# taz.de -- Verfassungsschutz schredderte: "Nur noch fassungslos" | |
> Mehrere Aktenordner des Berliner Verfassungsschutz zum Rechtsextremismus | |
> wurden im Juni geschreddert - trotz NSU-Aufklärung. Opposition empört. | |
Bild: Haben nun wieder Fragen zu beantworten: Claudia Schmid (links) und Innens… | |
Berlins Verfassungsschutz hat Akten über Rechtsextreme in großem Stil | |
geschreddert. Das teilten Behördenchefin Claudia Schmid und | |
Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) am Dienstag den innenpolitischen | |
Sprechern der Abgeordnetenhausfraktionen mit. Die Information wurde auch | |
dem NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag weitergeleitet. | |
Nach taz-Informationen soll der Inhalt von bis zu 25 Ordnern am 29. Juni | |
vernichtet worden sein. Darin ging es offenbar um die Neonaziband | |
„Landser“, den Holocaustleugner Horst Mahler, die „Heimattreue Deutsche | |
Jugend“ oder die "Reichsbürgerbewegung". Die Dokumente waren nach Ablauf | |
der Aufbewahrungsfrist sowie „abgeschlossener Bearbeitung“ zur Löschung | |
vorgesehen. | |
Allerdings hatte das Landesarchiv bereits am 30. September 2011 der | |
Vernichtung widersprochen, da sie die Akten als längerfristig relevant | |
erachtete. Im Juni erfolgte dennoch die Löschung – inmitten der Aufklärung | |
der rechtsterroristischen NSU-Mordserie. Verfassungsschutzmitarbeiter | |
sollen die Dokumente dem Geheimschutzbeauftragten der Innenverwaltung | |
übergeben haben, der sie bei der Bundesdruckerei schreddern ließ. | |
Verfassungsschutzsprecherin Isabelle Kalbitzer sagte, ein NSU-Bezug der | |
Papiere sei nicht festgestellt worden. | |
Nur: Im September wurde bekannt, dass der NSU-Helfer Thomas S. als V-Mann | |
jahrelang das LKA informierte – vor allem auch über „Landser“. Und nur k… | |
nach der Löschung, am 20. Juli 2012, verfügte der Verfassungsschutz ein | |
Vernichtungsverbot für alle seine Rechtsextremismus-Akten wegen der | |
NSU-Aufklärung. | |
Kalbitzer sprach von einem „großen, bedauerlichen Missverständnis“. Dieses | |
wurde nun bekannt, weil der NSU-Untersuchungsausschuss im September die | |
Akten sämtlicher Berliner Behörden zum Terror-Trio anforderte. | |
Die Opposition reagierte empört, zumal bei Links- und Ausländerextremismus | |
die fürs Landesarchiv vorgesehenen Akten nicht vernichtet wurden. Er sei | |
„nur noch fassungslos“, so Pirat Christopher Lauer. Warum gerade bei den | |
Rechten geschreddert wurde, sei völlig unverständlich. Clara Herrmann | |
(Grüne) forderte „lückenlose“ Aufklärung: „Der Skandal darf nicht ohne | |
Konsequenzen bleiben.“ Für den Linken Udo Wolf ist Berlin nun vollends "im | |
Mainstream des Sicherheitsversagen angelangt". | |
6 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
Reichsbürger | |
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) | |
Rechtsextremismus | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
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