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# taz.de -- Sexismus-Aufschrei: Eine Frage des Respekts
> Die Sexismus-Debatte verwirrt viele, die Rechtslage aber ist klar:
> Unerwünschtes Verhalten ist eine Belästigung – und verboten.
Bild: Pin Ups: Auch schon sexistisch?
BERLIN taz | Ein Gast, der der Kellnerin auf die Frage, was er essen
möchte, „Pussy“ antwortet. Der Sportlehrer, der anbietet, den Mädchen in
der Umkleide „die Strumpfhosen hochzuziehen“. Ein Sportchef eines
öffentlich-rechtlichen Senders, der die junge Kollegin gegen einen zweiten
Mann drückt und sagt: „So, jetzt zeigen wir Ihnen mal, was ein Dreier ist.“
Es hört nicht auf. Tausende Erzählungen von sexueller Belästigung, aber
auch von schlichtem Herabsetzen von Frauen strömen in die Öffentlichkeit:
Auf Twitter werden seit Freitag unter dem Hashtag
[1][//twitter.com/search?q=%23Aufschrei&src=typd:#Aufschrei] Geschichten
gesammelt, inzwischen gibt es einen englischen Ableger
([2][//twitter.com/search?q=outcry&src=typd:#outcry]) und einen
französischen ([3][//twitter.com/search?q=%23assez&src=typd:#assez]).
Bei Günther Jauch streiten Alice Schwarzer und die Initiatorin des
„Aufschreis“, Anne Wizorek, mit der Exreporterin Wiebke Bruhns und dem
Kritiker Hellmuth Karasek, von denen die eine meint, Männer seien nun mal
so, und der andere behauptet, Frauen wollten doch, dass man auf ihren Busen
schaut.
Zum Thema gehört aber auch die Frauenbeauftragte eines
öffentlich-rechtlichen Senders, der die junge Kollegin die Szene mit dem
„Dreier“ schildert und die ihr von einer Anzeige abrät, weil alle Zeuginnen
schweigen. Sexismus ist in aller Munde. Nur was kann man denn tatsächlich
tun?
## Sexuelle Belästigung ist verboten
Ganz im Gegensatz zu dem, was Karasek und Bruhns meinen, ist sexuelle
Belästigung keine Himmelsmacht. Sie ist schlicht und ergreifend verboten.
Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ist sie definiert.
Es geht um „unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch
unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell
bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie
unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen
Darstellungen gehören“, das „bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der
betreffenden Person verletzt wird“.
Mit anderen Worten: Schon das Aufhängen von Pin-ups kann eine sexuelle
Belästigung sein. Und Bemerkungen über den Busen können „bewirken“, dass
die Würde einer Person verletzt wird – egal ob Herr Brüderle und drei
Viertel der FDP meinen, das sei doch ganz normales Flirten.
Ob ihre Würde verletzt ist, entscheidet dabei die betroffene Person, stellt
Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle klar. „Da muss
sich niemand dümmer anstellen, als er ist: Männer und Frauen merken genau,
wann eine Grenze überschritten ist“, sagte Lüders der taz.
Männer, die sich nun verwirrt zeigten, versuchten die Diskriminierung mit
normalem Flirten zu vermischen und zu bagatellisieren. „Die Frauen und auch
die Männer wissen, was freundlich gemeint ist und was eine Grenze
überschreitet“, sagt Lüders. Eine sexuell konnotierte Annäherung, die
offensichtlich nicht erwidert wird, gehöre dazu. „Wer das als Mann nicht
erkennen kann, sollte es spätestens in dieser Debatte lernen.“
Die Mehrheit der Frauen in Deutschland hat schon sexuelle Belästigung
erlebt: 58,2 Prozent der für eine Studie des Bundesfamilienministeriums
repräsentativ Befragten. Im Arbeitsleben muss der Arbeitgeber dafür sorgen,
dass die Belästigung aufhört. Er kann den Täter abmahnen und
schlimmstenfalls kündigen.
„Wir raten dazu, sich mitzuteilen und etwa KollegInnen einzuweihen“,
erklärt Karin Schwendler, Bereichsleiterin Gleichstellungspolitik bei der
Dienstleistungsgesellschaft Ver.di. Dass Männer gar nicht merken, dass sie
„die Würde einer Person verletzen“, glaubt auch Schwendler nicht. „Sie
wissen, dass bestimmte Bemerkungen Frauen herabsetzen.“
## Die Dauertäter
Vor Gericht wurde eine Ermahnung durch den Arbeitgeber, weil jemand gegen
den Willen der Betroffenen einen sexuellen Witz gemacht hatte, für rechtens
erklärt. Eine Abmahnung kassierte zu Recht, wer wiederholt den Arm um eine
Auszubildende legte oder Kolleginnen hinterherpfiff.
Dauertätern wurde mehrfach zu Recht gekündigt: als ein Mann gar nicht mehr
aufhören konnte mit seinen obszönen Witzen, als eine Kollegin wiederholt
nach ihren sexuellen Aktivitäten der letzten Nacht gefragt wurde, sie an
den Geschlechtsteilen berührt und ihr eindeutige Angebote gemacht wurden.
Die ArbeitgeberInnen haben eine Schutzpflicht. Tun sie nichts, hat der oder
die Betroffene das Recht, bei vollen Bezügen zu Hause zu bleiben.
Doch der Fall Brüderle spielte nicht in der Arbeitswelt. Zwei Menschen
saßen an einer Bar. Keine Schutzpflicht, kein Arbeitgeber, den man
informieren kann. Was bleibt? Der Weg, den jetzt viele gehen: an die
Öffentlichkeit. So begrüßt auch Christine Lüders die Debatte:
„Offensichtlich ist es Zeit, noch einmal festzustellen, dass alles, was
Frauen zu Objekten macht, einfach nicht gut ist. Das ist schlicht eine
Frage des Respekts.“
28 Jan 2013
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## AUTOREN
Heide Oestreich
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