# taz.de -- Mali im Afrika-Cup: „Ein bisschen wie im Krieg“ | |
> Am Samstag spielt Mali im Viertelfinale des Afrika-Cups gegen Südafrika. | |
> In der Hauptstadt ist man froh über weitere 90 Minuten Ablenkung . | |
Bild: Malis Adler im Afrika-Cup: „Jetzt ist Fußball“. | |
BAMAKO taz | Afrika hat das Public Viewing erfunden. Sicherlich nicht | |
freiwillig. Ein Fernseher ist für viele unerschwinglich, auch für den | |
19-jährigen Amadou Keita. „Nein, zu Hause haben wir keinen“, sagt er. Für | |
eins hatte der große junge Mann aber gerade ein paar CFA-Francs übrig: für | |
sein neues gelbes Trikot. „Das sieht doch gut aus, oder?“, sagt er und | |
streicht es glatt. | |
Das Hemdchen leuchtet knallgelb und Amadou ist damit schon aus der Ferne | |
bestens zu erkennen. „Besser kann ich Mali doch gar nicht unterstützen“, | |
findet er und zeigt stolz auf das Trikot seiner Nationalmannschaft. Das | |
Spiel gegen die Demokratische Republik Kongo sollen die Adler, so wird das | |
malische Team genannt, unbedingt gewinnen. Zweifel hat er nicht. | |
Gegen Niger habe das ja auch geklappt. Und Ghana? Nun ja. Amadou zieht das | |
Gesicht in Falten. Die Niederlage vor einer Woche sei ein Ausrutscher | |
gewesen, ein Versehen. „Und jetzt haben wir ja auch sofort wieder den | |
Ausgleich geschafft“, sagt er, nachdem das Team aus dem Kongo schon in der | |
dritten Minute in Führung gegangen war. Nur wenig später ging ein Aufschrei | |
durchs Viertel: 1:1. Jetzt geht es weiter. | |
Genauso wie an der Front im Norden auch. Während des Spiels waren malische | |
und französische Soldaten gerade dabei, die Stadt Timbuktu | |
[1][einzunehmen]. Tagsüber hatte das Ahmed-Baba-Zentrum gebrannt. Dort | |
lagerten zwischen 15.000 und 20.000 historische Texte von unschätzbarem | |
Wert. „Ja, das haben die Islamisten heute noch angezündet“, sagt Moussa und | |
schaut wieder auf den kleinen Fernseher. Das Bild flackert, die Stimme des | |
Kommentators ist verzerrt. | |
## „Jetzt ist Fußball“ | |
Moussa, ein Mann im mittleren Alter, der sich nur mit seinem Vornamen | |
vorstellt, bedauert das. Aber das sei ein bisschen so wie auf dem | |
Fußballplatz. „Da ist man ja auch ein wenig wie im Krieg“, sagt er und | |
zeigt auf den kleinen Bildschirm. Doch an das, was gerade im Norden | |
passiert und wie es den Menschen dort geht, will er zumindest 90 Minuten | |
lang nicht denken. „Jetzt ist Fußball.“ | |
Er ist kurz angebunden und konzentriert sich auf das Spiel. Moussa glaubt | |
weiter an den Sieg. Noch sind knapp 30 Minuten zu spielen. Nur ganz kurz | |
spricht er dann doch über die Ereignisse in der von den Islamisten und | |
Terroristen eroberten Region. „Ich bin froh, dass die Franzosen gekommen | |
sind.“ Sie würden siegen, wie die malische Fußballnationalmannschaft. | |
Neben ihm sitzt immer noch Amadou. „Wenn ihr jetzt vielleicht denkt, wie | |
können die nur in Ruhe Fußball schauen, dann kann ich nur sagen: Wir | |
brauchen auch mal eine Ablenkung. Wir können nicht nur an den Krieg im | |
Norden denken“, erklärt er. Die Afrikameisterschaft würde Mali deshalb | |
guttun. „Es ist nicht seltsam, dass wir uns jetzt über den Fußball freuen�… | |
sagt er und klingt fast so, als ob er sich rechtfertigen wolle, „uns ist | |
trotzdem nicht egal, was in Timbuktu oder Gao passiert.“ | |
## Nur ein Unentschieden | |
Amadou spricht ein paar Worte mit Ibrahim, der sich wenigstens die letzten | |
Minuten des Spiels ansehen will. Sobald die Adler im Ballbesitz sind, ballt | |
Ibrahim, ein Freund von Amadou, die Fäuste zusammen. Jetzt den Siegtreffer | |
zu schaffen, das wäre schön. „Nur leider haben die Soldaten nichts davon“, | |
sagt er plötzlich ziemlich unvermittelt. „Sie tun mir etwas leid. Schade, | |
dass sie das Fußballspiel gar nicht sehen können“, bedauert er. Ihnen würde | |
ein bisschen Ablenkung doch auch guttun. | |
Besonders viel verpasst haben sie nicht. Kongo und Mali trennen sich 1:1, | |
aber mit der Erleichterung, dass die Adler den Einzug ins Viertelfinale | |
geschafft haben. Zum Schluss wird etwas applaudiert. Doch Amadous | |
Beteuerung, dass nun alles möglich sei, klingt etwas lahm. | |
Begeisterungsrufe sind nirgendwo im Viertel zu hören. Es ist eben doch kein | |
Sieg, sondern nur ein Unentschieden. Das Turnier geht für die Adler | |
jedenfalls weiter. Am Samstag geht es gegen Gastgeber Südafrika. | |
1 Feb 2013 | |
## LINKS | |
[1] /Krieg-in-Mali/!109962/ | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
## TAGS | |
Mali | |
Afrika-Cup | |
Südafrika | |
Krieg | |
Nigeria | |
Nigeria | |
Mali | |
Mali | |
Fußball | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nigeria gewinnt den Afrika-Cup: Sonntags Schuss zum Titel | |
Auch ohne Topstürmer Emenike wurde Nigeria im Afrika-Cup seiner | |
Favoritenrolle gerecht. Gegen Burkina Faso gelang mit einem Treffer von | |
Sunday Mba ein 1:0-Sieg. | |
Finale Afrika Cup: Einheitsflug der Adler | |
Vor dem Finale des Afrika Cups ringt Nigeria um ein Gemeinschaftsgefühl. | |
Die Differenzen der Gruppen werden nur beim Fußball ausgeblendet. | |
Krieg in Mali: 40 Militär-Ausbilder nach Mali | |
Deutschland will sich an der europäischen Ausbildungsmission mit etwa 40 | |
Soldaten beteiligen. Währenddessen ist Hollande in Mali angekommen. | |
Krieg in Mali: Raus aus dem Krieg | |
Die drei großen Städte Nordmalis sind aus der Hand der Islamisten befreit. | |
Jetzt wird über eine schnelle Rückkehr zur politischen Normalität | |
diskutiert. Zu schnell? | |
Afrika-Cup: Fußballschauen beim Friseur | |
Im Brüsseler Viertel Matonge herrscht der Ausnahmezustand. Guineer, | |
Ghanaer, Senegalesen und Togolesen fiebern mit beim Afrika-Cup. | |
Gewinner der Afrikameisterschaft: Sambias Kupferkugel | |
Chris Katongo ist Kapitän der sambischen Fußballnationalmannschaft und | |
neuerdings auch Feldwebelleutnant. Der Staatspräsident hat ihn befördert. | |
Libyen vor dem Afrika-Cup: "Ich wusste nie, wer lebend ankommt" | |
Libyen bestreitet beim Afrika-Cup das Auftaktspiel. Deren deutscher Manager | |
Antoine Hey erzählt, wie das Team den Widrigkeiten des Bürgerkriegs | |
trotzte. | |
Kommentar Südafrika verpasst Afrika-Cup: Die wirren Proteste "Bafana Bafanas" | |
Südafrikas Fußballverband protestiert energisch gegen das Aus von "Bafana | |
Bafana" bei der Qualifikation zum Afrika-Cup 2012. Die Argumente sind | |
zumindest originell. |