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# taz.de -- Kommentar Sexismus von Politikern: Brüderle ade
> Auch der letzte Macht-Macho sollte Grenzen zwischen flirtendem
> Miteinander und machtgesteuerter Besitzgier erkennen. Brüderle ist ein
> Relikt aus Bonner Zeiten.
Bild: Rainer Brüderle ist das „Gesicht der FDP“.
Also doch! Es gibt sie noch. Auch in Berlin. Die Gockel und die Grabscher.
Bei den Recherchen zu meinem [1][Buch „Hammelsprünge“] habe ich meine
Gesprächspartnerinnen auch gefragt, ob die Verquickung von Macht und Sex in
der Politik ein Bonner Phänomen gewesen sei. Die meisten Antworten
tendierten Richtung „Ja“.
Berlin sei größer, wurde argumentiert, weniger vermufft. Männlein und
Weiblein hockten nicht so eng beieinander wie im Regierungsdorf am Rhein.
Und außerdem gehe den Männern langsam aber sicher das Gefühl der totalen
Überlegenheit des männlichen über das weibliche Geschlecht verloren. Ein
verunsicherter Macho aber tut sich schwerer mit plumper Anmache.
Und so hat mich das déjà-vu, zu dem mir Herr Brüderle verholfen hat, schon
verblüfft. Auch deshalb, weil ein solches Gehabe eines Politikers, der
meint, kraft Amtes ein Recht auf sexuelle Anmache zu haben, inzwischen nur
noch dumm und lächerlich ist – dachte ich.
Allerdings ist die Ähnlichkeit des Brunstverhaltens eines Herrn Brüderle im
Jahre 2012, wie es von der jungen Stern-Kollegin Laura Himmelreich
beschrieben wird, mit meinen Bonner Erfahrungen aus den 90er Jahren des
vorigen Jahrhunderts schon auffällig. Ein solches Verhalten von Männern
gegenüber jungen Journalistinnen und Politikerinnen war in Bonn an der
Tagesordnung.
## Aufdringliches Gockelverhalten
Damals politisch und ökonomisch erfolgreiche Kraftbolzen der Freien
Demokraten waren ganz vorn dabei. Das gereichte der in Bonn herrschenden
Männerwelt durchaus zur Ehre. Nur selten wurde aufdringliches
Gockelverhalten bekannt, noch seltener wurde es verurteilt. Das hat sich
geändert. Es gibt einen wichtigen Unterschied zu damals, und dieser
Unterschied lässt hoffen, dass die Spezies Brüderle doch vom Aussterben
bedroht ist.
Auch nach mehr als einem Jahrzehnt waren viele der Frauen, die wie ich in
Bonn bedrängt, belästigt und genötigt wurden, nicht bereit, offen und mit
Namensnennung anzuklagen. Zu tief steckte in ihnen noch die Erfahrung, dass
solche Enthüllungen kaum jemanden aufregen und letztlich der Frau schaden.
Heute trauen sich junge Journalistinnen an die Öffentlichkeit. Sie können
sich trauen, weil das Verhalten der Brüderles dieser Welt anders beurteilt
und sogar – in schlimmen Fällen – vor Gericht verurteilt wird. Auch dem
letzten Macht-Macho wird so früher oder später beigebracht, die Grenzen
zwischen flirtendem Miteinander und machtgesteuerter Besitzgier zu
erkennen.
Deshalb ist Herr Brüderle ein Relikt aus Bonner Zeiten. Und wir können ihn
getrost vergessen. Hoffentlich!
24 Jan 2013
## LINKS
[1] http://www.dumont-buchverlag.de/buch/Ursula_Kosser_Hammelspruenge/10730
## AUTOREN
Ursula Kosser
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