# taz.de -- Sexismus-Debatte um Brüderle: „Saloppe Bemerkung“ | |
> In der Debatte um Sexismusvorwürfe gegen Rainer Brüderle erhält der | |
> FDP-Fraktionschef Unterstützung von männlichen Kollegen. Politikerinnen | |
> kritisieren ihn. | |
Bild: Rainer Brüderle mag Frauen gern. Hier zum Beispiel Parteikollegin Silvan… | |
BERLIN dapd/afp/dpa | Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig | |
beklagt einen „alltäglichen Sexismus“ in der deutschen Gesellschaft. Dieser | |
sei in all seinen Facetten völlig inakzeptabel, sagte Schwesig der Zeitung | |
Welt am Sonntag vor dem Hintergrund der Sexismus-Vorwürfe gegen | |
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle. | |
„Letztlich ist das ein deutlicher Ausdruck mangelnder Wertschätzung und | |
damit fehlender Gleichberechtigung der Frauen.“ Auch die Grünen-Politikerin | |
Katrin Göring-Eckardt warf Brüderle Sexismus vor. Unterstützung erhielt | |
Brüderle dagegen vom CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis und dem | |
FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Kubicki. | |
Die Stern-Journalistin Laura Himmelreich hatte in einem Artikel eine | |
Situation vor gut einem Jahr beschrieben, bei der Brüderle auf ihre Brüste | |
geschaut und gesagt haben soll: „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen.“ | |
Zudem soll er ihre Hand genommen, diese geküsst und gesagt haben: | |
„Politiker verfallen doch alle Journalistinnen.“ | |
Schwesig, die auch Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern ist, | |
bezeichnete es als „nicht hinnehmbar“, dass Frauen, „die von solchen | |
sexistischen Übergriffen berichten, nachträglich zu Täterinnen gemacht | |
werden“. Vor allem FDP-Politiker hatten der Journalistin und dem Magazin | |
eine Kampagne gegen Brüderle unterstellt. | |
## Göring-Eckardt: Debatte ist „längst überfällig“ | |
Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl 2013, Göring-Eckardt, | |
nannte die Debatte „längst überfällig“. Sie führe hoffentlich dazu, „… | |
Sexismus in Zukunft klarer benannt und nicht toleriert wird. Und die Frauen | |
darin bestärkt, sich nichts gefallen zu lassen“, sagte Göring-Eckardt der | |
Welt am Sonntag. | |
CSU-Familienpolitiker Geis verteidigte Brüderle gegen Kritik: „Was Rainer | |
Brüderle gesagt hat, darf man nicht unter Sexismus einordnen“, sagte Geis | |
der Welt am Sonntag. Man wisse, „dass er zu saloppen Bemerkungen neigt“. | |
Geis räumte auch ein: „In diesem Fall war sie vielleicht unpassend.“ Es sei | |
schwer zu definieren, wo Sexismus beginne. „Wir müssen immer darauf achten, | |
dass wir den Anstand wahren“, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete weiter. | |
## Kubicki: Stern will Brüderle beschädigen | |
FDP-Vorstandsmitglied Kubicki wirft dem Magazin Stern vor, Brüderle mit der | |
Veröffentlichung von Sexismus-Vorwürfen politisch schaden zu wollen. Der | |
Zeitung Bild am Sonntag sagte Kubicki: „Hier soll ein Hoffnungsträger der | |
FDP mutwillig beschädigt werden. Die Stern-Chefredaktion sollte sich die | |
Frage stellen, ob sie das Blatt auf ein Niveau bringen will, dass man es | |
nicht mehr empfehlen kann.“ | |
Kubicki, der auch FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag ist, hält es nicht | |
für skandalös, wenn ein Politiker nachts ungebeten an die Hotelzimmertür | |
einer Journalistin klopft. „Wenn man nicht eingeladen ist, würde ich das | |
für unangemessen halten. Ein Skandal wäre es aber auch nicht.“ Eine SMS an | |
eine Journalistin zu schicken hält der schleswig-holsteinische | |
FDP-Fraktionschef für „völlig unverfänglich, solange die SMS nicht mit der | |
Aufforderung verbunden ist, die Nacht gemeinsam zu verbringen.“ | |
Eine Bemerkung über die Oberweite einer Journalistin zu machen („Sie füllen | |
jedes Dirndl“) hält Kubicki hingegen für „eher geschmacklos, wenn man sich | |
nicht wirklich gut kennt“. Kubicki räumt ein, in seiner politischen | |
Karriere „selbstverständlich“ schon Frauen angebaggert zu haben: „Aber | |
immer in charmanter Art.“ | |
## Brüderle schweigt weiter | |
Rainer Brüderle schweigt weiter zu den gegen ihn erhobenen | |
Sexismus-Vorwürfen. Beim Neujahrsempfang der nordrhein-westfälischen FDP in | |
Düsseldorf erwähnte der Bundestagsfraktionschef die Affäre am Sonntag mit | |
keinem Wort. | |
Außenminister Guido Westerwelle forderte seine Partei zu Solidarität mit | |
ihrem Frontmann auf. Für den Mann an der Spitze gebe es bei den politischen | |
Konkurrenten und „in einigen Redaktionsstuben kein Pardon mehr“, sagte | |
Westerwelle. „Umso wichtiger ist es, dass diejenigen, die sich kennen, | |
Zerrbilder, die in Medien über Menschen verbreitet werden, nicht durchgehen | |
lassen.“ Dies werde ein harter Wahlkampf und es werde nicht das letzte Mal | |
sein, dass politische Gegner und Andere „ganz tief in den Schlamm greifen“. | |
Einer repräsentativen Emnid-Umfrage für die Bild am Sonntag zufolge waren | |
90 Prozent der Befragten der Meinung, Brüderle müsse sich bei der | |
Journalistin entschuldigen, wenn die Vorwürfe, die sie gegen den Politiker | |
erhoben hatte, wahr seien. In diesem Fall sprachen sich sogar 45 Prozent | |
der Befragten für einen Rücktritt Brüderles vom Amt des | |
Fraktionsvorsitzenden aus. Befragt wurden bundesweit 500 Bürger. | |
27 Jan 2013 | |
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