# taz.de -- Wie bei Transplantationen betrogen wird: Warum immer nur Lebern? | |
> Spenderherzen und -nieren sind bislang nicht von | |
> Transplantationsskandalen betroffen. Es geht um Lebern – und das hat | |
> verschiedene Gründe. | |
Bild: Innereien, die ganz sicher nicht transplantiert werden. | |
BERLIN taz | Egal ob in Göttingen, Regensburg, München oder jetzt in | |
Leipzig – stets betreffen die Manipulationen nur ein einziges Organ: die | |
Leber. Das ist kein Zufall. Es liegt zum einen daran, dass die | |
medizinischen und juristischen Gutachter, die seit dem Sommer 2012 im | |
Auftrag der Ärztekammer, der Krankenkassen und -häuser nach und nach alle | |
47 deutschen Transplantationszentren überprüfen, sich zunächst prioritär | |
die Leberprogramme vorgeknöpft haben. | |
Insgesamt zehn Zentren wurden bislang durch unangemeldete | |
Vor-Ort-Kontrollen überprüft. „Wir rechnen damit, dass wir im Sommer 2013 | |
mit den Lebern fertig sein werden“, sagte der Vorsitzende der | |
Prüfungskommission, Hans Lippert, der taz. Herzen, Lungen, Nieren und | |
Bauchspeicheldrüsen würden folgen. | |
Ein weiterer Grund sind die unterschiedlichen Richtlinien, nach denen | |
einzelne Organe verteilt werden. Seit Jahren beanstanden | |
Transplantationsexperten, dass die Kriterien für die Leber-Vergabe leichter | |
als andere manipuliert werden können und deswegen überarbeitet gehören. | |
„Zu den Leberkranken müssen uns die Transplantationszentren derzeit nur | |
drei Werte übermitteln, den Leber-, den Nieren- und den Gerinnungswert“, | |
kritisierte der Medizinische Direktor der für die Organvergabe | |
verantwortlichen Stiftung Eurotransplant, Axel Rahmel, in der taz bereits | |
im August. Rahmel: „Es ist schwierig, allein anhand dieser Werte besondere | |
Verläufe zu charakterisieren.“ | |
Zum Vergleich: Kliniken, die ein Herz verpflanzen wollen, müssen an | |
Eurotransplant nicht nur die Laborwerte schicken, sondern auch Röntgen- und | |
Echobefunde, Epikrisenberichte, Kopien der Intensivkurven. Bei den Nieren | |
wiederum ist die Übereinstimmung der Gewebeeigenschaften von Spender und | |
Empfänger ausschlaggebend für den Erfolg der Transplantation. Fälscht ein | |
Arzt hier Werte, dann führt das nicht etwa dazu, dass sein Patient | |
schneller eine Niere bekommt. Sondern bloß dazu, dass er ein nicht | |
passendes Organ bekommt. | |
## Organmangel führt zu Verteilungskämpfen | |
Die Grundproblematik der Verteilungsgerechtigkeit ist freilich dem | |
Organmangel selbst geschuldet. Seit Jahrzehnten existiert eine erhebliche | |
Diskrepanz zwischen Nachfrage und Angebot, also der Zahl der Patienten auf | |
der Warteliste und den zur Verfügung stehenden Organen. Dies führt – | |
schließlich geht es um Leben und Tod – naturgemäß zu Verteilungskämpfen, … | |
deren Klärung wiederum Regeln nötig sind. Diese jedoch werden bislang nicht | |
etwa vom Parlament entwickelt, sondern von der Ständigen Kommission | |
Organtransplantation der Bundesärztekammer, also einer Art Privatverein. | |
Dabei gilt: Alle Patienten sollen den gleichen Zugang zur Warteliste haben | |
(Gerechtigkeit). Patienten, die ohne Transplantation besonders gefährdet | |
wären, sollen bevorzugt werden (Dringlichkeit). Bevorzugt werden sollen | |
aber auch solche Patienten mit einem erwartbaren langfristigen Erfolg der | |
Transplantation (Überleben, Lebensqualität). | |
3 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
Heike Haarhoff | |
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