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# taz.de -- Wahlkampfendspurt in Niedersachsen: Die begnadete Sahra
> Sahra Wagenknecht wird im niedersächsischen Linken-Wahlkampf eine
> leitende Rolle übernehmen. Publicity für eine Partei, zu deren Terminen
> sonst kaum Presse kommt.
Bild: Einen Wahlspot hat sie in Hannover schon gedreht: Vorzeigegesicht und Viz…
HANNOVER taz | Voll ist es. Bis auf den letzten Platz, die Journaille
drängt sich im Saal Lüneburg des Maritim Hotels Hannover. Die Fotografen
nutzen Ellbogen, die Kameraleute die Macht des schweren Geräts. Sonst
kommen vielleicht fünf, vielleicht sechs Presseleute, wenn Die Linke ruft.
Aber diesmal geht’s um Sahra Wagenknechts Rolle bei der Landtagswahl am 20.
Januar. Als Chef-Unterhändlerin stellt Fraktions- und Parteichef Manfred
Sohn die Vize der Bundestagslinken vor, für bis dahin vielleicht noch
denkbare Koalitionsverhandlungen.
Wagenknecht wäre dafür eine erstaunliche Besetzung, wenn das ein
ernsthaftes Ziel wäre. Bislang hat sie solche Bündnisse stets abgelehnt.
Die Partei sieht die 43-Jährige einer „Politik der Opposition“
verpflichtet, die SPD einem „neoliberalen Kurs“ – und wo auf Landesebene,
wie in [1][Brandenburg oder einst Berlin] koaliert wird, kommt es zu
kompromisslerischen Abweichungen von der marxistischen Lehre,
verdammenswert ist das. „
Wenn wir uns der SPD anbiedern und unsere Positionen weichspülen, machen
wir uns überflüssig“, hat Wagenknecht dieses Thema im Frühjahr 2012
[2][resümiert]. Und Peer Steinbrücks Kanzlerkandidatur nennt sie einen
Offenbarungseid.
In Hannover indes beschränkt sie sich auf realistisch anmutende
Forderungen: Ein Mindestlohn von zehn Euro für Beschäftigte von Land und
Kommunen, oder die Abschaffung der Studiengebühren. „Die SPD macht gerade
ähnliche Versprechen“, sagt Wagenknecht, „ich gehe davon aus, dass sie nach
der Wahl nicht kneift.“ Dann hätte eine rot-grüne Regierung „unsere volle
Unterstützung“.
Das Thema Schuldenbremse – gegen die Die Linke laut Wahlprogramm vors
Bundesverfassungsgericht ziehen will, und zu der SPD wie Grüne sich
bekennen – wird nur am Rande gestreift. Dabei ist sie doch als großartige
Finanzpolitikerin vorgestellt worden.
Im Sommer schon hatte Sohn in der taz.nord darauf [3][hingewiesen], dass er
am liebsten eine linke Opposition einer rot-grünen Regierung führen würde.
Das werde „ein Spaß, liebe Genossinnen und Genossen!“, hatte er bei einer
seiner ersten [4][Wahlkampfreden] Anfang Dezember das Gedankenspiel mit
einer vor lauter Vorfreude sich fast überschlagenden Stimme wiederholt.
Trotzdem war, nachdem SPD-Kandidat Stephan Weil eine von links geduldete
Minderheitsregierung ausdrücklich für möglich erklärt hatte, viel über ein
linkes Dreierbündnis gemunkelt worden. Tatsächlich klappte die
oppositionelle Zusammenarbeit während der Legislatur meist reibungslos, und
„auch menschlich“ sei man „gut miteinander klar gekommen“, so
Fraktionsgeschäftsführer und Wahlkampfmanager Jan Jörn Leidecker, „gerade
mit den Grünen“.
Die Gerüchte über ein mögliches Zusammengehen haben der Linkspartei
offenbar nicht genutzt. Die Personalie Wagenknecht bringt sie zum
Verstummen – und sichert Aufmerksamkeit. Das ist zweifellos die wichtigste
Währung, mit der die wahlkämpfende Linke die Unentschlossenen versucht, auf
ihre Seite zu ziehen. Denn ob sie es überhaupt in den Landtag schafft, ist
ungewiss: Seit September liegt sie in den Umfragen zuverlässig unter fünf,
momentan sogar bei drei Prozent.
Zwar wird man nicht müde, darauf hinzuweisen, dass dies exakt derselbe Wert
ist, den die Meinungsforscher auch 2008 zehn Tage vor der Wahl erforscht
hatten. Doch war damals der Bundestrend ein anderer – und man hatte auch
noch keine Gelegenheit gehabt, sich in Stadtverordnetenversammlungen und
Gemeinderäten zu zoffen.
Die hat man nun ausgiebig genutzt, zumal in Städten wie Wilhelmshaven und
Hannover, wo man 2008 noch zweistellige Ergebnisse erzielt hatte, aber bei
den Kommunalwahlen 2011 dann gnadenlos abgeschmiert war.
Und während die meisten Fraktionsleute schon immer relativ eng mit
Wagenknecht und dem Parteiflügel von Oskar Lafontaine oder Diether Dehm
sind, dürfte auf kommunaler Ebene, die laut Sohn „[5][im Zentrum] richtig
verstandener linker Politik“ steht, noch darüber diskutiert werden, dass
jetzt plötzlich, ohne Rücksprache mit den Gremien, eine Nichtkandidatin von
den Großplakaten streng auf Niedersachsen blickt.
Mit der Personalie Wagenknecht sei „keine Abwertung“ der eigenen Leute
verbunden, betonte Sohn gestern auch vorsorglich. Sie sei nun mal „eine der
begnadetsten Politikerinnen“ der Partei.
9 Jan 2013
## LINKS
[1] http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/wagenknecht-interview-die-gr…
[2] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2012-04/sahra-wagenknecht-linke
[3] /!96640/
[4] http://www.youtube.com/watch?v=KMOsOHVvTEk
[5] http://www.papyrossa.de/sites_sortiment/gesamt_theorie_direkt.htm
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Schwerpunkt Landtagswahlen
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