# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Nicht jede kann sich hochschlafen | |
> Das Porzellanladen-Mammut Steinbrück, eine Disney-Herberge mit | |
> Couchgarnitur von Tschibo und die Heimstatt der Herdprämie. | |
Bild: Veronica Ferres findet die Quote blöd. | |
Hallo, taz-Medienredaktion! | |
Ich sag es ja immer: Die Krise ist die Mutter der Kreativität! Gleich zwei | |
neue Genres wurden letzte Woche in den dem Tode geweihten Printsegment | |
ausgemacht. Der Onlinedienst Meedia entdeckte in den Springer-Blättern als | |
neue journalistische Darstellungsform die „Promi-Umzugs-Reportage“, und Die | |
Zeit hat „Kandidaten von morgen sprechen über ihre schlimme Kindheit“ | |
ausprobiert. | |
Das sich in Hinblick auf das Porzellanladen-Mammut Peer Steinbrück in | |
Stellung bringende SPD-Alpha-Männchen Sigmar Gabriel berichtet ebendort | |
über seinen schlimmen Vater (nach dem Krieg noch im Krieg), und die | |
Aufmerksamkeit, die diese Story generiert, legt die Befürchtung nahe, dass | |
bald schon andere „Kandidaten“ erzählen werden, wie schlimm es zu Hause | |
zuging: „Sonntags gab es erst Braten, dann Haue.“ | |
Gänzlich bar jeder Kreativität haben Andreas Petzold und Thomas Osterkorn | |
14 Jahre lang den Stern geleitet. Entsprechend meiner weisen Voraussage vor | |
einem Dreivierteljahr gehen sie nun in die Herausgeberschaft bzw. auf einen | |
Beraterposten, und Dominik Wichmann soll sehen, dass er die „Costa Stern“ | |
vom Felsen kriegt. Und was ist das Irre daran? Dass mit Petzi uns Osti zwei | |
Chefredakteure gehen, die man mit nichts verbindet! | |
14 Jahre, in denen der Stern mit rein gar nichts in Verbindung zu bringen | |
ist. Keine Reform. Kein Scoop. Kein legendärer Titel. Nur die Idee, ohne | |
Models zu arbeiten. Geschichten mit echten Menschen zu machen. Oder war das | |
die Brigitte? Egal, das eine Heft ist so traurig wie das andere. Buchholz, | |
Lebert, Petzold, Osterkorn – was die FDP für die Regierung, ist das | |
Quartett für Gruner & Jahr: die Anleitung zum Unglücklichsein. | |
Gewundert habe ich mich, als es dieser Tage hieß, der Axel Springer Verlag | |
kündige der Frankfurter Rundschau nach fast 40 Jahren den Vertrag mit der | |
FR-eigenen Druckerei, die Teilauflagen der Bild und Welt aufs Papier | |
bringt. Aus irgendeinem Grund hatte ich die FR stets mit „links“ in | |
Verbindung gebracht. Mit 68, Häuserkampf und Anti-Springer. Na, da muss ich | |
mich wohl getäuscht haben. Oder aber ich hab das mal wieder viel zu eng | |
gesehen. Stichwort Prinzipien, Haltung etc. War wohl alles ein großes | |
Missverständnis. | |
Das Gefühl, einem Missverständnis aufzusitzen, dürften auch diejenigen | |
haben, die nach der dreiteiligen Adlon-Jubel-Saga im ZDF sich im | |
gleichnamigen Berliner Hotel eingebucht haben. Zumindest wenn sie wissen, | |
wie echter Luxus aussieht. Sie werden im Angesicht der Ansammlung dessen, | |
was in Amerika als „geschmackvoll“ gilt und hier die Strahlkraft einer | |
„edlen Couchgarnitur“ von Tchibo hat, den Eindruck haben, Ede Zimmermanns, | |
„Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ sei neu aufgelegt worden. | |
Die Buchungen in der Disney-Herberge jedenfalls haben sich rund um die | |
Ausstrahlung verdoppelt. Weswegen man sich beim ZDF ärgert, keine | |
Spielfilmabteilung „Rettet die Privatunternehmer“ gründen zu können. Zumal | |
der Bruder von Thomas Gottschalk bestimmt eine gewinnbringender Leiter | |
wäre. Oder Philipp Rösler, der seine Klientelpolitik bald außerhalb des | |
Bundestags umsetzen muss. | |
„Wir wollen keine Frauen-Quote!“, titelt Focus, das Magazin aus der | |
Heimstatt der Herdprämie, München. Und lässt auch Skispringerinnen, die | |
27-jährige Bundesvorsitzende Junge Unternehmer und Schauspielerinnen wie | |
Veronica Ferres sagen, warum die Quote blöd ist. Womit die sich nicht | |
gerade solidarisch zeigen, schließlich hat nicht jede Frau die Möglichkeit, | |
in einer eigenen Wettbewerbsklasse anzutreten oder sich hoch zu schlafen. | |
Leicht genervt zurück nach Berlin! | |
16 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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