reichsbürger“
> Bei Dresden überfallen „Hilfspolizisten“ einen Gerichtsvollzieher. Sie
> gehören zum Umfeld der „Reichsbürger“, die die BRD nicht anerkennen.
Bild: Auf ein Regionalbüro des Grünen-Landtagsabgeordnetes Johannes Lichdi wu…
DRESDEN taz | Was Ende November tatsächlich im Dörfchen Bärwalde rund 20
Kilometer nördlich von Dresden geschehen war, erfassten Behörden und Medien
erst rund zwei Wochen später. Denn der Vorgang erscheint ebenso skurril wie
alarmierend. Als ein Gerichtsvollzieher im Namen des Amtsgerichtes Meißen
eine Forderung zwangsvollstrecken wollte, empfingen ihn am Grundstück
mindestens 15 Männer in blauen Fantasieuniformen des „Deutschen
Polizeihilfswerks“ DPHW.
Dem „vorgeblichen Gerichtsvollzieher“, so eine spätere Pressemitteilung des
DPHW, wurde „die vorläufige Festnahme … zur Prüfung der Rechtmäßigkeit
seiner Forderung angetragen“. Erst die von ihm zu Hilfe gerufene echte
Polizei konnte den Gefesselten befreien.
Die Aktion lenkte schlagartig den Blick auf das DPHW, das bislang nur
Insidern durch Internet-Verlautbarungen in krausem Deutsch und wirre Briefe
des ehemaligen Polizeigewerkschaftsfunktionärs Volker Schöne bekannt war.
„Wir nehmen den Vorfall sehr ernst. Das ist eine neue Qualität“, sagte
Sprecher Frank Wend vom Sächsischen Innenministerium.
Die Staatsanwaltschaft Dresden und die Spezialeinheit Soko Rex des LKA
Sachsen ermitteln. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi, auf
dessen Meißner Regionalbüro nach seiner Veröffentlichung von Einzelheiten
des Überfalls ein Farbanschlag verübt wurde, stellte eine Anfrage im
Landtag.
## Trennung zwischen Volk und Staat
Beim Polizei-Hilfswerk handelt es sich nach eigenem Bekunden um eine
bundesweite selbsternannte Hilfspolizei von Menschen, „welche die
freiheitlich-demokratische Grundordnung als gefährdet einschätzen“. Eine
Nähe zu den sogenannten Reichsbürgern bestätigt die nicht minder skurrile
„Republik Freies Deutschland“ zwar nicht. Sie ist aber spätestens bei Links
zur Seite „[1][volksbetrug.net]“ unübersehbar. Wie die „Reichsbürger“…
sieht das DPHW den Staat BRD nur als illegales Nachkriegsprovisorium an und
trennt zwischen Volk und Staat. Die Polizei sei folglich auch nicht vom
Volk legitimiert.
Die selbsternannten Polizisten sprechen von einem „rechtleeren Raum“ und
dem „herrschenden Recht des Stärkeren“, das sie durch subjektives
Rechtsempfinden und Selbstjustiz ersetzen.
Mitteilungen des DPHW lassen darauf schließen, dass es sich bei dem
Übergriff im Landkreis Meißen nicht um einen Einzelfall handelt. Neben
einem nicht näher bezeichneten Erfolg in Berlin-Kreuzberg rühmt sich das
Hilfswerk auch einer verhinderten Verhaftung im sachsen-anhaltischen
Petersroda am 19. Dezember.
In auffälliger Weise geht es immer wieder um das schnöde Geld. Die
„Geldeintreibemethodik hierzulande“ wird verbal angeprangert. Von den
„Reichsbürgern“ ist bekannt, dass sie Gebühren und Strafgelder unter
Verweis auf angebliche Unzuständigkeit von BRD-Behörden verweigern. Deshalb
kollidieren sie oft mit Gerichtsvollziehern, die ein DPHW-Mitglied im
MDR-Magazin „Exakt“ als „Plünderer“ bezeichnete. Kerstin Köditz,
Antifa-Sprecherin der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, interessieren
die personellen Verquickungen mit der rechten Szene. Sie kritisiert, dass
der Landes-Verfassungsschutz „weiterhin im Tiefschlaf“ liege und keine
Erkenntnisse über das Polizei-Hilfswerk besitze.
27 Dec 2012
## LINKS
[1] http://volksbetrug.net/
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Reichsbürger
Sachsen
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