# taz.de -- Libyen vor dem Afrika-Cup: "Ich wusste nie, wer lebend ankommt" | |
> Libyen bestreitet beim Afrika-Cup das Auftaktspiel. Deren deutscher | |
> Manager Antoine Hey erzählt, wie das Team den Widrigkeiten des | |
> Bürgerkriegs trotzte. | |
Bild: Turbulente Qualifikation: Libyens Fußball-Nationalteam ist in diesem Jah… | |
taz: Herr Hey, Sie werden am Samstag als Technischer Direktor des Libyschen | |
Fußballverbandes auf der Tribüne sitzen und ihr Team im Auftaktspiel gegen | |
Gastgeber Äquatorialguinea beobachten. Was geht Ihnen da so alles durch den | |
Kopf? | |
Antoine Hey: Dass das, was da unten auf dem Rasen angepfiffen wird, das | |
vorläufige Ende einer unglaublichen Geschichte ist. Ein nahezu historisches | |
Ereignis für den libyschen Fußball und die neue Nation Libyen. Und ich | |
werde stolz sein, an dieser Geschichte beteiligt gewesen zu sein. | |
Was ist das Besondere an der Qualifikation Libyens für den Afrika-Cup? | |
Morgen wird zum ersten Mal einer großen Weltöffentlichkeit die neue | |
libysche Nationalhymne sowie die neue Nationalfahne präsentiert. Das | |
funktioniert also durch den Fußball, der damit auch nachhaltig zum "Nation | |
Building" beiträgt. Auf dem Märtyrerplatz in Tripolis werden Tausende von | |
Menschen beim Public Viewing diesen Augenblick gemeinsam begehen und | |
genießen, zusammen singen und die Mannschaft unterstützen. | |
Was bedeutete die abgelaufene erfolgreiche Qualifikationsphase der | |
Auswahlmannschaft für das libysche Volk? | |
Wir sind ja ungeschlagen geblieben. Das muss man sich mal vorstellen. | |
Unsere Fußballerfolge wirkten regelrecht heilend. Sie gaben Menschen in | |
Libyen endlich andere Themen als immer nur Krieg und Gewalt. So etwas hat | |
im vergangenen Jahr wirklich nur der Fußballsport vollbringen können. | |
Dabei war die Qualifikation für das Turnier alles andere als einfach. | |
Das stimmt. Wir durften wegen der Gefahrenlage während des Bürgerkrieges | |
nur ein Heimspiel austragen. Zwei Spiele mussten wir auf neutralem Boden | |
ausrichten. Meine Spieler saßen oft unter Beschuss in Bengasi oder Tripolis | |
fest. Per Em-Mil habe ich dem Team einen Treffpunkt, meist in Tunesien, | |
mitgeteilt, zu dem sie irgendwie erscheinen sollten. Ich wusste nie, wer | |
dort wirklich lebendig ankommt. | |
## "Libyen ist mein wirklich härtester Job" | |
Wie haben die Spieler das geschafft? | |
Sie haben sich wie echte Abenteurer durch sämtliche Kriegsfronten | |
durchgeschlagen. Wer schließlich am ersten Ziel ankam, musste dann noch mit | |
dem Bus bis zu vierzig Stunden beispielsweise nach Sambia reisen. Dort | |
erkämpfte sich das Team dann ein torloses Unentschieden. Das bedeutet | |
schließlich die Qualifikation zur Afrikameisterschaft. | |
Eine wirklich unglaubliche Geschichte | |
Ja, das ist wahr. Die Zeit in Libyen ist mein wirklich härtester Job. | |
Sie haben das Land im vergangenen Jahr während des Bürgerkriegs nie | |
verlassen? | |
Doch, im Spätsommer für knapp einen Monat. Da lag Tripolis unter schwerstem | |
Bombardement, und es gab zudem noch jede Menge Straßenkämpfe. Ich bin dann | |
aber schnell wieder zurückgekehrt, als die Lage sich halbwegs beruhig | |
hatte. Das wird mir bis heute in Libyen sehr, sehr hoch angerechnet. | |
Sie selbst hatten zu keinem Zeitpunkt Probleme? | |
Ich trat mein Amt kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs an. Bis zu seinem | |
Ende hatte ich mit keiner der beteiligten Kriegsparteien | |
Auseinandersetzungen oder wurde angegriffen. Eigentlich ließen mich alle in | |
Ruhe, die alten wie die neuen Machthaber. | |
## "Jung, engagiert und gut ausgebildet" | |
Wie steht es denn aktuell um den Fußball in Libyen? | |
Gar nicht einmal so schlecht. Natürlich müssen wir einige Strukturen wieder | |
neu aufbauen. Aber Libyen ist kein armes Land und die Menschen sind jung, | |
engagiert und gut ausgebildet. Das gilt auch für den Fußballsport. Und der | |
libysche Verband hat seit geraumer Zeit wieder Zugriff auf seine Konten. | |
Das Team reist mit einem insgesamt 40 Mann großen Betreuer- und | |
Funktionärsstab zum Afrika-Cup. Und alle werden bezahlt! Das ist bei | |
anderen Teams aus Afrika nicht unbedingt selbstverständlich. | |
Wie steht es um Ihre persönliche Zukunft? | |
Ich habe noch einen Vertrag bis zum Jahr 2014, den ich gerne in Libyen | |
erfüllen möchte. Ich versuche, vom Afrika-Cup direkt wieder nach Tripolis | |
zurückzukehren. Allerdings habe ich gehört, dass mein Haus von Milizen | |
besetzt ist und es - ich sag mal - reichlich verwohnt sein soll. Aber der | |
Verband sorgt sich schon um ein neues Domizil. Dann geht es wieder an die | |
Arbeit. | |
20 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Torsten Haselbauer | |
## TAGS | |
Mali | |
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