# taz.de -- Diskussion um Grün-Links in Berlin: Erst wenn „die Massen“ erg… | |
> Ist die Zeit für die erste Koalition aus Grünen und Linkspartei gekommen? | |
> Politiker beider Parteien finden: Interessant, aber unrealistisch. | |
Bild: Sorgt nur für verhaltene Begeisterung: Grün-Links in Berlin | |
BERLIN taz | „Nichts spricht dafür, noch mal mit dieser SPD zu regieren.“ | |
Gesagt hat diesen Satz der Bundestagsabgeordnete der Linken, Stefan | |
Liebich. Der einstige Berliner Landesparteichef hatte [1][im taz-Interview] | |
erklärt, er werbe für die nächsten Abgeordnetenhauswahlen für eine | |
Koalition aus Linkspartei und Grünen: „Deutschlands erste Landesregierung | |
ohne SPD und ohne CDU“. Es gebe „genau ein Bundesland, in dem so etwas | |
möglich ist – und das ist Berlin“. | |
Nun war Liebichs Partei zehn Jahre lang in Berlin Koalitionspartnerin der | |
Sozialdemokraten. Seit über einem Jahr aber lenken die Sozis gemeinsam mit | |
der CDU die Geschicke der Stadt. Die Pleiten können sich sehen lassen. Ob | |
der vermurkste Flughafenneubau oder die geschredderten Geheimdienstakten – | |
das Duo Klaus Wowereit/Frank Henkel ist im politischen Sinkflug. Kommt da | |
Liebichs Vorstoß recht, eine links-grüne Allianz der Verschmähten zu | |
bilden? | |
Hans Christian Ströbele, grüner Bundestagsabgeordneter mit Berliner | |
Direktmandat, findet Liebichs Idee „interessant, aber unrealistisch“. Er | |
habe keine Berührungsängste, und in den Sachthemen könne man sich häufig | |
einigen. Dennoch habe die Linkspartei in ihren rot-roten Jahren gezeigt, | |
wie groß bei ihr die Unterschiede zwischen Regierungspolitik und | |
Programmatik sind. „Stefan Liebichs taz-Interview zeigt: die Linke will | |
wieder regieren“, sagt Ströbele. „Und zwar mit der SPD, aber nicht mehr so, | |
wie es mal war.“ | |
Der Bundestagsabgeordnete Dietmar Bartsch (Linke), der sich wegen seiner | |
SPD-Nähe schon viel parteiinternen Ärger einhandelte, meint: „Dass ein | |
hervorragender Politiker wie Stefan Liebich auf so eine Idee kommt, sagt | |
viel über den katastrophalen Zustand der Berliner Koalition.“ Gleichwohl | |
sieht er nicht die gesellschaftliche Atmosphäre, in der „eine solche Idee | |
die Massen ergreift“. In Umfragen käme das Bündnis aktuell auf 34 Prozent. | |
## „Keine unüberwindbaren Hindernisse“ | |
Gesine Lötzsch hingegen, Vizefraktionschefin der Linkspartei mit Berliner | |
Direktmandat, findet, Stefan Liebich mache deutlich, „dass wir kein | |
Anhängsel der SPD sind. Die Linke befindet sich schließlich nicht in | |
babylonischer Gefangenschaft der Sozialdemokratie“. Es sei immer gut, den | |
Wählerinnen und Wählern Alternativen aufzuzeigen. | |
Die Berliner Grünen äußern sich zu Liebichs Vorstoß bedeckt. „Ich freue | |
mich, dass den Grünen eine Führungsrolle zugedacht wird“, sagt deren | |
Fraktionschefin Ramona Pop. Auch habe sich die SPD in der Regierung und den | |
Nachfolgekämpfen um Klaus Wowereit „sehr, sehr abgenutzt“. Dennoch, so Pop, | |
sei die Linke „momentan eine absolute Oppositionsfraktion, die sich noch | |
von ihrer Regierungszeit erholt“. | |
Auch Grünen-Landeschef Daniel Wesener bezweifelt, ob die Linke schon wieder | |
bereit zum Regieren wäre. „Das Modell ist aber interessant.“ Wesener | |
verweist auf Gemeinsamkeiten bei der Energie- und Bürgerrechtspolitik. | |
„Programmatisch sehe ich keine unüberwindbaren Hindernisse.“ | |
Die werden auch in der Linkspartei betont. Landeschef Klaus Lederer spricht | |
von einem „sozialökologischen Stadtumbau“, den Grüne und Linke gemeinsam | |
schaffen könnten. „SPD und CDU verwalten diese Stadt nur noch – mit den | |
Rezepten von vorgestern.“ Differenzen mit den Grünen sieht Lederer aber bei | |
Themen wie Hartz IV oder der Rekommunalisierung. „Einfach nur die Koalition | |
auswechseln, reicht nicht“, so Lederer zur taz. „Es braucht in Berlin ein | |
gemeinsames Projekt und einen anderen Stil.“ | |
2 Jan 2013 | |
## LINKS | |
[1] /!108251/ | |
## AUTOREN | |
K. Litschko | |
A. Maier | |
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