# taz.de -- CSU-Klausur in Wildbad Kreuth: Nichts als die eigene Wahrheit | |
> Inhalte sind auf der CSU-Klausur zweitrangig, was zählt sind aktuelle | |
> Umfragewerte: Gute Zahlen werden akzeptiert, schlechte einfach | |
> weggeredet. | |
Bild: Schöne Bilder aus dem Schnee: Alexander Dobrindt und Gerda Hasselfeldt i… | |
WILDBAD KREUTH taz | Bei der Abschlusspressekonferenz in Wildbad Kreuth ist | |
Horst Seehofer nicht mehr dabei. Die muss Gerda Hasselfeldt, Chefin der | |
CSU-Landesgruppe im Bundestag, allein bestreiten. Fast wird sie dabei vom | |
Gequatsche der Journalisten übertönt. | |
Das Signal ist deutlich: Inhalte sind bei der traditionellen | |
Jahresauftakttagung der CSU zweitrangig. Ein bisschen Pkw-Maut, ein | |
bisschen Klage gegen den Länderfinanzausgleich, ein paar | |
Absichtserklärungen, die Kosten der Energiewende verbraucherfreundlicher zu | |
gestalten. Nichts wirklich Neues. | |
Was zählt, sind die aktuellen Umfragewerte der CSU – und die sind in | |
Ordnung. Parteichef Seehofer wird also nicht gebraucht. | |
Eine vom Bayerischen Rundfunk am Mittwoch veröffentlichte Erhebung sieht | |
die Partei derzeit bei 47 Prozent. Damit kann die CSU bei der Landtagswahl | |
im Herbst auf eine absolute Mehrheit hoffen. Eine Erleichterung für die | |
CSU, die zuvor andere, weit weniger freundliche Zahlen aus Allensbach zur | |
Kenntnis nehmen durfte. Von einer Meute Journalisten in den Gängen des | |
Tagungsgebäudes gestellt, muss der bayerische Ministerpräsident dann doch | |
etwas sagen. „Wenn die Umfrage uns bei 40,5 Prozent gesehen hätte, wäre ich | |
vor ihnen gestanden“, sagt Seehofer, „aber so?“ | |
## Schlechte Zahlen aus Allensbach | |
Infratest Dimap prognostiziert der Opposition in Bayern derzeit 42 Prozent | |
(SPD 19, Grüne 14, Freie Wähler 9). Eine echte Gefahr für die CSU ist sie | |
damit nicht. Auch der schwächelnde „Wunschkoalitionspartner“ FDP (3 | |
Prozent), kann die CSU nicht mit in den Abgrund reißen, wenn die Partei im | |
September auf die absolute Mehrheit hoffen darf. | |
Doch das ist umstritten. Am Montag hatte die Landesgruppe eine Demoskopin | |
ins ehemalige Heilbad geladen. Renate Köcher, Geschäftsführerin des | |
Instituts für Demoskopie in Allensbach, prognostizierte den Christsozialen | |
magere 41 Prozent. Der „Schock“ über die Zahlen währte nicht lange. Dann | |
wurde Köcher auf das Heftigste kritisiert. Sie habe einen „wenig | |
überzeugenden“ Auftritt gezeigt, sagte CSU-Generalsekretär Alexander | |
Dobrindt. Die Zahlen seien unrealistisch und unseriös. | |
Am Dienstag gab Seehofer die offizielle Sprachregelung aus: Weil Köcher die | |
Zahlen für Bayern aus einer bundesweiten Umfrage abgeleitet habe, seien | |
diese nicht repräsentativ. Dass das Allensbach-Institut auf seiner Prognose | |
besteht, ficht die CSU nicht an. Was zählt, ist die eigene Wahrheit. | |
Ähnliches gilt auch für Seehofers missglückte Weihnachtsfeier. Vor | |
Journalisten hatte er sein Spitzenpersonal heruntergeputzt. Diese | |
„Irritationen“ seien längst kein Thema mehr, hieß es unisono. Seehofer | |
verkaufte seine Mobbingattacken gar als Qualität. „Wir reden solche Dinge | |
aus, das ist die große Stärke der CSU“, sagte er am Dienstag. „Dann ist d… | |
erledigt.“ Aus Seehofer, dem Rüpel, wird so eine ehrliche, aufrechte Haut. | |
## Streicheleinheiten für die CSU-Seele | |
Wichtiger als Inhalte ist in Kreuth sowieso das gemeinsame Streicheln der | |
Seele. Am Abend wird bei Spanferkel und Hirschkeule Schafkopf gespielt und | |
zu Hackbrett, Klarinette und Gitarre klassisch-bayerisches Liedgut | |
intoniert, wie Teilnehmer berichten. „Harmonie und Geschlossenheit“ waren | |
die Leitlinien, unter denen die Klausurtagung in diesem Jahr stand. | |
Sie wurden demonstrativ zelebriert. CSU-Fraktionschef Georg Schmid wurde | |
nicht müde, zu betonen, wie viel Spaß es ihm derzeit bereite, in und für | |
die CSU Politik zu machen. Dobrindt und Hasselfeldt wiederum schlenderten | |
Arm in Arm den verschneiten Weg entlang, um Seehofer bei seiner Ankunft zu | |
begrüßen – die lauernden JournalistInnen geschickt hinter den Rücken | |
choreografiert. | |
Trotz schöner Bilder hat sich Seehofer bis zur Wahl viel vorgenommen. | |
„Schwierige und harte Arbeitsmomente liegen vor uns“, sagt er zum Abschluss | |
der Tagung. Deshalb wolle er so viel arbeiten, wie noch nie zuvor in seinem | |
Leben. Auch wenn ihm die Krisen- und Überraschungsmomente besser liegen als | |
das politische Klein-Klein. | |
9 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Marlene Halser | |
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